KREIS GIESSEN - (red). Die Creditreform Gießen hat die Schuldnersituation im Kreis Gießen untersucht. Im Ergebnis liegen alle unterhalb des gesamtdeutschen Durchschnitts. Doch es gibt einige negative Ausreißer.
Im November hatte der Verband Creditreform in Düsseldorf den „Schuldner Atlas Deutschland 2015“ vorgestellt. Für die Bundesrepublik wurde eine Schuldnerquote von 9,92 Prozent gemessen. Rund 6,7 Millionen Bürger über 18 Jahre sind überschuldet.
In Hessen liegt die Schuldnerquote bei 10 Prozent, mit einem Ergebnis von 9,22 Prozent liegt der Landkreis Gießen damit sowohl unter dem Landes- als auch unter dem Bundesdurchschnitt. Jan-Frieder Hain, Geschäftsführer der Creditreform Gießen, erklärt: „Überschuldung heißt, dass der Schuldner seine fälligen Zahlungsverpflichtungen auch in absehbarer Zeit nicht begleichen kann und ihm zur Deckung seines Lebensunterhalts weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen.“
Die Ergebnisse für den Landkreis Gießen sind allerdings, wenn man ihn differenzierter betrachtet, bei weitem nicht so homogen. So sind die Schuldnerquoten im Gießener Stadtgebiet größtenteils deutlich höher als außerhalb. Die höchste Quote weist mit 12,74 Prozent der PLZ-Bereich 35396 (Gießen-Nord und Wieseck) auf, gefolgt vom PLZ-Bereich 35390 (Innenstadt) mit 12,40 Prozent. „Das PLZ-Gebiet 35398 allerdings umfasst die Gießener Weststadt mit einem vermutlich deutlich überdurchschnittlichen Schuldneranteil, aber auch die besser situierten Ortsteile Kleinlinden, Allendorf und Lützellinden, so dass der Gesamtwert von 11,16 Prozent wenig aussagekräftig ist“, verdeutlicht Hain.
Deutlich besser stellt sich die Situation in einigen Gemeinden in unmittelbarer Nachbarschaft Gießens dar. Die niedrigsten Schuldnerquoten des gesamten Kreises verzeichnen Biebertal (6,05 Prozent), Wettenberg (6,78 Prozent) und Heuchelheim (6,91 Prozent), alle drei aus dem Gießener „Speckgürtel“. Die größte Verbesserung mit einem Rückgang von 0,56 Prozentpunkten weist Linden auf, den größten Anstieg mit 0,62 Prozentpunkten hingegen Hungen, das mit insgesamt 10,47 Prozent ohnehin bereits die Gemeinde mit der höchsten Schuldnerquote ist.
Untersucht man die Verschuldungsgründe, zeigt sich, dass der ehemalige Hauptauslöser Arbeitslosigkeit stark an Bedeutung verloren hat. Den Verlust des Zusammenhangs sieht Hain in der Zunahme sogenannter prekärer Beschäftigungsverhältnisse: „Diese lassen zwar die Arbeitslosenquote sinken. Die hieraus resultierenden Einkünfte reichen jedoch in der Regel nicht aus, um sich aus einer Überschuldungssituation zu befreien.“ Den zum Jahresbeginn 2015 eingeführten Mindestlohn beurteilt er dennoch skeptisch: „Ob er eine Verbesserung der Überschuldung mit sich bringt, oder ob damit auch Arbeitsplatzverluste verbunden sein werden, bleibt noch abzuwarten.“
Hain zeigt sich besorgt, dass gerade die Überschuldung im Alter stark zunehme; alleine in den letzten beiden Jahren betrug der Zuwachs bei den über 70-Jährigen 35,4 Prozent, bei den 60- bis 69-Jährigen 12,4 Prozent. Das Leistungsniveau der Rentenversicherung kann offensichtlich nicht verhindern, dass immer mehr ältere Menschen auf Grundsicherung angewiesen sind oder die Armutsrisikoschwelle unterschreiten. Die Gefahr der Altersarmut werde durch die mangelhafte Rentenvorsorge noch verschärft.
Mehr unter www.creditreform-giessen.de.
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