»Revolverkino« in den Schlagzeilen

Die Wanderausstellung unter dem Titel »Vorhang auf! Kinogeschichte(n) im Landkreis Giessen« ist in Grünberg zu sehen.
Grünberg (hgt). Im Rahmen einer Wanderausstellung unter dem Titel »Vorhang auf! Kinogeschichte(n) im Landkreis Giessen« wurde im Grünberger Museum im Spital diese als sechste Station in Grünberg in der Hospitalkirche und im Sonder-Ausstellungsraum im Museum eröffnet, die als gemeinsames Ausstellungsprojekt der Kommunalarchive im Landkreis Gießen konzipiert wurde.
Zu Beginn ergriff Bürgermeister Marcel Schlosser das Wort, der sich freute, dass diese Ausstellung im Jubiläumsjahr der Stadt gezeigt wird, von der er sich gerne überraschen lässt. Die Kinos hätten in den letzten Jahren unter der Pandemie sehr gelitten. Museumsleiterin Karin Bautz dankte allen Helfern*innen beim Aufbau der Ausstellung, auch dem Bauhof der Stadt, der geholfen habe, einen alten und schweren Filmprojektor in die Ausstellung zu schaffen. Grünbergs Kinobetreiberin Edith Weber freute sich in ihren Worten darüber, dass das Grünberger Kino sich in die Ausstellung mit einbringen konnte. Die letzten zwei Jahre seien schwierig gewesen, man sei stolz darauf, dass man diese überstanden habe. Unterstützung habe man durch den erstmals 1987 vom Landkreis Gießen geschaffenen Filmpreis »Kinokultur auf dem Lande« erhalten, mit dem die beiden noch einzigen privaten Kinos im Landkreis Gießen, »Kino Traumstern« in Lich sowie die »Lichtspiele Grünberg«mehrfach ausgezeichnet wurden. Es gebe nur noch wenig eingefleischte Kinobesucher und ausgesprochene Filmhits wie in früheren Zeiten sind selten geworden. Auch die Reparaturkosten eines Filmprojektors, wo es zum Beispiel Probleme mit den Farben gab, sind nicht unerheblich. So habe sie schon 2012 ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, das Kino vor zehn Jahren zu schließen. Aber das Kino sei nun mal ihre Leidenschaft und darum gehe der Aufruf an die Menschen, gehen sie wieder mal ins Kino.
In der Gastwirtschaft »Beltrop« wurde unter dem Namen »Apollo-Lichtspiele« seit dem 27. Februar 1925 in Grünberg ein Kino betrieben. Eigentümer des Filmtheaters war Otto Vieregge, der die Leitung der Gastwirtschaft mit dem Kino von seiner Schwiegermutter, der Witwe August Beltrops, übernommen hatte. Leider geriet das Filmtheater im Laufe der Jahre in Verruf, da Vieregge, der unter anderem Vorsitzender der NSDAP-Ortsgruppe Grünberg war, als streitsüchtig und »dem Trunke ergeben« galt.
Das Kino geriet überregional in die Schlagzeilen, als Vieregge nach einem familiären Streit am 3. März 1938 erst seine Tochter erschoss, seinem Schwiegersohn und seiner Frau Schussverletzungen beibrachte und sich selbst dann das Leben nahm. In der Folge bezeichnete man das Vieregge’sche Kino als »Revolverkino«. Damit gingen die Vorführungen im »Beltrop« zu Ende, was aber nicht das Ende des Kinos in Grünberg bedeutete. Elektromeister Wilhelm Löchel aus Weitershain, der bis dahin die Vorführungen durchgeführt und den Saal gepachtet hatte, verlegte diese in die 1933 errichtete Grünberger Turnhalle.
An Ludwig Metzger wurde die Kinolizenz verkauft, der von da an Kinos in Grünberg und Laubach betrieb. Auch in Grünberg bestand in den 1950er Jahren das Bedürfnis nach Zerstreuung und Unterhaltung, sodass sich Metzger zu einem Kinoneubau mit zwei Sälen im Jahr 1952 entschloss. Nach seinem Tod im Jahr 1981 übernahm seine Tochter Edith Weber das Kino, das bis heute von ihr mit großem Enthusiasmus weitergeführt wird.
Im Begleitprogramm zur Ausstellung wird am Donnerstag, 4. August 2022, um 20 Uhr der Film »Der Schamane und die Schlange« von Ciro Guerra (Kolumbien) gezeigt. Weiterhin am Freitag, 5. August, um 20 Uhr der Film »Die Sehnsucht der Schwestern Gusmao« von Karim Ainouz (Brasilien), am Samstag, 6. August, um 17.30 Uhr der Film »Der Sommer mit Mama« von Anna Muylaert (Brasilien) und am Sonntag, 7. August, um 11 Uhr »Das Salz der Erde«, ein Film von Sebastiao Salgado (Brasilien).
Bis 14. August ist die Ausstellung während den Öffnungszeiten des Museums geöffnet. Diese sind: Freitag bis Sonntag und an Feiertagen von 14 bis 17 Uhr und am Mittwoch von 18 bis 20 Uhr sowie nach Vereinbarung,
