Baugebiet Hausen Ost auf der Zielgeraden

Auch die geplante Flüchtlingsunterkunft war Thema in den Pohlheimer Ausschüssen.
Pohlheim (ww). Was lange währt, wird endlich gut. Das Baugebiet Hausen Ost hat nach mehr als einem Jahrzehnt eine mehrheitliche Empfehlung in der gemeinsamen Sitzung des Haupt- sowie Bauausschusses in Pohlheim erhalten. Jetzt muss die Stadtverordnetenversammlung in der nächsten Woche der Auslegung zustimmen. Im Oktober soll der Satzungsbeschluss gefasst werden.
Danach kann die Erschließung im ersten Bauabschnitt von der Landesstraße her nach Lich bis zur Höhe »Zur Lutherlinde« anschließend an die Bestandsbebauung in Hausen beginnen. Auf der Landstraße ist in Höhe der Abfahrt zur Tankstelle Pfannmüller ein Kreisel vorgesehen, der den Verkehr aus und in das Baugebiet lenken soll.
Lediglich die CDU verweigerte sich der Empfehlung, den Plan jetzt auszulegen, mit dem nach Abschluss der Bauleitplanung in die Erschließung des ersten von zwei Bauabschnitten gestartet werden kann. Reiner Leidich (CDU) macht deutlich, dass ein Kindergarten hin zur Landesstraße hätte entstehen können. Aus Sicht der Christdemokraten ist die Ausnutzung der Grundstücke, die die neue Mehrheit von SPD, Grünen und FDP jetzt im Plan verankert hätte, mangelhaft. Eine Kindertagesstätte soll entstehen, aber im benachbarten, noch in der Planung befindlichen Baugebiet »Hinter der Friedensstraße« in Garbenteich.
Schon vor einigen Jahren wurden in der Verlängerung »Am Hombiegel« zehn Grundstücke im Norden vorab vermarktet. Erst 2021 konnte die Stadt alle weiteren Areale unterhalb bis zur Landesstraße kaufen, musste aber auch alte Umweltplanungen erneuern lassen. Zuständig ist Planer Hendrik Christophel vom Lindener Planungsbüro Seifert. Wenn das Baugebiet voll belegt ist, werden dort rund 400 Menschen leben, auch in Mehrfamilienhäusern.
Leidich machte deutlich, dass das nicht der Bebauungsplan der Christdemokraten sei. Man habe sich eine anderen Verdichtung gewünscht. Im Mischgebiet angrenzend an die Landesstraße hätte auch die weitere Kita für Hausen und Garbenteich entstehen können.
Verschnupft zeigte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Alexander darüber, dass ein Zipfel des Neubaugebietes gegenüber der Tankstelle Pfannmüller den Charakter »Dörfliches« und nicht »Allgemeines« Wohngebiet bekommen habe. Das sei so nicht besprochen gewesen, weil dort auch Gewerbebetriebe angesiedelt werden könnten. Tatsächlich sind ausnahmsweise land- sowie forstwirtschaftliche wie auch Gartenbetriebe und Tankstellen umsetzbar, grundsätzlich sonstige Gewerbebetriebe, Beherbergungsbetriebe und Gaststätten.
Modul in Holzbauweise
Auf der verwilderten ehemaligen Minigolfanlage neben dem Hallenbad in Watzenborn-Steinberg wird noch dieses Jahr ein temporäres Heim für Frauen mit ihren Kindern, die aus der Ukraine flüchten mussten, entstehen. Mit dem Kreis soll ein Vertrag ausgehandelt werden. Dieser wird den Bau eines zweigeschossigen Moduls in Holzbauweise für bis zu 56 Personen an dieser Stelle in Auftrag geben. Die Mehrheit des Sozialausschusses wie auch des Haupt- und Sozialausschusses empfahl in einer gemeinsamen Sitzung die Umsetzung dieses Vorhabens. Die finale Entscheidung trifft das Parlament am 21. Juli. Der Kreis schafft bekanntlich fünf solcher Module für 13,5 Millionen Euro an.
Uwe Happel (SPD), der über das Projekt informierte, hatte an diesem Abend eine Doppelfunktion. Er ist Vorsitzender des Sozialausschusses und arbeitet in der Stabsstelle Wirtschaftsförderung des Kreises. Da die hochwertigen, energieeffizienten Festbauten einiges kosten, will der Kreis einen Rückkauf mit den Kommunen vereinbaren. Wie sich der Rückkaufwert berechnet, stand am Montag in der Kritik. Dennoch wurde bereits eine Grundsatzempfehlung mehrheitlich beschlossen, den Platz zur Verfügung zu stellen, wenn die Vertragsbedingungen stimmen.
Der Kreis denkt an eine Nutzung von drei bis acht Jahren. Danach könnte in dem Haus eine Wohngemeinschaft für Auszubildende entstehen. In Fulda gebe es ein erfolgreiches Projekt mit 100 Azubis, das man sich vonseiten des Kreises angesehen habe. Die Industrie- und Handelskammer wie auch die Kreishandwerkerschaft hätten Interesse an dem Vorhaben angemeldet.
Doch stehen die ukrainischen Geflüchteten derzeit noch im Mittelpunkt. 50 bis 60 würden aktuell täglich in die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Gießen kommen. Einige davon würden andernorts unterkommen. Der Rest müsse im Kreis untergebracht werden. Der Landkreis sei mit seinen Unterbringungsmöglichkeiten am Limit. Nach dem Ende der Nutzungsphase als Flüchtlingsunterkunft müsse die Stadt Pohlheim das Gebäude übernehmen und im Gegenzug helfe man, dort einen Azubi-Campus einzurichten. Als Betreiber komme eine Baugenossenschaft in Betracht oder eine gemeinnützige Organisation.
Reiner Leidich war zwar der Meinung, dass den Flüchtlingen geholfen werden muss, »aber wir bekommen vom Kreis eine Vorlage. Das muss auf diesem Grundstück passieren, und ein Azubi-Campus soll entstehen. Das darf man nicht so koppeln«, betonte der Grüninger Stadtverordnete. »Das ist nicht sinnvoll.« Er regte eher eine Folgenutzung als Kindergarten an. Peter Alexander sprach von einer »mehrfachen WinWin-Situation«, merkte aber auch an, dass über die Ablösesumme gesprochen werden müsse.
»Einseitiges Risiko der Stadt«
Andreas Schuch von den Freien Wählern fand die nachhaltige Nutzung »unausgegoren« und kann sich eher ein Familienzentrum dort vorstellen. Melanie Neeb (CDU) warnte vor einem »einseitigen Risiko der Stadt«. Und Erich Klotz (FW), selbst Unternehmer, verwunderte, dass sich die Kreishandwerkerschaft für den Azubi-Campus interessiere.
Professor Helge Stadelmann (CDU) war »vieles unklar. Es wird händeringend nach Azubis gesucht, die wohnen zuhause oder wollen unabhängig ihr Zimmer haben. Dass sie in einem solchen Verbund sind, ist mir neu. Die Lehrlingsausbildung als Campuslösung ist ein Experiment«. Happel gab unumwunden zu: »Ja, es gibt Unwägbarkeiten. Wir müssen einfach einmal anfangen. Der Krieg um Talente hat allerorten bereits begonnen.«