Nachfahre würdigt Engagement

Biebertal (whk). Ein »Traum vom Paradies« bot der Gail’sche Park während des Festaktes zum 125-jährigen Bestehen des Kleinods und dem 20-jährigen Bestehen des Freundeskreises, zwei Jahre verspätet, Pandemie bedingt.
Die Sonne ließ an diesem Tag die Bodenmodellierungen des englischen Landschaftsgarten bestens zur Geltung kommen. Hochzeitspaare flanierten durch den Park nach ihrem Jawort im Schweizer Haus. Die Besucher, darunter 250 Eingeladene zum Festakt, genossen diesen Tag. Das Szenario, was sich am Wochenende bot, hätte auch Kommerzienrat Wilhelm Gail gefallen, der vor über 100 Jahren die Johannisfeste als gesellschaftliche Höhepunkte für Freunde und Geschäftspartner der Familie Gail feierte.
Paradies einer Unternehmerfamilie
Die Unternehmerfamilie baute eine Tabakmanufaktur und Zigarrenfabrik über einen Zeitraum von 100 Jahren auf. Sie beeinflusste das Wirtschafts- und Gesellschaftsleben der Region Gießen und schuf den Paradiesgarten.
Der Pandemie geschuldet wurden eigentlich das 22-jährige des Freundeskreises und das 127-jährige Parkbestehen begangen. Hausherr Dr. Wolfgang Lust hieß die Gäste willkommen und dankte dem Freundeskreis für sein kreatives Wirken und das stete Suchen nach Fördertöpfen. »Die Sanierung im Park hat eine hohe Geschwindigkeit aufgenommen. Manchmal ist es wie in einer Familie. Es müssen Kompromisse gefunden werden, wenn der eine fliegen will und der andere Bodenhaftung behalten möchte. Wir können sehr glücklich sein über das, was die Familie Gail hier geschaffen hat«, betonte Lust. Der Freundeskreis-Ehrenvorsitzende Norbert Kerl ließ die Entstehungshistorie des Parks, die Übernahme durch die Gemeinde, die Verpachtung an die Firma Schunk und den Parkkauf von Dr. Wolfgang Lust Revue passieren. Sein besonderer Dank ging an Ehrenbürgermeister Günter Leicht, den damaligen Parlamentsvorsitzenden Manfred Kuhl, Thomas Brunner, der seinerzeit mit einer Rede die Parlamentarier vom Kauf überzeugte, die kürzlich verstorbene frühere Bürgermeisterin Helga Lopez sowie Altbürgermeister Thomas Bender, der die Verpachtung an Lust mit einfädelte. Dr. Michael Rumpf-Gail, der seinerzeit den Verkauf des Parkes ermöglichte, war eigens für einen Tag aus der Schweiz angereist. »Sie sind der letzte Nachfahre, der diese Villa noch bewohnt hat und im den wunderschönen Park spielte. Wilhelm und Minna Gail waren Ihre Urgroßeltern«, betonte der Ehrenvorsitzende.
Einen Traum verwirklicht
Vor 127 Jahren hatten zwei Menschen einen Traum, den ›Traum vom Paradies‹. Wilhelm und Minna Gail wollten ihrer innigen Liebe eine Heimat geben, hier im ländlichen Rodheim, oberhalb ihrer Zigarrenfabrik. Und sie erschufen sich einen einzigartigen Park mit einer Villa und vielen attraktiven Einbauten. Sie erweiterten dafür den kleinen Garten, den sich Wilhelms Vater um ein schönes Schweizerhaus herum gebaut hatte. Der Vereinshistoriker Jochen Kehm habe diese schöne Liebesgeschichte in seinem gleichnamigen Buch eindrucksvoll empathisch beschrieben, betonte Kerl.
»Die hier geleistete Arbeit - auch durch den Freundeskreis - ist hervorragend und verdient größte Anerkennung«, stellte dann Rumpf-Gail fest, der auch ein Gastgeschenk für den Freundeskreis-Vorstand mitgebracht hatte. Die neue Vorsitzende des Freundeskreises Susanne Weber nahm es entgegen.
Biebertals Bürgermeisterin Patricia Ortmann betonte: »Viele helfende Hände haben diesen Park zu einem Kulturort in der Region gemacht. Der Park ist öffentlich und persönlich. Möglich gemacht haben dies die Eigentümer, die Gönner, Förderer und Sponsoren sowie die Helfer.« Sie überreichte einen »Froschkönig«, gefüllt mit Geldscheinen, an die Freundeskreisvorsitzende Weber.
Der Rodheimer Künstler Jörg Schlierbach stellte Gemälde aus. Große Tafeln informierten unterhalb der Villa über die Arbeit des Freundeskreises und den Park.
Bereits zum Auftakt spielte die »Garden-House-Jazzband« auf. Die Formation »Sound-Mix« trat nach dem offiziellen Festakt am Abend auf. Dank galt Jürgen Roos, der mit dem Helferteam die Jubiläumsveranstaltung vorbereitet und durchgeführt hatte.