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Das Komponieren ist die Berufung des Fellingshausener Erich Braas. Der 92-Jährige hofft, dass noch viele seiner Stücke vertont oder aufgeführt werden .
Biebertal (mav). »Das Genie ist die Majestät des Geistes« - ein Spruch am alten Häuschen im historischen Ortskern Fellingshausen. Dort lebt unweit der Kirche Erich Braas. Seit vielen Jahren seine neue Heimat, wo sich der gebürtige Oberfischbacher (Siegerland) auch wohlfühlt und dennoch nicht unbedingt zufrieden ist.
»Ein Einfall ist wie göttlicher Funke«, zitiert der inzwischen 92-Jährige das Universalgenie Johann Wolfgang von Goethe. Er selbst hatte in seinem Leben auch viele dieser »göttlichen Funken«. Komponieren sei seine Berufung, sagt er und die äußert sich besonders in seiner Liebe zur Poesie, indem er zahlreiche Gedichte vertont hat.
Lange Zeit haderte er mit sich, war enttäuscht und nicht selten auch verbittert, weil seine Werke trotz vieler und intensiver Bemühungen nur sehr vereinzelt und spärlich öffentlich wahrgenommen und gewürdigt wurden. Ein kleiner Freudenfunke, denn undankbar ist Erich Braas nicht: Einige seiner Werke sind inzwischen auf YouTube, Facebook und Co. veröffentlicht.
Aufnahmen im Tonstudio
Durch eine Verbindung zur Musikschule »Modus Vivendi« in Hanau, öffnete sich ein Fenster, um wenigstens einen kleinen Teil der Ergebnisse seiner Schaffenskraft öffentlich machen zu können. Man zeigte Interesse an den Noten dreier seiner neueren Liedkompositionen: »Der Stern der Gotteshuld« (Op. 62, Nr. 3), »Sternenchoral« (Op. 63, Nr.1) und »Tröstung« (Op. 71, Nr. 1) wurden in einem Tonstudio aufgenommen. Die Sopranistin Nike Tiecke wird von Antonela Isaiu am Klavier begleitet. Mit einer Grußkarte dankt die Sängerin dem Komponisten, dass sie »seine wunderbaren Kompositionen« einsingen durfte, wie sie schreibt. Das Lebenswerk von Erich Braas umfasst weitaus mehr: 120 Lieder für Sopran und Klavier, davon 40 der Lyrik und 80 der christlichen Literatur zuzuordnen. Es sind einige hundert Kompositionen entstanden. Darunter sechs Sinfonien: »Europa-Sinfonie«, »Gnaden-Sinfonie«, »Melodien-Sinfonie«, die Sinfonie »Verrat am Genius« und weitere ohne Titel. Hinzu kommen der Orchester-Zyklus »Das Abendland« und deutsche Konzerte wie die Ballettmusik »Tanz ums Goldene Kalb«.
Gerade bei der »Europa-Sinfonie« für Chor und Orchester, an der er lange gearbeitet hat, würde sich Erich Braas wünschen und sehr freuen, wenn durch ein Orchester dieses Werk für Flöten, Oboen, Klarinette, Fagott, Violinen, Bratsche, Cello, Kontrabass und Pauken zur Aufführung gelänge. Die Textunterlage dafür, »Ich danke Gott und freue mich«, stammt von Matthias Claudius. Erich Braas hat die Sinfonie mit 1766 Takten komponiert aus Anlass der Einigung Europas und inzwischen haben die aktuellen Ereignisse dieses Ansinnen überholt.
Braas lebt alleine, seine Frau ist verstorben und an der Wand, über dem Klavier, hängen nicht nur Bilder von ihr.
Als Zehnjähriger bereits komponiert
Die Konterfeis von Bach, Mozart und Beethoven blicken ebenfalls in das kleine Wohnzimmer zur Hauptstraße hin. »Wenn mich falsche Zungen stechen« (Komposition von Johann Sebastian Bach) - hierrüber stolpert Erich Braas oft und siniert: »Neid und Missgunst der Fachwelt haben die Genies auf dem Gewissen«, so sein Vorwurf, aber es war wohl auch der Fluch, dass sie alle nicht die Musik ihrer Zeit machten.
Er stammt aus einer musikalischen Bauernfamilie. Schon mit sechs Jahren spielte er eine Ziehharmonika, mit Zehn die ersten Kompositionen, was er mit 21 Jahren intensivierte, nachdem ihm seine Mutter ein Akkordeon schenkte.
Gelernt hat er das Schreinerhandwerk. Nach seiner Gesellenzeit studiert er zwei Jahre lang am Münchner Konservatorium und wechselte dann für weitere acht Jahre in die Unterweisung des Komponisten und Dirigenten, Prof. Josef Suder, der ihn Klavier, Komposition, Harmonielehre, Kontrapunkt und Instrumentation lehrte. Da keine privaten Stipendien vergeben wurden, verdiente er sich Studium und Lebensunterhalt als Postangestellter. Dem Alter geschuldet das schwache Augenlicht und die stark eingeschränkte Gelenkigkeit der Finger, sitzt er dennoch ab und zu an seinem Klavier und hofft und wünscht sich, dass sich Interpreten finden mögen für seine Werke und nicht »Die Stimme der Totgeschwiegenen« als einer von sieben Teilen aus dem Orchesterzyklus »Das »Abendland« zum Fluch wird. Braas ist unter der 06409/2997 zu erreichen.