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Als das Wasser aus der Leitung kam

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Die Winner Ronde schneidet den alten Hochbehälter frei, der Nachwuchs hilft auch schon mit. Foto: Heibertshausen © Heibertshausen

Die Arbeitsgemeinschaft Heimatgeschichte restauriert die alte Wasseranlage in Winnen. Sie stammt aus dem Jahr 1911.

Allendorf (red/dge). Nachdem die Denkmalschutzbehörde grünes Licht gegeben hat, nimmt die Arbeitsgemeinschaft Heimatgeschichte Allendorf/Lda. nun die Restaurierung der alten Wasseranlage in Winnen - sie stammt aus dem Jahr 1911 - in Angriff. Wie Werner Heibertshausen vom Vorstand der Arbeitsgemeinschaft erklärte, hatte er den Antrag auf Denkmalschutz im April 2022 gestellt, im Juni vergangenen Jahres kamen Vertreter der Denkmalbehörde aus Wiesbaden und Gießen ins Lumdatal, um die Anlage in Augenschein zu nehmen. Die Genehmigung zur Sanierung liegt mittlerweile vor.

»Zuvor hatte uns die Stadt Allendorf schon die Genehmigung für Renovierungsarbeiten erteilt«, so Heibertshausen. Doch dafür braucht es Geld. Umso erfreulicher war die Nachricht, dass das Vorhaben mit 1700 Euro gefördert wird. Jetzt können die Arbeiten losgehen.

Gleich Anfang März hat die Metallarbeiter Firma Marc Zetl aus Geilshausen am alten Hochbehälter eine artgerechte Metalltür eingebaut. Auch wurden hier die begehbaren Metallgitter und die Gitter im Sammelbecken erneuert. Weitere Maßnahmen seien, die alten Holztüren am Sammelbecken und dem Pumpenhaus zu erneuern. Das übernehme die Arbeitsgemeinschaft Winner Ronde.

»Die alten Beschläge werden abmontiert, aufgearbeitet und wiederverwendet, dies ist eine Auflage der Denkmalbehörde«, weist der Lokalhlistoriker auf die akribische Arbeitsweise hin. Noch in diesem Jahr soll vor den Gebäuden gepflastert, der Schacht der zweiten Quelle am Sammelbecken eingeschalt und betoniert und der alte Quellendeckel wieder eingebaut werden.

»Langfristig wäre es schön, wenn wir die gesamte Anlage wieder so herstellen könnten, dass wieder das Wasser in den Hochbehälter gepumpt werden kann. Aber dies ist ein Wunsch, ob wir das realisieren können, hängt davon ab, ob wir dazu Gelder bekommen und ob die alten Leitungsrohre noch zu benutzen sind«, erklärte Heibertshausen.

Ein Dankeschön richtet die Arbeitsgemeinschaft Heimatgeschichte an die Winner Ronde, ohne deren Hilfe ein so großes Projekt nicht zu stemmen sei. Ein weiterer Dank ging an den Bauhof der Stadt Allendorf sowie an Heinrich Rein aus Winnen, der Heibertshausen fast alles über diese alte Wasseranlage berichten konnte.

Blick in die Geschichte

Werner Heibertshausen hat einen Blick in die Geschichtsbücher geworfen: Schon vor 1911 gab es die erste Winner Wasserversorgung. Von der Quelle in der Gemarkung »in der Lindenbach« - der alte Flurname lautete »in der Linnebach« - führte die Leitung über die Gemarkung »in der Lache« in das vor 1911 erbaute Sammelbecken. Von hier gab es eine direkte Freileitung, das heißt ohne eine Pumpe, bis in die Dorfmitte.

»Auf einer Wiese in der Gemarkung ›In der Lache‹, die von der Wasserleitung durchquert wird, muss sich ein Abstellhahn, ein sogenannter Schieber, befinden. Dieser Abstellhahn müsste gefunden werden, um das Wasser wieder in das Sammelbecken leiten zu können. Denn heute läuft das Quellwasser aus dieser Quelle in den Graben und wird nicht mehr genutzt.« Die Bevölkerung wuchs und oberhalb der Dorfmitte wurde neu gebaut. Somit war eine neue Wasserversorgung im Jahr 1911 nötig.

Der Neubau der Wasserversorgung in Winnen habe die Bevölkerung in zwei Lager gespalten: »Die Leute, die Wasser durch die Freileitung bekamen oder einen Brunnen im Haus hatten, waren gegen den Neubau. Die Menschen, die das Wasser von unten holen mussten, waren dafür.« Dazu, weiß Heibertshausen, gibt es sogar ein altes Mundartgedicht von »den Nassen und den Trockenen«. Die »Nassen« hatten Wasser und die »Trockenen« mussten ihr Wasser mit Eimern im Tal holen. Aber 1911 baute man dann doch eine Pumpstation, einen Hochbehälter. Auch das Sammelbecken, die Zisterne, wurde 1911 gebaut. Hier, neben der Zisterne, ist noch eine zweite Quelle gefasst worden. Dies sei nach Auskunft von Heinrich Rein in den 1930er Jahren geschehen. Auch dieses Quellwasser werde heute nicht mehr genutzt und laufe in den Graben.

Ab 1911 lief das Wasser aus der »Linnebach« in diesen Behälter (Zisterne) und von dort nach unten ins Tal zur Pumpstation. Auch die Quelle neben der Zisterne lief in die Pumpstation. Hier war ein sogenannter Widder installiert. Der Vertrag mit der Firma, die den Widder geliefert hat, mit einer Zeichnung, ist im Original noch erhalten. Die Pumpe lief ohne Strom und auch ohne Motor. Da bei einer Widder-Pumpe 60 Prozent des Quellwassers beim Pumpen verloren geht, wurde dieses Wasser im Graben zu dem in den 1935er Jahren gebauten Schwimmbad geleitet.

Erst in den 1950er Jahren hat man in die Pumpstation eine Stromleitung gelegt und den Widder durch einen Elektromotor ersetzt. Diese Wasserversorgung war bis 1968/69 in Betrieb und wurde durch den Nordecker Hochbehälter abgelöst, da das Neubaugebiet mit der alten Anlage nicht mehr versorgt werden konnte.

»Leider ist die gesamte Anlage nicht mehr in Betrieb und das kostbare Quellwasser der beiden Quellen wird nicht mehr genutzt. Die Feuerwehr hat das Wasser des Hochbehälters noch einige Zeit als Löschwasserreserve genutzt. Bei extremer Wasserknappheit könnte man diese alte Anlage wieder so herrichten, dass das Wasser wieder genutzt werden kann.«

Die gesamte Anlage sollte nach Ansicht von Werner Heibershausen unter Denkmalschutz gestellt werden, um aufzuzeigen, wie unsere Vorfahren gelebt und gearbeitet haben. »Heute macht sich niemand mehr Gedanken über die Wassergewinnung, man dreht einfach den Wasserhahn auf. Welche technischen und baulichen Voraussetzungen nötig sind, bis es aus der Leitung läuft, ist den wenigsten Menschen bekannt. Wasser ist unser höchstes Gut und noch dazu das billigste Lebensmittel, das wir haben.«

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Die neue Metalltür wird eingebaut. Foto: Heibertshausen © Heibertshausen

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