Am fünften Tag zu Hause

Staufenberg und Grünberg mit unterschiedlichen Erfahrungen mit dem Homeoffice-Day gemacht.
Grünberg . Frankreich hat gerade beschlossen, in den Verwaltungen flächendeckend eine Vier-Tage-Woche auszuprobieren. Im Kreis Gießen ist man da schon weiter. In Staufenberg etwa müssen die Mitarbeiter schon seit einigen Monaten freitags nicht mehr ins Büro kommen, sondern können von zu Hause aus arbeiten. Auch Grünberg stellte im Januar probeweise auf eine Vier-Tage-Öffnung der Verwaltung und des Bürgerbüros um. Hintergrund war in beiden Fällen allerdings nicht der Work-Life-Balance-Gedanke, sondern die Hoffnung, in Zeiten der Energiekrise massiv Heizung und Strom sparen zu können.
In der Gallusstadt ließ man die Pforten der Verwaltung an allen ersten vier Freitagen im Jahr für den Besucherverkehr geschlossen. Den Bediensteten gab man die Gelegenheit, von daheim aus die Arbeit zu erledigen. Ein erstes Resumee fällt nun durchwachsen aus. »Wir haben viele Erkenntnisse gewonnen, werden aber vorerst wieder zu den regulären Öffnungszeiten von Montag bis Freitag zurückkehren. Denn das mit dem Energiesparen hat sich als tückisch erwiesen«, schildert Bürgermeister Marcel Schlosser (CDU) auf Anfrage. So habe sich die Temperatur im historischen Rathaus und dem angrenzenden Stadthaus nicht so regeln lassen, wie erhofft. »Es hat einfach zu lange gedauert, bis einige Büros am Montag wieder warm waren«. schildert Schlosser. Auch bei der Erreichbarkeit einiger Mitarbeiter bestehe noch Nachholbedarf.
»Die technische Ausstattung hat funktioniert«, attestiert Hauptamtsleiter Edgar Arnold. Das sei die gute Nachricht. »Wir haben allerdings auch gemerkt, dass wir in Sachen digitale Akten noch nachjustieren müssen. Wir brauchen einfach mehr Futter für die E-Akten«, so Arnold, der für die Ablauforganisation der Verwaltung verantwortlich zeichnet. Man arbeite daran, die elektronischen Akten in nächster Zeit zu komplettieren,
Bei den Bediensteten stieß der Pilotversuch auf ein geteiltes Echo. »Manche zeigten sich irritiert, weil sie fürchteten, zuhause nicht die Ruhe zu finden oder sich nicht richtig organisieren zu können«, berichtet Arnold. Andere hätten angemerkt, dass sie sich im Büro einfach wohler fühlten. »Viele freuten sich aber darauf, einen Tag in der Woche von daheim aus arbeiten zu können.«
Hannah Eifert und Christina Rühl gehörten zu zweiterer Gruppe. Die beiden kümmern sich im Bürgerbüro um die Anliegen der Grünberger und haben dort auch den Unmut des einen oder anderen entgegennehmen müssen. »Freitags ist Wochenmarkt direkt vor unserem Büro. Leute, die einen Marktbesuch mit dem Gang ins Stadthaus verbinden wollten, standen dann vor verschlossener Tür und waren enttäuscht«, erinnert sich Hannah Eifert. Das sieht auch ihr Chef so. »Dennoch wollen wir uns die Möglichkeit offen halten, vielleicht in Zukunft einen neuen Anlauf zu nehmen«, erklärt Schlosser.
Ganz anders sehen die Erfahrungen in Staufenberg aus. Hier wurde schon vor Monaten die Vier-Tage-Woche plus Homeoffice-Day eingeführt.
»Unsere moderne Anlage macht es möglich, dass wir in der Tat drastisch Energie einsparen können, wenn wir einen Tag länger die Heizung herunterfahren«, berichtet Bürgermeister Peter Gefeller (SPD).
Aber einen weiteren Vorteil hat man in der Stadt im Nordkreis: Die Bürgerinnen und Bürger sind hier schon an die verkürzten Öffnungszeiten der Verwaltung gewöhnt. Freitags ist »das Amt« in Staufenberg schon seit mehreren Jahren nicht mehr für den Publikumsverkehr offen.
»Dafür bieten wir inzwischen bis zu 80 Dienstleistungen barrierefrei über die Homepage der Stadt an«, erläutert Gefeller. In Kürze soll auch noch die Möglichkeit dazukommen, kostenpflichtige Serviceleistungen per E-Payment zu bezahlen.
Das Angebot der verkürzten Büro-Arbeitszeit ist in Staufenberg bis zum 31. März befristet. Der Bürgermeister freut sich darüber, dass es stark angenommen wird und rechnet mit einer Verlängerung. »Dazu müssen jedoch erst noch der Personalrat und der Magistrat gehört werden.«
Allen Mitarbeitern wurden mobile Endgeräte zur Verfügung gestellt, so dass ein Arbeiten von Zuhause aus kein Problem darstellt. Außerdem gehört Staufenberg bei den digital angebotenen Dienstleistungen zu den Vorreitern im Landkreis Gießen.
Bewusst habe er den Mitarbeitern aber von Anfang an freigestellt, von wo aus sie am Freitag arbeiten. »Ich selbst gehe gerne in mein Büro. Wenn es mir zu kühl wird, ziehe ich einfach eine Strickjacke drüber«, verrät er.