Jeder kann mitmachen

Bürger können sich ab sofort am Windpark Staufenberg beteiligen
Kreis Gießen . Die Räder am Windpark in Staufenberg drehen sich seit Herbst vergangenen Jahres. Nichts besonderes, es gibt ja viele Windparks in Deutschland - könnte man einwenden. Doch hier handelt es sich um eine Anlage, bei der nicht irgendein Investor den Rahm abschöpft. Vielmehr ist die Windenergieanlage komplett in kommunaler Hand und die Bürger können sich direkt beteiligen. »Wir haben erreicht, was wir vor hatten - einen echten Bürgerwindpark«, erklärte Staufenbergs Bürgermeister Peter Gefeller (SPD) am Mittwochabend in der Staufenberger Stadthalle. Es sei das Ziel, dass möglichst viele mitmachten und so zur Energiewende beitragen würden. Das können übrigens nicht nur die Staufenberger, sondern auch andere Kreisbürger.
Unter die Lupe genommen
Wie das mit der Beteiligung geht, erklärten Uwe Kühn und Franz Borgmann vom Vorstand der Energiegenossenschaft Sonnenland, Norbert Mai (J+P-Gruppe) wies auf die umfangreichen Prüfungen hin, die das Vorhaben auf seine rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte genau unter die Lupe genommen hatten und auch Jan Weimer (Volksbank Mittelhessen) warb für das Projekt.
Die Sonnenland eG wurde 2010 gegründet, zählt aktuell 924 Mitglieder und »es kommen zur Zeit jeden Tag neue hinzu«, stellte Kühn die Genossenschaft vor. Diese hat schon reichlich Erfahrung in der Region mit Solarenergieanlagen aufzuweisen. Auch ihre Bilanz kann sich sehen lassen. Für 2021 etwa waren es 3,9 Millionen Euro, erwirtschaftet wurde ein Überschuss von 94 000 Euro. Wie Kühn berichtete, habe man von Anfang an mit einer Dividende von sechs Prozent gearbeitet. Seit 2015 gibt es auch den »SonnenlandStrom«, das heißt, man kann seinen Strom über die Genossenschaft beziehen. Schon beim ersten Projekt in Staufenberg, der Solaranlage Buchenberg, wurde die Energiegesellschaft Lumdatal gegründet, an der mehrere Kommunen beteiligt sind.
Doch zurück zum Windpark: Von der ersten Idee 2013 bis zur Verwirklichung vergingen zehn Jahre. Die nutzten sieben Kommunen, um einen gemeinsamen Flächennutzungsplan für die Ausweisung von Windvorranggebieten aufzustellen. Der wiederum floss ein in den Regionalplan Wind. Das alles ebnete den Weg für die ersten Planungen, die 2015 begannen. Kühn betonte, dass man als Genossenschaft sehr vorsichtig kalkuliere. Daher habe man sich für die Max Bögl GmbH als Generalunternehmer entschieden. In Kürze soll die Anlage dann an die Windpark Lumdatal GmbH übergeben werden. An dieser wiederum sind die Kommunen zu 50 Prozent, die Sonnenland eG zu 30 Prozent und die Volksbank Mittelhessen zu 20 Prozent beteiligt.
41,6 Millionen Euro hat das Projekt gekostet, 5,6 Millionen haben die Gesellschafter, also die Kommunen, Sonnenland und Volksbank, an Eigenkapital aufgebracht, 36 Millionen wurden über die GLS-Bank finanziert. Man rechnet mit einem Windertrag von rund 40,6 Millionen Kilowattstunden pro Jahr und einer Einspeisevergütung von knapp acht Cent.
»Der letzte Baustein sind die Bürger«, so Vorstandsvorsitzender Franz Borgmann. Denn erst, wenn man die Mitglieder im Rücken habe, werde der Windpark gekauft. 1,7 Millionen Euro, also 30 Prozent der Gesellschafteranteile, werden daher über die Sonnenland-Mitglieder finanziert.
Ähnlich wie bei anderen Finanzgeschäften gebe es immer ein Risiko, doch könne man seine Einlage nicht verlieren. Borgmann betonte jedoch, dass das Risiko hier relativ gering sei und man das Projekt im Vorfeld auf Herz und Nieren geprüft habe - mit einem äußerst positiven Ergebnis. Das hob auch Jan Weimer hervor, nicht umsonst würde sich die Volksbank hier einbringen und auch ihre Mitglieder wiederum in den Genuss einer Beteiligung kommen lassen.
Voraussetzung ist Mitgliedschaft
Um sich am Windpark zu beteiligen, ist eine Mitgliedschaft bei der Sonnenland eG Voraussetzung. Somit kommt man schon mal grundsätzlich in den Genuss einer Dividende, die über die verschiedenen Projekte der Genossenschaft erwirtschaftet wird. Ein Mitgliedsanteil kostet einmalig 100 Euro, eine Projektbeteiligung ist ab 1000 Euro möglich.
Für die direkte Beteiligung an der Staufenberger Windendergieanlage gewährt man zudem ein sogenanntes Nachrangdarlehen. Das heißt im Prinzip, man verleiht sein Geld und bekommt Zinsen dafür. Diese Darlehen laufen über rund 20 Jahre. Kalkuliert wurde mit einem durchschnittlichen Zinssatz von fünf Prozent. Borgmann wies darauf hin, dass dieser auch niedriger oder höher - zwischen null und elf Prozent besagt die Kalkulation - ausfallen könne - je nach Erträgen. Sonnenland-Stromkunden erhalten übrigens einen Bonuszins von 0,5 Prozent.
Um sein Interesse zu bekunden, muss man lediglich eine verbindliche Erklärung abgeben, in der man die gewünschte Beteiligungssumme einträgt. Die Zeichnungsfrist für die Beteiligung läuft bis zum 24. Juni, dann wird geschaut, wie viele Beteiligungswünsche es gibt. »Wenn es zu viele sind, wird von oben gekappt, so lange, bis wir bei 1,7 Millionen sind«, so Borgmann.
Weitere Infos gibt auf der Homepage der Genossenschaft unter www.sonnenland-eg.de.