Hochwasser auf dem Rückzug

13 größere Hochwassereinsätze gab es im Kreis Gießen von Freitag bis Sonntag. Gleich drei Autos mit abgesoffenem Motor mussten auf der Lahnparkstraße aus den Fluten gezogen werden.
Kreis Gießen (dge/ klk/ vb/ ww/ imr). Hochwasser und Windböen hielten die Feuerwehren am Wochenende auf Trab. Doch die bisher höchsten gemessenen Pegel am Lahn-Klärwerk von 6,76 Meter laut Kreisbrandinspektor Mario Binsch wurden bei weitem nicht erreicht. Nur bis 6,29 Meter stieg das Wasser an, fiel dann um drei Zentimeter um wieder auf die gleiche Höhe am Montagabend anzusteigen, weil es erneut regnete.
Erst ab 6,50 Meter Wasserstand wird die höchste Warnstufe drei ausgerufen, ab sechs Metern zunächst die Stufe II, die derzeit gilt. 13 größere Einsätze wurden vom Kreisbrandinspektor von Freitag- bis Sonntagabend gezählt. Da der Wind heftig pfiff, waren auch vier umgefallene Bäume zu beseitigen. Und nicht nur ein Auto musste auf der an sich gesperrten Lahnparkstraße zwischen Heuchelheim und Dutenhofen aus den Fluten geholt worden, es waren dann insgesamt drei. Feuerwehrleute dichteten mit Sandsäcken einen Deich am Inheidener See ab und pumpten einige Keller im Kreisgebiet aus.
Mit Schneeschmelze anderer Ausgang
»Wir hatten diesmal keine Schneeschmelze, deshalb ist das Hochwasser nicht so massiv ausgefallen.« 4500 Sandsäcke zum Abdichten stehen im Kreisgebiet zur Verfügung, hatte sich Binsch bereits vor dem Wochenende vorsorglich erkundigt. Weitere 10 000 leere Säcke finden sich in Heuchelheim zum maschinellen Füllen. Millionen davon würden zudem in Wetzlar in einem Landeszentrallager für den Einsatz aufbewahrt.
Der Heuchelheimer Gemeindebrandinspektor Roland Kraus berichtete auf Anfrage, dass sich die Lage »ein bisschen entspannt« habe. Da die Pegel stabil seien und bei der Lahn nicht mehr weiter steigen, müsse man nicht mit weiteren Überflutungen rechnen, »wenn kein weiterer Regen fällt«. Kraus geht davon aus, dass die Lahnparkstraße Richtung Dutenhofen wieder freigegeben werden könne, wenn der Pegel unter 5,85 Meter sinkt. Im Ort habe es keine Schäden gegeben.
Lediglich ein Fußweg im Bereich der Kirchstraße sei auf einer Länge von 100 Metern überflutet worden. Dies habe aber keine Häuser betroffen. »Die Lage müsste sich weiter entspannen. Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen«, bilanzierte der Gemeindebrandinspektor.
»Bis auf einen kleineren Einsatz, bei dem die Feuerwehr im Seegebiet vorsorglich Sandsäcke gesetzt hat und einige Kleingärten unter Wasser stehen, sind wir diesmal davongekommen«, zog dann auch Hungens Bürgermeister Rainer Wengorsch Bilanz. Vor zwei Jahren waren Teile der Einfriedung des Riedbachs unterspült worden und die Fluten setzten zahlreiche Häuser unter Wasser. »In der Zwischenzeit sei der Riedbach geräumt worden und die Ausspülungen wieder instandgesetzt worden«, sagte Wengorsch dem Anzeiger. Die Maßnahmen hätten Wirkung gezeigt.
In Langgöns gab es kein Hochwasser. Gemeindebrandinspektor Thomas H. Heckrodt informierte auf Anfrage: »Bei uns ist alles in Ordnung, wir haben kein Hochwasser.« Am Wochenende sei es grenzwertig gewesen, »aber inzwischen fallen die Pegel, die Situation hat sich etwas entspannt.«
Vor allem in Niederkleen überflutet der Kleebach regelmäßig, unter anderem aufgrund seines geringen Gefälles in der Ortslage, das Dorf. Diesmal ist es bislang gut gegangen. Die Gemeinde Langgöns hatte im vergangenen Jahr zur Sicherung extra mobile Hochwasserschutzwände angeschafft.
Am Freitagmorgen war die Landesstraße zwischen Laubach-Gonterskirchen und Ulfa stellenweise überflutet und musste gesperrt werden. Hier war die Horloff über die Ufer getreten. Am Samstag und Sonntag habe sich die Lage rund um Laubach allerdings wieder entspannt, betonte Bürgermeister Matthias Meyer.
Lage »sehr knapp, aber ruhig«
Wie Busecks Gemeindebrandinspektor Torsten Nicolai mitteilte, war die Lage »sehr knapp, aber ruhig« und es gab keine Einsätze für die Feuerwehr. Das gelte auch für den Krebsbach in Beuern, der in der Vergangenheit gerne mal über die Ufer trat. Nicolai meinte, hier mache sich die neu geschaffene Fläche aus Richtung Allertshausen kommend bemerkbar, auf die das Wasser abgeleitet wird.
Zwar sei der Wasserstand der Lumda höher als normal, doch nennenswerte Einsätze gebe es in den anliegenden Kommunen nicht. Marco Kirchner, Stadtbrandinspektor in Lollar, berichtete von engmaschigen Kontrollen, doch Einsätze habe es keine gegeben. »Gar nix«, fasste es Staufenbergs Stadtbrandinspektor Oliver Ortwein kurz und bündig zusammen. Von einer ruhigen Lage sprach auch Michael Carl, Stadtbrandinspektor in Allendorf/Lda. »Alles im grünen Bereich«, so Carl. Das bestätigte auch Rabenaus Gemeindebrandinspektor Markus Göbel und meinte, dass dies auch den Regenrückhaltebecken zu verdanken sei.
Das Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie teilt mit, dass im Laufe des Sonntags die Wasserstände in weiten Teilen Hessens stark angestiegen seien, im Zuge der nachlassenden Niederschläge im Laufe des Montagmorgens jedoch leichte Entspannung eingetreten sei. Meldestufe 3 sei nicht erreicht worden, in Marburg wurde sie jedoch nur äußerst knapp verfehlt.
Lahn weiter am stärksten betroffen
Am stärksten betroffen sei nach wie vor die Lahn. Dort werde aktuell noch an drei Pegeln die Meldestufe II überschritten (Marburg, Gießen und Leun). Die Hochwasserwelle breite sich noch in der Lahn aus, allerdings sei nicht mehr mit einer Überschreitung der Meldestufe drei zu rechnen.
Im Laufe der Woche seien vereinzelt Schauer angesagt, und es werde kühler. Die Hochwasserlage entspanne sich dadurch in den nächsten Tagen. Die Hochwasserwellen verlagerten sich zunehmend in die Unterläufe - dadurch und durch einzelne Schauer würden allerdings voraussichtlich noch länger Meldestufen überschritten sein.
Aktuelle Werte und Hochwasservorhersagen sind unter hochwasser-hessen.de zu finden.
