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Wolfgang Bosbach bietet beste Unterhaltung

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Von: Thomas Wißner

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Wolfgang Bosbach beweist in Grünberg klare Kante. Foto: Wißner © Wißner

Beim Frühlingsempfang der CDU Grünberg erfüllte der ehenalige Bundestagsabgeordnete einmal mehr alle Erwartungen, die man in ihn setzte.

Grünberg (twi). »Es hat sich gelohnt«, war sich nicht nur Wolfgang Bosbach am Ende seines Vortrags sondern auch die 150 Zuhörer einig, die mit stehenden Ovationen für diesen Beitrag dankten. Beste Unterhaltung bot der ehemalige Bundestagsabgeordnete bei seinem Besuch in Grünbergs »gudd Stubb« in die Gallushalle, wie Bürgermeister Marcel Schlosser den Veranstaltungsort in seiner Begrüßung bezeichnet hatte.

Beim Frühlingsempfang der CDU Grünberg erfüllte Bosbach einmal mehr alle Erwartungen, die man in ihn setzte.

Beste Unterhaltung, Klartext und Wortwitz prägten seine einstündigen Ausführungen, in denen der Gast aus dem Rheinland Geschichtliches und Aktuelles gekonnt verknüpfte und klare Kante bewies.

Überzeugung treu bleiben

Rummeiern ist sowieso nicht sein Ding und deshalb wird er auch dafür geliebt, weil er auch Unbequemes anspricht und sich dazu auch klar positioniert.

Dass die bereitgestellten 120 Stühle nicht ausreichten und Hausmeister Michael Theiß noch weitere Stühle bereitstellen musste, wertete Bosbach gleich zu Beginn seines Vortrags als »gutes Zeichen verbunden mit einer traurigen Nachricht: Es gibt nichts zu gewinnen, etwa die Hälfte sagt, sie ist politisch interessiert, in einer Partei organisiert sind lediglich 1,6 Prozent. Nichts lebt mehr vom Mitmachen als die Demokratie. Die Weimarer Republik ist nicht an ihren Feinden, sondern daran zugrunde gegangen, weil es zu wenige Demokraten gab«, verwies der Referent auf das auf den Tag genau vor 90 Jahren am 23. März 1933 erlassene »Ermächtigungsgesetz«.

Seine Freude »über jeden einzelnen Besucher und jeden, der sich politisch engagiert« verband er mit einem ganz besonderen Dank an all jene, die sich an der Basis, in der Kommunalpolitik vor Ort, einbringen.

»Für Bundes- und Landtag wird es immer genügend Kandidaten geben, bei den Kommunalparlamenten sieht das ganz anders aus«, brachte er ein Manko auf den Punkt, garniert mit einem flotten Spruch, den sich eigentlich jeder Politiker hinter die berühmten Ohren heften müsste: »Wer den Zeitgeist heiratet wird schnell Witwer! Man muss seiner Überzeugung treu bleiben, wenn der Wind auch schon mal von vorn kommt.«

Am Vorabend noch in Hamburg bei einem Polizeikongress zu Gast, hatte er auch in diese Richtung die einzige Bitte an diesem Abend an seine Zuhörer: »Wenn es zu Konflikten kommt, dann nicht der Polizei in den Rücken fallen, sondern den Rücken stärken!«

Klare Worte dann zur Frage: Zuwanderung Ja oder Nein? »Wir hatten diese in unserer Geschichte schon immer. Ich verstehe es nicht, warum wir uns so schwer tun, die Dinge beim Namen zu nennen, auch wenn wir Angst haben, in die rechte Ecke gestellt zu werden. Wenn in einem kleinen Land wie bei uns in Deutschland 84 Millionen konfliktfrei miteinander leben wollen, dann müssen alle die gleiche Rechts- und Wertordnung einhalten und das kann nur die Wertordnung der Bundesrepublik Deutschland sein. Da wird auch nicht darum verhandelt, andere Länder sehen das auch so. Wenn ich ein Land besuche, dann akzeptiere ich auch die kulturelle Tradition«, verwies er auf Urlaube in arabischen Ländern, wo bereits im Hotel eine Liste mit zahlreichen Punkten zu lesen ist, welche beachtet werden müssen.

»Wir haben im letzten Jahr mehr Menschen aufgenommen als je zuvor, noch mehr als in der Flüchtlingskrise 2015/16. Wenn der Bund eine solche Grundsatzentscheidung trifft, dann muss der Bund auch die Kosten da übernehmen, wo die Arbeit, die Unterbringung und medizinische Versorgung vor Ort geleistet wird. Wir haben umgerechnet 8000 Klassen mit 25 Schülern aufgenommen. Das ist eine Herausforderung für die Lehrer. Die Lasten tragen die Kommunen. Damit darf man die Gemeinden nicht alleine lassen!«.

Zur Frage schwerer Waffenlieferungen an die Ukraine zeigte sich Bosbach nach eigenen Worten »hin und hergerissen. Es stellt sich die Frage: Verkürzen wir den Krieg oder verlängern wir das Leiden?« Drei Möglichkeiten zeigte er auf, wenn da die Forderung laute, der Krieg müsse sofort aufhören, der habe zwar recht, doch ende dieser erst, wenn Putin seine Truppen zurückzieht, wenn Ukraine erledigt ist, dann ist der Krieg aus. Putin werde über nichts verhandeln, was er auf dem Schlachtfeld gewinnen kann. »Das ist die Lage, in der wir leben mit allen politischen und wirtschaftlichen Konsequenzen. Ideologie trifft auf Wirklichkeit und schon sieht die Welt ganz anders aus«, leitete er zu den Kriegsfolgen über und das bevorstehende Abschalten der AKw’s.

Lacher und Applaus geerntet

»Wir kaufen immer mehr Kohle aus Kolumbien, die dort unter unsäglichen Bedingungen abgearbeitet wird. Wie das dem Klima helfen soll, das kann mir keiner erklären. Ich habe Bedenken, dass wir den Zusammenhalt verlieren zwischen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialer Leistungsfähigkeit.«

Zur aktuellen Situation in der Pflege, wo 75 Prozent aller Pflegeleistungen zu Hause in der Familie stattfinden, monierte Bosbach, dass »die Arbeit mit und an Maschinen besser bezahlt wird als an Menschen. Wenn wir den Mangel an Pflegekräften beheben wollen, dann müssen sie besser bezahlt werden, das muss finanziert werden, da geht es nicht um Millionen sondern um Milliarden.«

Wurden die »Alten« in der Vergangenheit bei Unternehmen gerne vom Hof gejagt, so prophezeit Bosbach hier eine Umkehr, wenn ab 2026 und in den 15 Jahren danach 40 Millionen Bundesbürger in Rente gehen, dann würden viele Arbeitgeber ihre älteren Mitarbeiter fragen, ob sie nicht noch länger machen wollen. »Es kann sein, dass die jüngeren schneller laufen, aber die älteren kennen die Abkürzung«, erntete er Lacher und Applaus.

CDU-Stadtverbandsvorsitzender Ingo Kreuder hatte Bosbach begrüßt, Marcel Schlosser einen Einblick in die Grünberger Themenwelt gegeben und Landtagskandidat Lucas Schmitz einen Blick auf die Landtagswahl am 8. Oktober geworfen.

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