1. Startseite
  2. Kreis Gießen
  3. Kreis Gießen

»Hand in Hand« mit Lumdatalbahn

Erstellt:

gikrei_0402_Allendorf_Di_4c
Auf dem Podium: Thomas Benz, Daniela Watzke, Roland Meuschke, Kathrin Schleenbecker, Manfred Lotz, Klaus Zecher und Sebastian Schwarz (v. l.). Foto: Wisker © Wisker

Über die Zukunft ihres Allendorfs im schönen Lumdatal diskutierten nicht nur die Bürgermeisterkandidaten. Dabei ging es um das Mehrgenerationenquartier und natürlich die Lumdatalbahn.

Allendorf . »Allendorfer Zukunft gestalten« - die Podiumsdiskussion der Vereine Lumdatalbahn und »Hand in Hand - Neue Altstadt Allendorf« hatte für ein proppenvolles Bürgerhaus gesorgt. Sind doch sowohl die Reaktivierung der Lumdatalbahn als auch die Entwicklung der Innenstadt zu einem Mehrgenerationen-Quartier ambitionierte Projekte.

Auf dem Podium saßen neben den Vereinsvorsitzenden Manfred Lotz (Lumdatalbahnverein) und Roland Meuschke (Hand in Hand) noch Katrin Schleenbecker (Landtagsabgeordnete, Bündnis90/Die Grünen), Daniela Watzke (Genossenschaftsverband), Klaus Zecher (DGB Gießen) sowie Bürgermeister Thomas Benz (FW) und Bürgermeisterkandidat Sebastian Schwarz (SPD). Moderiert wurde der Abend von Klaus Pradella (Journalist und HR-Reporter).

Alle Generationen

Während die Reaktivierung der Lumdatalbahn schon seit Jahrzehnten engagiert und umtriebig vorangetrieben wird, mag sich so mancher gefragt haben, was es denn genau mit der »Neuen Altstadt« auf sich hat. Roland Meuschke erläuterte das Vorhaben, das sich der 2021 gegründete Verein auf die Fahne geschrieben hat. Kurz gesagt: Jeder soll selbstbestimmt auch bis ins hohe Alter in den eigenen Wänden leben können. Dazu soll ein Bereich des alten Ortskerns umgestaltet werden. Entstehen soll Wohnraum für alle Generationen, eine Tagespflege und unterstützende Hilfe im Alltag sind die weiteren Stichworte. Das Vorhaben wurde im August 2021 mit dem Innovationspreis des Landes Hessen ausgezeichnet, dafür gab es 20 000 Euro. Weitere Fördermittel in Höhe von 250 000 Euro wurden dem Projekt im Herbst 2021 zugestanden.

Nun soll eine Genossenschaft ins Leben gerufen werden. Und das ist laut Meuschke mit der Erstellung eines Businessplans verbunden. »Das ist die größte Hürde für uns angesichts steigender Baukosten und Zinsen«, so der Vorsitzende von »Hand in Hand«. Der Vorteil einer Genossenschaft liegt klar auf der Hand: Hier können sich viele Bürger beteiligen, es geht nicht um Gewinnmaximierung. Klaus Zecher betonte, dass es gerade der Solidaritätsgedanke sei, der eine Genossenschaft trage.

Um das alles auf den Weg zu bringen, brauche man nun noch eine Anschubfinanzierung durch das Land Hessen. »Wir brauchen die Hilfe der Landes- und auch der Kommunalpolitik. Wir wollen die Altstadt wieder zum Mittelpunkt der Stadt machen«, appellierte Roland Meuschke.

Daniela Watzke wies darauf hin, dass man in ländlichen Räumen vermehrt auf Genossenschaften setze, um »gemeinsam ein Ziel zum Wohle aller« zu erreichen. Die Mitglieder seien Nutznießer und Mitfinanzierer zugleich.

Kathrin Schleenbecker lobte das Projekt. »Kann Herr Meuschke mit Geld vom Land rechnen?«, hakte Pradella nach. Sie sei sich sehr, sehr sicher, auch wenn sie das nicht versprechen könne, entgegnete die Grünen-Landtagsabgeordnete und machte darauf aufmerksam, dass auch die EU entsprechende Fördertöpfe habe.

