1. Startseite
  2. Kreis Gießen
  3. Fernwald

Hochkarätiges Konzert in Steinbach

Erstellt:

Von: Rose-Rita Schäfer

gikrei2709OrgelkonzertTh_4c_1
Organist Thomas Wilhelm sorgte an der Steinbacher Orgel für ein besonderes Hörerlebnis. Foto: Schäfer © Schäfer

Die aufwendig restaurierte Kirchenorgel wurde offiziell vorgestellt. Die Kirchgemeinde hatte sich einen ganz besonderen Leckerbissen ausgedacht: Thomas Wilhelm spielte und faszinierte das Publikum.

Fernwald (rrs). Am Samstag wurde die aufwendig restaurierte Steinbacher Kirchenorgel (der Anzeiger berichtete) offiziell vorgestellt. Die Kirchgemeinde hatte sich einen ganz besonderen Leckerbissen ausgedacht: Thomas Wilhelm, Orgel- und Glockensachverständiger der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau sowie Kirchenmusiker an der St. Nikolaus-Kirche in Bad Vilbel, brillierte in einem fast zweistündigen hochkarätigen Orgelkonzert und bescherte den leider nicht so zahlreich erschienenen Zuhörern einen exorbitanten Hörgenuss.

Volltönend erfüllte der Orgelklang mit melodiösen Tonfolgen oder auch schnellen Läufen in kaum gekannter Klarheit die kleine Kirche im sanftem Schein von Kerzen und Laternen - ein einzigartiges berauschendes Erlebnis.

Mit Samuel de Langes Fantasie über den 66-ten Psalm (1892) gelang ein kraftvoller Einstieg, der nach munteren schnellen Läufen schließlich in einem überwältigenden Crescendo gipfelte, bevor er zurückkehrte und mit verträumten, an Gesang erinnernden Passagen melodiös zu begeistern wusste.

Die sich anschließende Fuge zum gleichen Psalm erinnerte mit klaren festen, akkurat gesetzten Tönen an Bach´sche Werke, bestach aber gegen Ende mit jubilierenden lauten Tönen. In Herrmann Schellenbergs Fantasie zu Johann Sebastian Bachs hundertjährigem Gedächtnistag (1850) folgten auf den in dunklen, tiefen Tönen gehaltenen Beginn schnelle Läufe, die man zwar vom Klavier her kennt, aber von einer Orgel so nicht erwarten würde. Nach einem fröhlichen liedähnlichen Intermezzo erscholl wieder das Anfangsthema, dieses Mal aber unterbrochen von Trompetentönen. Da konnte man nur staunen, was auf einer Orgel alles möglich ist.

»Halleluja, lobt Gott in seinem Heiligtum«, zitierte Pfarrer i.R. Wolfhard Düver anschließend den Psalm 150, bevor er allen Spendern dankte, die die Orgel-Restaurierung erst ermöglicht hätten. Für den jetzt atemberaubenden Klang lobte er die Firma »Förster & Nicolaus Orgelbau« aus Lich und zollte insbesondere den Kirchenvorstandsmitgliedern Rudi Schön, der sich um die Buchhaltung kümmerte, Christel Herbert, die mit ihrer Beharrlichkeit das Orgelprojekt getragen hat und nicht zuletzt Vorsitzender Sonja Kühlmann, die mit ihrer Unterschrift die Verantwortung übernahm, Respekt und Dank. »Mit Kosten von rund 80 000 Euro war und ist das ganze Projekt ein Wagnis, das viel Mut erforderte. Die Hälfte ist nun abbezahlt, aber für den offenen Rest hoffen wir auf viele weitere Spenden«, konstatierte Düver.

Weiter ging es mit der Dritten Sonate in a-Moll (1855) von August Gottfried Ritter, die er Franz Liszt gewidmet hat. Töne in dichten Klangteppichen wechselten mit einzeln stehenden Akkorden, nur um sich am Ende zu regelrechte Jubelfanfaren aufzuschwingen. Allerdings waren die Melodien hier längst nicht so eingängig und mitreißend wie bei den vorhergehenden Werken. Leichterer Zugang war bei Felix Mendelssohn’s beiden »Lieder ohne Worte (1829, zwischen 1842 und 1845) möglich. Lyrische Melodien mit liedhaften Klängen entführten in die schwelgerische Romantik. Was dann kam, war phänomenal, überwältigend und nie gehört: Der weltberühmte spanische »Boléro« (1865) von Louis James Alfred Lefébure-Wély auf der Orgel. Feurige Flamenco-Rhythmen ließen die Herzen höherschlagen.

Die kirchliche Festouvertüre »Ein feste Burg ist unser Gott« (1844) von Otto Nicolai sorgte für einen würdigen Abschluss. Eine mächtige Version der ersten Strophe von Luthers gleichnamigem Choral zauberte eine festliche Atmosphäre ins Kirchenschiff.

Um eine Zugabe kam Wilhelm nach tosendem Beifall nicht herum.

Auch interessant