Der Vogelsberg ist um eine Gedenkstätte reicher. Dieser Tage eröffneten die Aktiven des Trägervereins das Speier-Haus als Lernort und Gedenkstätte für Jüdinnen und Juden im Vogelsberg im Alsfelder Stadtteil Angenrod.
Mit Tablets und Kopfhörern geht es durch das Haus.
(Foto: pr)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
ANGENROD - (red). Der Vogelsberg ist um eine Gedenkstätte reicher. Dieser Tage eröffneten die Aktiven des Trägervereins mit Gästen aus Politik und Gesellschaft das Speier-Haus als Lernort und Gedenkstätte für Jüdinnen und Juden im Vogelsberg im Alsfelder Stadtteil Angenrod.
Über ein Jahr hinweg hatten Aktive des Gedenkstätten-Vereins mit Ausstellungsmacherin Gabriele Geiß eine Ausstellung vorbereitet, die nun erstmals geöffnet war. Die Reaktionen der Gäste zeigen, dass das Konzept aufgeht. An 15 Stationen geben Texttafeln, Bilder und Filme einen Überblick über den jüdischen Vogelsberg. Da das Haus recht klein ist, stehen die meisten Informationen auf Tablets bereit, die für den Rundgang genutzt werden. Die Geschichte, das Zusammenleben im Dorf, Kleinhandel, Feste, religiöse Gemeinsamkeiten, Jiddisches in der Umgangssprache, Antisemitismus, Ausgrenzung und Ermordung sind Themen des Rundgangs. Dabei gehört das alte Fachwerkhaus als begehbares Denkmal zum Konzept, selbst die Farbe der Hocker hat eine tiefere Bedeutung. Dargestellt wird eine 650-jährige Geschichte mit Höhen und Tiefen, es geht um das gemeinsame Leben in den Dörfern, aber auch die Ermordung vieler jüdischer Vogelsberger wird thematisiert.
Bei der Eröffnung sprachen Landtagsabgeordnete Eva Goldbach und Bürgermeister Stephan Paule großes Lob für das Engagement aus. Eine Sprecherin des Ortsbeirats gratulierte zum Gelingen des Vorhabens. Träger der Stätte ist der Verein Gedenkstätte Speier Angenrod. Die Ausstellung wurde ermöglicht durch eine großzügige Förderung des Landwirtschaftsministeriums aus dem Programm „Landkultur“. Künftig wird das Speier-Haus als Lernort für Schulklassen und Konfirmandengruppen genutzt.
Das Speier-Haus ist das einzige Haus in Angenrod, das bis in die 2000er Jahre einer jüdischen Familie gehörte. Erbaut wurde es in den 1840er Jahren für die Familie Benedict Speier und war bis zur Verschleppung von Leopold Speier und seiner Familie 1942 von den Nachkommen bewohnt. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es nicht verkauft, sondern blieb im Eigentum der Familie Speier. Bis in die 1980er wurde es als Wohnhaus genutzt, danach verfiel das Fachwerkhaus.
Der Verein sicherte das baufällige Gebäude im Jahr 2015 mit Unterstützung der hessischen Denkmalpflege und der Stadt Alsfeld. Nach Abschluss der Sicherungsmaßnahmen kaufte der Verein das Grundstück im Jahr 2018, sanierte das Gebäude weiter mit Spenden von Privatleuten und Institutionen, mit Unterstützung der Denkmalpflege und der Stadt Alsfeld. Die Arbeit an der Ausstellung begann im Sommer 2019 und dauerte bis September 2020.
Angenrod ist der ideale Platz für einen Lernort zur langen Geschichte der Vogelsberger Jüdinnen und Juden, weil dort eine der größten jüdischen Gemeinden der Region bestand. Im Jahre 1862 gehörten 42 Prozent der Angenröder der jüdischen Gemeinde an. Das ist der prozentual zweithöchste Wert für Hessen, nach dem osthessischen Rhina.