Eingesunkene Kuh eingeschläfert

Eine schwierige Tierrettung nimmt ein tragisches Ende in Linden. Eine Kuh musste eingeschläfert werden. Feuerwehrleute wurden im Internet beschimpft.
Linden . Auch mit vereinten Kräften konnte einer Kuh im Lückebach-Renaturierungsgebiet »Rohrwiesen« nicht geholfen werden. Mit 36 Einsatzkräften waren am Samstag die Feuerwehr Linden und die Spezialisten für Großtierrettung im Landkreis Gießen aus Reiskirchen vor Ort, um einem im Schlamm versunkenen Rind der Rasse Rotes Höhenvieh zu helfen. Immerhin 600 bis 700 Kilogramm bringt so ein Tier auf die Waage, das in Panik nicht erkennen kann, dass es gerettet werden soll.
Völlig entkräftet
In Abstimmung mit der Halterin und einem Veterinärmediziner wurde zuletzt das völlig entkräftete Tiere eingeschläfert. Es war dies für alle Beteiligten der dritte Einsatz dieser Art seit der Renaturierung der Rohrwiesen. Während die erste Kuh seinerzeit ertrank konnte im vergangenen Jahr zwar ein Tier durch die Einsatzkräfte aus dem Schlamm gezogen werden, jedoch wurde es in Gießen in der Veterinärklinik aufgrund seiner erlittenen Verletzungen letztlich eingeschläfert.
Diese beiden Szenarien vor Augen erwies sich der erneute Kuhrettungseinsatz auch für die beteiligten Einsatzkräfte als nicht gerade einfach. Wie Einsatzleiter Sebastian Gebauer von der Lindener Feuerwehr mitteilte, sei ein solcher Einsatz für alle Beteiligten unbefriedigend, habe man sich doch das retten und nicht bergen auf die Fahnen geschrieben. Ein Radbagger stand schon vor Ort bereit, aber ein geeigneteres Kettenfahrzeug konnte nicht kurzfristig herbeigeholt werden. Man hätte die Kuh zunächst freigraben müssen, um ihr dann ein Hebegeschirr anzulegen. Und auch die Besitzerin der bereits alten Kuh, die den Einsatz zahlen muss, hat dabei ein Wörtchen mitzureden.
Vor Ort zeigte sich zudem, wie schwierig es sein kann, an einem Wochenende einen Veterinär zu erreichen. Sind für solche Fälle zwar Ansprechpartner und Kontakte vorgesehen, doch wenn Anrufe ins Leere laufen, ist das der Sache nicht förderlich. Ebenso wenig wie unmittelbar noch während des Einsatzes in den sozialen Medien verbreitete Fehlinformationen.
Keine »Nichtstuer«
Es mag zwar für Außenstehende den Eindruck erwecken, wenn 36 Einsatzkräfte mit sieben Fahrzeugen vor Ort sind, sich unterhalten, Gerätschaften transportieren und ihren Fokus nicht auf die Kuh gerichtet haben, dass hier wie verbreitet »Nichtstuer« am Werk sind. Es ist nun einmal so, dass auch Einsatzkräfte auf die Unterstützung anderer in Sondersituationen wie dieser angewiesen sind. Deshalb wurde der Kommentar dann auch vom Gruppenadministrator gelöscht.
Gerade diese Fehlinformationen veranlassten im Nachgang des Einsatzes Lindens Stadtbrandinspektor Dr. Alexander Weiß zu einer Stellungnahme. »Die Feuerwehr ist in enger Absprache mit einem Vertreter der Besitzerin und Veterinären tätig geworden. Die Einschätzung, ob eine Rettung Aussicht auf Erfolg hat und die Entscheidung, ob die Rettung durchgeführt werden soll, wurde somit nicht durch die Feuerwehr getroffen. Auch wurde der Einsatz von Baggern nicht durch die Feuerwehr verhindert, sondern im Gegenteil, der Bagger wurde durch uns hinzugezogen, genauso wie alle anderen Einsatzmittel, die für eine Rettung notwendig gewesen wären. Von außen gesehen, mag es vielleicht wirken, als würden Einsatzkräfte ›nur‹ zuschauen. Fakt ist aber, dass alle Maßnahmen wohldurchdacht und im Sinne des Tierwohls erfolgt sind. Dazu gehört es auch, unnötige und unkoordinierte Maßnahmen am Tier zu unterlassen, um es nicht weiter zu stressen. Auch für uns ist es nicht schön, wenn der Zustand des Tieres keine Aussicht auf eine erfolgreiche Rettung erlaubt, aber auch diesen Umstand müssen wir am Ende leider akzeptieren.«
Der Lindener Feuerwehr verhielt sich vorbildlich beim Umgang mit den sich in der Nähe aufhaltenden Kühen. Mit einer Absperrung wurde verhindert, dass diese sich zu ihrem Herdenmitglied gesellten.
Bei den Rohrwiesen handelt es sich um ein 14 Hektar umfassendes renaturiertes Gelände, das sogar über einen Kuhtunnel verfügt.
Von Passanten bemängelt wurde allerdings während des Einsatzes, dass hier die Befestigung des Randes in den vergangenen Jahren vernachlässigt wurde, und es deshalb zu den Kuhunfällen in jüngster Vergangenheit gekommen ist.