Dem Ölgemälde der Justitia widmen sich schon mehrere Veröffentlichungen. Auf der Tafel sind Ratschläge für Stadtväter zu lesen. Fotos/Repro: Runte/Nicolai/GMV
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ALSFELD - (mni). Mit dem großformatigen Ölgemälde „Justitia“, das abwechselnd im Rathaus und im einstigen Regionalmuseum – künftig Stadtmuseum – hing, haben sich in den vergangenen 100 Jahren diverse Mitglieder des Geschichts- und Museumsvereins Alsfeld (GMV) und Autoren beschäftigt.
Dotter (1913), Krause (b. r. k.) (1939), Hansen, Jungk und Runte (2010) haben darüber in den „Mitteilungsheften“ veröffentlicht und folgendes herausgefunden: Das wahrscheinlich von dem Alsfelder Maler Andreas Stamm, Sohn des Stadtschreibers Philipp Stamm, im Jahr 1683 gemalte, 2,04 Meter hohe und 1,26 Meter breite Ölgemälde zeigt Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit unter einem Apfelbaum sitzend. Dotter beschrieb die Szene wie folgt: „In der rechten Hand hält sie eine Waage, in der linken ein Schwert. Ein kniender Engel reicht ihr auf einer Bibel eine goldene Krone. Von einem Engel wird aus den Wolken das hessische Wappen gehalten. Links und rechts davon halten zwei Engel an Schnüren zwölf Wappen mit Tinkturen (Färbungen) ohne Helmzieren und Helmdecken.“ Die Datierung auf das Jahr 1683 leitet sich aus den Namensinschriften der zwölf auf der Schnur aufgereihte Wappen und den aus der „Bürgermeisterliste“ bekannten Amtszeiten der dort verzeichneten fünf Bürgermeister (Wegehausen, Steub, Knöttel, Höll, Hartmann) und sieben Ratsherren (Böcking, Schorling, Leußler, Welcker, Bing, Lipp, Kopp) ab.
In dem lateinischen Text in der großen ovalen Kartusche links unten vor dem Engel werden die „Kardinaltugenden eines aufrechten Ratsherren“ genannt. Die Übersetzung von Baurat Krause (b.r.k.) lautet:
Dem Ölgemälde der Justitia widmen sich schon mehrere Veröffentlichungen. Auf der Tafel sind Ratschläge für Stadtväter zu lesen. Fotos/Repro: Runte/Nicolai/GMV
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I ich helfe den Unterdrückten
II ich mildere das strengste Rech
III ich verletze niemanden
IV ich gehorche den Gesetze
V ich gehe richtig zu Rat
VI ich urteile klug
VII ich liebe die Bürge
VIII ich drücke gegen niemanden ein Aug zu
IX ich teile jedem das Seine zu
X ich höre den Verbrecher an
XI ich achte auf das Gemeingut
XII ich fliehe nicht vor dem Dunkeln
Denkens- und bemerkenswerte Worte, die sicherlich auch in heutiger Zeit, die für ein öffentliches Amt erforderlichen Tugenden benennen. Auch wenn wir modern sicherlich wohl heute von Einstellung, Charakter und Geisteshaltung sprächen, haben die Verhaltensweisen so mancher gewählter Repräsentanten auf nationaler und internationaler Ebene in den vergangenen Jahren doch eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig genau diese Tugenden sind und was passieren kann, wenn man sich über sie hinwegsetzt.
NEUE SERIE
Das Alsfelder Stadtmuseum – vormals Regionalmuseum – ist zwar geschlossen, aber mit dem vorbildlich inventarisierten Museumsgut im neuen Zentralarchiv und Museumsdepot in den Räumen der ehemaligen Sparkasse hat der Geschichts- und Museumsverein eine Vorreiterrolle für privatrechtlich geführte Museen in Hessen übernommen, die der Hessische Museumsverband und das Ministerium für Wissenschaft und Kunst außerordentlich befürwortet und unterstützt. Da auch in Alsfeld im Bestand weit mehr vorhanden ist, als überhaupt ausgestellt werden kann, sollen im zweiwöchigen Rhythmus im Rahmen dieser Reihe „Schätze aus dem Museumsdepot“ ganz besondere Exponate aus dem Museum präsentiert werden. (mni)
Der Maler Andreas Stamm fügte noch die folgenden Worte hinzu: „Den sehr klugen, mit dem Glanz aller Tugend sehr gezierten Herren Bürgermeistern und den übrigen Stadtvätern dieser Stadt Alsfeld, seinem Schutzherrn, widmet die in diesem Bild dargestellte Justitia in aller Untertätigkeit H. S. T (bzw. A.St.).“ Neben der „Justitia“ hat Andreas Stamm mit größter Wahrscheinlichkeit auch im Jahre 1706 das hölzerne Tonnengewölbe in der evangelischen Kirche von Heimertshausen ausgemalt, zumindest lässt die Ähnlichkeit der in beiden Gemälden dargestellten Engel diesen Schluss zu.