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Es fährt ein Bus nach Nirgendwo

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Die Linie FB52 von Lich nach Butzbach fährt durch Birklar. Ob der Bus dort hält? Auf dem Fahrplan ist dies nicht zu erkennen. Foto: Schäfer © Schäfer

Im Fahrgastbeirat gab es Kritik an Überlandlinien mit uneinheitlichen Verläufen. Ein Beispiel ist die Linie 52 von Lich nach Butzbach.

Kreis Gießen (rsc). Eine »äußerst kundenfeindliche Fahrplangestaltung« außerhalb der Stadtgrenzen von Gießen prangerte Dennis Eberhard, Mitglied des Fahrgastbeirats, in dessen Sitzung an. Exemplarisch nannte er die Linie 52 von Lich in Richtung Butzbach.

Diese Linie weise an Schultagen 21 Fahrten auf, von denen aber nur 15 ihr Ziel erreichten. »Teils fahren die nur ›mittendrin mal› von einer Haltestelle zur nächsten.« Diese 15 Fahrten, von denen die wenigsten bis ans Ziel Butzbach führten, hätten zwölf verschiedene Wege: Mit Griedel oder an Griedel vorbei, durch Gambach oder nur unten an der Bundesstraße. Mit Eberstadt oder ohne. Über Münzenberg-Trais-Birklar oder aber direkt über den Klosterwald nach Lich. In Lich über Krankenhaus oder auch nicht. Oder nur bis Brunnenstraße. Oder auch gar nicht. Manchmal auch nur bis zum Bahnhof. Mal über Stadtturmcenter, mal über Kirchhofsgasse. Auf dem Rückweg in Butzbach mal über Einkaufszentrum Ost, mal auch nicht. Mal über Friedhof und Parkdeck Marktplatz, mal auch nicht. Dann mal über Limesgalerie, mal aber auch nicht. »Und um die Verwirrung komplett zu machen: Mal über Koppelwiese, wo aber grundsätzlich niemand ein- oder aussteigt. Und alle diese Busse tragen die gleiche Liniennummer«, beklagte Eberhard.

Stehe nun am Bus »52 Butzbach Bahnhof« dran, habe der Fahrgast keinen blassen Schimmer, wo dieser Bus langfahre und ob er dort halte, wo er hin wolle. In der Konsequenz werde lieber das Auto genutzt. Linien dienten dazu, Fahrten zu bündeln und begreifbar zu machen. »Das ist einfach unbegreiflicher Irrsinn. Eigentlich müsste hier jede einzelne Fahrt eine andere Liniennummer tragen.«

Dazu kämen noch an den Haltestellen »absolut unleserliche Fahrpläne«. Und selbst wenn man diese entziffern könne, finde man nur den Fahrtverlauf in drei Zeilen als Text hintereinander. Ob da sämtliche Halte angegeben seien, wisse man nicht. »Das heißt, ich habe auch am Fahrplan keinerlei Überblick, wo der Bus eigentlich lang fährt.«

Eberhard führte als Gegenbeispiel Österreich an. »Dort ist an jeder Provinzhaltestelle ein Linienplan, an dem ich mich orientieren kann, welche Linie eigentlich in meine Richtung fährt. Fehlt bei uns völlig.« Zudem gebe es für jede Linie übersichtliche Kursbuchtabellen, bei denen man auf den ersten Blick ersehen könne, welche Fahrt zu welcher Zeit welche Haltestellen bedient. Und wenn zwischendurch die Verstärkerfahrten teils einen anderen Laufweg hätten, dann hätten diese eine andere Liniennummer oder diese sei durch einen Buchstaben ergänzt.

Die Holländer hätten vor 100 Jahren den Taktverkehr erfunden. In welchem Takt man nun fahre, hänge von der Nachfrage ab. »Aber Takt heißt, dass es wiederkehrend einheitlich ist. Damit der Fahrgast sich nur eine Abfahrts-Minute merken muss.« Verpasse er einen Bus, wisse er automatisch, wann der nächste fahre. Eberhard nannte erneut als Beispiel die Linie 52, jeweils Abfahrt Lich Bahnhof Richtung Birklar - Muschenheim: »Die Abfahrtszeiten sind 8.43, 9.38, 11.34, 12.14, 13.46, 14.40, 15.36 und 16.39 Uhr. Können wir uns das merken? Ich nicht.«

Für die Busse wurde eine bessere Ausschilderung der Behindertensitzplätze gefordert. Sven Germann, Leiter des Behindertenbeirates, und Behindertenbeauftragter Samuel Groß regten für die Haltestellen mehr und barrierefreie Sitzgelegenheiten an, die zudem zehn Zentimeter höher sind. Landrätin Anita Schneider (SPD) kündigte an, dies mit den Bürgermeistern besprechen zu wollen.

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