Toxische Beziehungen thematisiert

Im kroatischen Zagreb diskutierten Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Busecker Tal mit Schülern und Lehrkräften über soziale, politische und individuelle Probleme Jugendlicher in Europa.
Buseck (red). Eine internationale Woche verbrachten sechs Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Busecker Tal sowie ihre Lehrer Torsten Piske und Felix Hartert an einer Schule im kroatischen Zagreb. Dort diskutierten sie mit Schülern sowie deren Lehrkräften aus Spanien, Rumänien, Kroatien und der Türkei im Rahmen des »Erasmus+«-Projekts »Digital director« über soziale, politische und individuelle Probleme Jugendlicher in Europa. Das Projekt wird finanziert aus Mitteln der Europäischen Union, heißt es in einer Pressemitteilung der Schule.
Jedes Land brachte dazu einen kurzen Film mit, in dem das jeweils gewählte Thema szenisch umgesetzt worden war. Dabei standen Beziehungsprobleme zwischen Jugendlichen an erster Stelle.
Zentrales Thema war häusliche Gewalt am Beispiel toxischer Beziehungen, in denen sich die Partner in einer Beziehung aus Eifersucht das Leben schwer machten, statt es zu bereichern. Ein Partner unterdrückt den anderen, schränkt seine Freiheiten ein, kontrolliert Handlungen, Termine und sogar die Wäsche. Situationen eskalieren in Gewalt. Im deutschen Filmbeitrag endet dieses Eifersuchtsdrama sogar mit einem Mord im Affekt.
Ziel war es, darauf hinzuweisen, dass allein 2020 in der Bundesrepublik Deutschland nach Angaben des Bundeskriminalamtes 111 Frauen und 29 Männer von ihrem aktuellen oder früheren Partner getötet wurden. »Zahlen, die entschieden zu hoch sind«, sagt der »Erasmus+«-Koordinator an der Gesamtschule, Torsten Piske. »Und das ist nur ein Aspekt aus dem gesellschaftsumfassenden Bereich häuslicher Gewalt. Auf diese Probleme wollten wir hinweisen und den Menschen zeigen, dass es immer Möglichkeiten gibt, solche Beziehungen zu verlassen, dass niemand seine Opferrolle akzeptieren muss. Und dass das soziale Umfeld nicht wegsehen darf.«
Mehr Beratung und Prävention
Die anschließende Diskussion zeigte, dass sich diese Probleme in jedem der fünf beteiligten Länder wiederfinden ließen. Deutlich wurde, dass nicht nur gezielt mehr Beratungsstellen und Öffentlichkeitsarbeit zu Prävention und Schutz der Opfer eingerichtet werden müssten, sondern dass Maßnahmen auf gesamteuropäischer Ebene erforderlich seien. Auch Schule habe einen wichtigen Beitrag zu leisten: »Viele Jugendliche kennen Gewalt von zu Hause und denken, es sei normal und richtig, in Konfliktsituationen mit physischer Gewalt zu reagieren. Hier müssen die Bildungseinrichtungen gezielt Unterrichtseinheiten, soziale Beratung und Workshops zum Thema häusliche Gewalt anbieten, um Alternativen zu vermitteln und so hoffentlich die Spirale der Gewalt zu beenden«, kommentiert Adelaida Petrancu, Leiterin der rumänischen Erasmus-Gruppe.
Einen besonderen Aspekt brachte in diesem Zusammenhang die kroatische Gruppe in die Diskussion. Diese wird von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf besucht. Sie sind mental eingeschränkt, zum Beispiel durch Trisomie 21. In ihrem Filmbeitrag wurde deutlich, wie schwierig es für diese Menschen ist, als Erwachsene eine normale Partnerschaft zu führen, zusammenzuleben - und wie erfüllend es ist, wenn ein solches Zusammenleben erreicht werden konnte. Ein Film, der ans Herz ging, und bei allen die Sensibilität für Menschen mit Einschränkungen erhöhte.
Während der Woche wurde nicht nur gearbeitet und diskutiert, sondern auch viel aus Kultur und Geschichte Kroatiens vermittelt. Auf dem Programm einer Stadtbesichtigung standen das traditionellste Filmtheater, das Staatstheater, das »Museum der zerbrochenen Beziehungen« und das Nikola-Tesla-Museum (bedeutender Erfinder, Physiker und Elektroingenieur).
»Das Ziel aller ›Erasmus+‹-Projekte ist es, die Jugend Europas zusammenzubringen, damit die jungen Leute sich kennenlernen, zusammen reden, Spaß miteinander haben - und Vorurteile abbauen. Das ist in diesem Treffen gelungen«, kommentiert Lehrer Felix Hartert das positive Ergebnis des einwöchigen Aufenthalts.
Das nächste und letzte Treffen dieses Projekts findet Ende April in der rumänischen Hauptstadt Bukarest statt. Dann wird das Thema sein: »Europa vereinigt uns«.