Der Star im Weitershainer Wald

Der scheue Geselle Schwarzstorch profitiert vom »sozialen Wohnungsbau« und einer neuen Schutzzone in Weitershain.
Grünberg . (eww). Das Flugtier ist scheu und mag keine große Veränderung. Es lebt nicht nur in Weitershain, doch weltweit hat es Seltenheitswert. Nur noch 16 000 bis 20 000 Exemplare der Schwarzstörche ziehen Kreise im Himmel, im Grünberger Stadtteil lebt ebenfalls ein Paar.
Der scheue Genosse und seine Frau standen am Mittwoch im Mittelpunkt einer Station auf der Sommerreise der hessischen Umweltministerin Priska Hinz (Grüne), die anschließend in Reiskirchen ein besonderes Streuobstwiesen-Projekt aufsuchte (Bericht folgt).
Im Weitershainer Wald ist der Schwarzstoch der Star. Er galt gleich am Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland als ausgerottet, weil er in Teichen seine Leibspeise Fische fing und ihn daraufhin Flintenmänner ins Visier nahmen. Doch ganz verschwunden war er nicht, denn 1981 wurden in Waldeck-Frankenberg, wo einst die letzten Exemplare ausgerottet worden waren, wieder Nachfahren gesichtet. Ein Staufenberger - Martin Hormann vom Landesbetrieb HessenForst - weiß all das und viel mehr über die Störche.
Plattform in der Höhe
Er trägt seit zwei Jahren Sorge dafür, dass der scheue Großvogel, der schon lange auf der roten Liste steht, wieder in den Buchenkronen einen guten Platz findet. Dafür wird schon einmal mit »sozialem Wohnungsbau« im Wipfel, will heißen einer Nestplattform, nachgeholfen.
Beim Blick ins Spektiv konnte die Umweltministerin jedenfalls im kühlen Weitershainer Wald einen der verlassenen Horste genau inspizieren. Hormann verrät keine genauen Standorte, damit der Schwarzstorch, der einen GPS-Tracker trägt, ungestört an einer weiteren Stelle tiefer im Wald leben kann. Neben Weitershain gibt es im Kreis zwei weitere Refugien.
Seit 2010 liebt der Stelzenvogel das Areal, in dem er und seine Partnerinnen schon an vier Plätzen gesichtet wurden. Auch Nachwuchs blieb da nicht aus, um die Art weiter zu erhalten. Zwei bis vier Eier werden im Jahr ausgebrütet. Allerdings machte Hormann deutlich, dass die schon länger andauernde Trockenheit dem Sensibelchen Probleme macht und nicht die Brutquote der Vorjahre erreicht wird.
Rundum kein Forstbetrieb
Umweltministerin Hinz hatte einen Vertrag mitgebracht, in dem festgelegt ist, dass der Schwarzstorch auch zukünftig ungestört bleibt. Auf 200 Metern rund um den Horst darf im Staats- und Kommunalwald auf 13,5 Hektar nur in Ausnahmenfällen der Forstbetrieb aufrecht erhalten werden. Alles soll so bleiben, wie es der Schwarzstorch liebt. Auch die Bejagung in dem Bereich ist eingeschränkt.
Da auch Stadtwald betroffen ist, unterzeichnete zudem Grünbergs Bürgermeister Marcel Schlosser (CDU) den Schutzzonen-Vertrag, der dem Storch ein schönes Zuhause auf Dauer verheißt. Der Vertrag ist auf ein Jahrzehnt ausgestellt. Auch die Weitershainer Ortsvorsteherin Anita Weitzel schaute vorbei, die bei ihren Spaziergängen im Wald den dunklen Stelzenvogel schon öfter gesehen hat.
Sensible Arten
In einer Pressemitteilung weist das Umweltministerium darauf hin, dass die Schutzzonen nicht von ungefähr ausgewiesen werden. Windkraftanlagen würden Schwarzstorch, Rotmilan und Bechsteinfledermäuse in ihren Lebensräumen stören. Da aber Windkraft auf zwei Prozent der Waldfläche mittlerweile im Land Vorrang habe, gebe es Ausgleichsmaßnahmen wie diese.
