Ines Trenschel aus Climbach verziert professionell das Produkt, was der Osterhase uns allen bringt.
Von Sandra Ferber
Was für eine Vielfalt: Ines, Linda und Vanessa Trenschel (v.l.) stellen ihre Kunstwerke vor. Fotos: Trenschel
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CLIMBACH - Gleich drei Auszeichnungen hat Ines Trenschel aus Climbach dieser Tage beim "Wettbewerb um das schönste sorbische Osterei" erhalten, der schon seit 68 Jahren stattfindet. Unter anderem gewann sie den ersten Preis in der Kategorie "Wachsbossiertechnik einfarbig".
Bereits während ihrer Kindheit in der Lausitz hat die heute 45-Jährige die alte Kunst des sorbischen Eierverzierens gelernt. Ihr Geburtsort Bautzen ist die Hochburg des westslawischen Volks der Sorben und auch alljährlicher Austragungsort des Osterei-Wettstreits.
Um die filigranen Muster der sorbischen Volkskunst aufs Ei zu bringen, gibt es viele Techniken, die Trenschel alle beherrscht: Bei der Kratztechnik werden die Verzierungen mit einem scharfen Gegenstand direkt in die Schale geritzt. Bei der Reservetechnik wird zunächst Wachs auf das Ei im gewünschten Muster aufgetragen. Das Ei wird gefärbt und das Wachs mithilfe einer Kerzenflamme dann wieder entfernt. Da auf den zuvor mit Wachs bedeckten Flächen keine Farbe haften konnte, ist ein helles Formen- und Linienspiel vor dem eingefärbten Hintergrund das Ergebnis.
Was für eine Vielfalt: Ines, Linda und Vanessa Trenschel (v.l.) stellen ihre Kunstwerke vor. Fotos: Trenschel
Einige der in diesem Jahr prämierten sorbischen Ostereier von Ines Trenschel.
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Bei der Bossiertechnik, die Trenschel die liebste ist, wird Wachs in verschiedenen Farben als reliefartige, auf dem Ei verbleibende Verzierung aufgetragen. Die Werkzeuge dafür sind Stecknadelköpfe und Federkiele, die zu einem dreieckigen Querschnitt zurechtgestutzt werden. Beides wird in erhitztes, flüssiges Wachs getunkt, welches so wie mit einem winzigen Stempel auf das Ei aufgetragen werden kann. Dies muss schnell und akkurat geschehen, denn die kleine Wachsmenge auf den Werkzeugen trocknet sofort. Wiederholt man diesen Vorgang einige hundert Mal, hält man schließlich ein Kunstwerk in den Händen. Anderthalb bis zwei Stunden dauere dies, so Trenschel - bei den kleineren Eiern. Die größeren Eier, wie etwa Gänseeier, würden drei bis fünf Stunden Zeit beanspruchen. Die riesigen Straußeneier seien Tagesaufgaben ab zehn Stunden aufwärts.
"Ich halte das Ei ständig in der Hand und drehe es so, dass das Wachs direkt und zügig genau an die Stelle gesetzt werden kann, wo es auch hin soll. Sobald das Wachs auf dem Ei aufgetragen ist, ist es auch schon fest und kann nicht mehr korrigiert werden", erklärt die Künstlerin. "Die Muster habe ich im Kopf. Ich teile mir mit Bleistift und Zirkel nur das Ei etwas ein, wegen der Symmetrie, damit die Größe der Kreise, Herzen, Linien und der Abstand passt. Ich zähle im Kreis alle Dreiecke auch mit, damit ich dann schon weiß, ob die Anzahl gerade oder ungerade ist. Das ist wichtig für den weiteren Musteraufbau. Da jedes Ei seine Größe und Form hat, passt auch nicht jedes Ornament, und manchmal entstehen so neue Muster. Wichtig sind nur die immer wieder erkennbaren, traditionellen Ornamente."
Diese nämlich sollen nicht nur hübsch aussehen - sie haben eine überlieferte Bedeutung und sollen einem Zweck dienen: Das Dreieck, das mit dem Federkiel erzeugt wird, wird auch Wolfszahn genannt. Es steht für Kraft und Stärke. Der Punkt, der mit der Stecknadel getupft wird, steht für den Bannkreis, der Mensch, Tier und Haus vor allem Bösen schützt. Aus diesen beiden Elementen sowie einfachen Strichen werden die verschiedenen Ornamente zusammengesetzt, die alle wiederum ihre eigene Symbolik haben: Strahlenbündel und Sonnen sollen Wärme und Geborgenheit bringen, der Lebensbaum ein langes und gesundes Leben. Wabenmuster verheißen Gesundheit und, dass man immer gut versorgt sei. Blüten stehen für neues Leben, das Herz, natürlich, für Liebe. Nach sorbischem Volksglauben überträgt sich all dies auf denjenigen, der ein solches Ei als Geschenk erhält.
Auch fern der Heimat führt Trenschel die Tradition fort - mittlerweile schon in der nächsten Generation. Ihre Töchter Linda und Vanessa haben im Alter von vier Jahren mit dem Eierverzieren begonnen und sind dabei offenbar mit dem gleichen Talent ausgestattet wie ihre Mutter. Die mittlerweile 16 und 18 Jahre alten Mädchen gewannen bereits selbst Preise für ihre sorbischen Ostereier.
Gemeinsam nimmt das Trio normalerweise zu dieser Zeit an Märkten und Ausstellungen teil. Da Corona dies unmöglich gemacht hat, stellt Trenschel dieses Jahr ihre sorbischen Eier beim rein virtuellen Ostermarkt unter www.fruehling-im-lumdatal.de aus, wo man die Kunstwerke auch erwerben kann.