Bürgermeister Thomas Benz (FW), der eine Wiederwahl anstrebt, sicherte dem Projekt seine Unterstützung zu. »Im Rahmen der Möglichkeiten«, fügte er angesichts eines recht leeren Stadtsäckels hinzu. Er sei von der Idee absolut überzeugt. Benz verwies auf einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, in dem der »Neuen Altstadt« Unterstützung zugesagt wurde. Die Stadt, so Sebastian Schwarz, habe die Aufgabe, bei der Gründung der Genossenschaft beizustehen und müsse sich einbringen, damit der Businessplan auf den Weg gebracht werde. Da hier auch die Finanzierung durch Fördermittel einkalkuliert werden müsse, solle man alle Fördermöglichkeiten ausnutzen und gemeinsam mit den Initiatoren in Wiesbaden vorsprechen.

Seniorenheim

Pradella fragte nach, ob denn eine Tagespflegeeinrichtung nicht den Äußerungen der Kandidaten zu einem möglichen Seniorenheim in Allendorf entgegen stehe. »Ich habe nie gesagt, wo das hin soll. Das kann durchaus auch in der Altstadt entstehen«, so Schwarz. Die Tagespflege gehöre definitiv in die Altstadt, doch müsse man sich auch Gedanken machen für den Fall, dass die Tagespflege oder Pflege durch die Angehörigen nicht ausreiche. Die Schwierigkeit sei, einen Betreiber zu finden, der nicht vom Fachkräftemangel gebeutelt sei.

Benz erklärte, seine Vorstellung sei, dass Menschen in allen Lebensabschnitten in ihrem Heimatdorf bleiben dürfen. »Auch wenn sie Pflege brauchen.« Er denke an eine Seniorenresidenz, in der es Betreutes Wohnen gebe, man aber auch bleiben könne, wenn man intensiverer Pflege bedürfe. Sowohl Benz als auch Schwarz sahen keinen Widerspruch, sondern plädierten für beide Lösungen - Tagespflege und Seniorenheim.

»Never ending story« - zur gefühlt unendlichen Geschichte der Reaktivierung der Lumdatalbahn gab Manfred Lotz einen kurzen Sachstand. Nachdem klar war, dass der Mainzlarer Standort von RHI Magnesita bleiben soll, hing die Fortführung des Werks von der Bedingung ab, dass die Güter per Schiene transportiert werden können. Dafür gab es grünes Licht. Die Hessische Landesbahn (HLB), so Lotz, habe die Strecke von Lollar bis Mainzlar von der Deutschen Bahn (DB) gekauft. »Wenn der Güterverkehr steht, dann sollte die weitere Planung zügig und durchgängig bis Londorf gemacht werden.«

Marian Zachow (CDU), Erster Kreisbeigeordneter des Landkreises Marburg Biedenkopf und Preisträger des Fahrgastpreises 2022/23 vom Fahrgastverband Pro Bahn, hat 2018 mit der Reaktivierung zweier Strecken in seinem Landkreis begonnen. »Es braucht Entlastung beim Verkehr und beim Klima.« Die Verkehrswende habe eigentlich schon begonnen, immer weniger junge Leute machten den Führerschein und wollten auch nicht unbedingt ein eigenes Auto. Eine gute Anbindung an den ÖPNV sei ihnen wichtiger. Zudem habe die Historie gezeigt, dass Städte und Gemeinden mit Bahnanschluss floriert hätten.

Nase vorn

Und auch heute sei genau dies wichtig für die Zukunftsfähigkeit der Kommunen. »Entlang der Schiene wächst die Bevölkerung, gedeiht der Tourismus, Ballungsräume werden entlastet. Eine Reaktivierung hat auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen. In 20 bis 30 Jahren werden die Kommunen, die an die Bahn angebunden sind, die Nase vorn haben«, prognostizierte Zachow.

Auch Sebastian Schwarz meinte, die Lumdatalbahn sei »sehr, sehr wichtig für die Region«, das hätten zum Beispiel Gespräche mit Gewerbetreibenden ergeben. Thomas Benz ist überzeugt, dass sich »vieles verbessert, wenn die Bahn wieder kommt.«

Neuigkeiten aus Wiesbaden konnte Kathrin Schleenbecker nicht vermelden, sie hoffe aber, »dass wir bald auf die Schiene kommen«. Dass die Teilreaktivierung Lollar-Mainzlar geklappt habe, sei auf jeden Fall ein gutes Zeichen. Klaus Zecher sprach von »Ankündigungspolitik«. Von Politikern erwarte er jedoch, »dass sie umsetzen, was sie sagen«.

Auch interessant