In einer Rede nannte Hinz die Region zwischen Taunus und Osthessen einen »Hotspot der Diversität.« Den Akteuren vor Ort dankte sie für ihr Engagement für den Storch. Die Umweltministerin verwies darauf, dass 42 Prozent der Landesfläche bewaldet seien. Der Ausbau an erneuerbaren Energien stehe im Vordergrund.. Der Windanlagenbau sei seit 2020 schnell vorangetrieben worden, immer »im Einklang mit der Natur, nicht auf deren Kosten«.
Grünbergs Bürgermeister Schlosser freute sich über »das Naturereignis, dass der Storch hier siedelt«. Um die Nachhaltigkeit müssten sich alle kümmern.
»Keine gesunde Buche mehr«
Zur Vertragsunterzeichnung war auch der Präsident des hessischen Waldbesitzerverbandes, Carl Anton Prinz zu Waldeck und Pyrmont, gekommen. Er nahm sich des Themas »Klimakrise« an: »Eine gesunde Buche sieht man gar nicht mehr.« Die Waldeigentümer müssten in den nächsten Jahren 400 Millionen Euro für den Naturschutz ausgeben. Er fragte sich daraufhin, was der Wald in Zukunft noch umsonst liefern könne. Es müsse darüber nachgedacht werden, die CO2-Speicherung im Wald zu vermarkten.
Der Wald sei zudem ein Energielieferant, und seine Eigentümer würden gerne Flächen anbieten, um mehr Energie zu gewinnen, gerade vor dem Hintergrund der Folgen des Kriegs gegen die Ukraine.
Ralf Jäkel, der Leiter des Forstamts Wettenberg, meinte dann auch, dass es viele Dinge gebe, die Sorge bereiteten. Er durfte den heimischen Forstbetrieb vorstellen, der Projekte wie den Schutz des Feuersalamanders und des Laubfrosch am Start hat.
6000 Hektar Staats- und 8000 Hektar Kommunalwald würden vom Wettenberg aus zusammen mit 700 Hektar Markwald, der einzigartig in der Region sei, betreut. Es gebe neun Förstereien in zwölf Kommunen. Für Grünberg ist der Revierförster Hannes Wollmerstädt zuständig. Im Forstamt würden 34 Mitarbeiter beschäftigt.
15 Prozent stillgelegt
Auch seine Kinder fragten ihn mittlerweile, was man ihnen hinterlasse. 15 Prozent des Staatswaldes im Kreis seien bereits aus der Nutzung genommen worden. Der Naturschutz werde großgeschrieben. Es gebe Projekte, um seltene Arten zu erhalten. Dies sei ein weiteres. In diesem Zusammenhang hob Jäkel seinen Vorgänger Harald Voll hervor, der den Schwerpunkt bereits gesetzt hatte. Es gehe jetzt darum, die Feuchtigkeit in den trockenen Wald zu bringen. Es würden daher verstärkt Himmelsteiche in den Wäldern ausgehoben. In der Hoffnung, dass sich diese natürlich befüllten.
Von den weltweit bis zu 16 000 Exemplaren des Schwarzstorchs leben 700 in Deutschland, sagt Martin Hormann. Von 56 Brutpaaren in Hessen hatten 53 Nachwuchs. Mittlerweile seien 70 Prozent der Population bundesweit geschützt, aber der Zug der Stelzenvögel von und nach Afrika fordert viele Opfer, unter anderem aufgrund von ungesicherten Stromüberlandleitungen. In Hessen sind diese Leitungen abgeschirmt. Der Mangel an Feuchtigkeit im Wald setzt der Art zu, die zur Gattung der Stelzvögel gehört. »Ciconia nigra«, so der lateinische Name, liebt geschlossene Wälder, Still- und Fließgewässer. Leckerei auf dem Speiseplan sind Forellen. Die Horste sind eher rundoval mit Maßen von etwa 1,50 mal 1,20 Meter bei einer Höhe von rund 50 Zentimetern. Dort hinein werden zwei bis vier Eier gelegt.
(ww/Wikipedia/Wikiwand)
