Katzen in Annerod vergiftet

Tierärzte in Fernwald sind besorgt: Gift wird im Bereich um Sportplatz, Kindergarten und Bürgerhaus vermutet.
Fernwald , Mit schweren Krämpfen, starkem Speichelfluss und verengten Pupillen landete die schwarze Katze auf dem Behandlungstisch von Tierärztin Ina Kerkoff in Annerod. Trotz zweistündigen Kampfes um das Leben der Katzendame, war das Tier nicht mehr zu retten. Das geschah vor rund zwei Wochen.
In der Folgezeit erfuhr Kerkhoff von drei weiteren Anneröder Katzen mit ähnlicher Symptomatik, die teilweise direkt in der Tierklinik in Gießen behandelt wurden. Von dort bekam Kerkhoff die Rückmeldung, dass die vorgestellten Tiere wahrscheinlich vergiftet wurden. Glücklicherweise überlebten zwei Katzen. Alle betroffenen Tiere stammen aus der Gegend rund um Sportplatz, Bürgerhaus und Kindergarten.
Nagergift als mögliche Ursache
Bei dem Gift, so vermuten die Tierärzte, handelt es sich um das freiverkäufliche Nagergift alpha-Chloralose. »Die Symptome weisen deutlich daraufhin und auch die Tatsache, dass die Tiere recht schnell die typischen Vergiftungserscheinungen aufwiesen«, sagt Kerkhoff im Gespräch mit dem Anzeiger. Kürzlich brachte noch eine weitere Anneröderin ihre Katze in die Praxis. Das Tier zeigte ebenfalls Anzeichen einer alpha-Chloralose-Vergiftung, konnte allerdings rechtzeitig behandelt werden. So haben innerhalb von zwei Wochen fünf Katzen aus dem Umkreis Anneröder Sportplatz Vergiftungen erlitten, zwei davon starben qualvoll durch Ersticken. »Es sammelt sich in den Bronchien der Tiere sehr viel Sekret, was zu starker Atemnot führt«, sagte Kerkhoff.
Alpha-Choralose ist ein freiverkäufliches Gift gegen Nager und Vögel. Im Handel ist es in Köderform erhältlich. Das Gift soll bei Mäusen zu einem starken Abfall der Körpertemperatur und schließlich zum Tode führen. Aber auch für Katzen und Hunde ist der Stoff gefährlich. Entweder wenn, die Tiere es direkt aufnehmen oder durch eine sogenannte »Sekundärvergiftung« Schaden nehmen. Etwa, wenn sie eine zuvor vergiftete Maus fressen.
Auf einem Informationsblatt des Bundesverbandes praktischer Tierärzte heißt es, dass das Gift, in Körner- oder Pastenform nach Herstellerangaben nur während der kalten Jahreszeit und dann nur in geschlossenen Räumen verwendet werden darf. Andere Tiere oder gar Kinder sollten keinen Zugang haben. Problematisch werde es dann, wenn die vergifteten Mäuse nach draußen gelangen oder das Gift unerlaubt direkt im Freien ausgelegt wird. »Wir hoffen nicht, dass letzteres in Annerod der Fall ist«, sagte Kerkhoff. Ihr und ihren beiden Fernwalder Kolleginnen sei es daher wichtig, die Menschen zu sensibilisieren. »Für Hunde, Katzen und auch für Wildvögel wie Eulen oder Falken ist das Gift gefährlich«, sagte sie. Katzen fangen leicht eine angeschlagene Maus. »Schon zehn Gramm Köder reichen als letale Dosis für eine Katze aus«, sagte sie. Diese Menge könnte sich im Magen einer einzigen vergifteten Maus befinden. Bei Hunden liegt die tödliche Dosis je nach Körpergewicht deutlich höher. Erste Symptome einer Vergiftung mit alpha-Chloralose können schon 30 Minuten nach Einnahme auftreten.
Typisch sind Übererregbarkeit, Krämpfe, Muskelzittern, vermehrter Speichelfluss und verengte Pupillen. Katzen können zudem Untertemperatur entwickeln, starke Atemnot haben und sogar ins Koma fallen.
So schnell wie möglich zum Arzt
»Wichtig bei den ersten Symptomen ist, mit dem Tier sofort zum Tierarzt oder besser noch in die Tierklinik zu fahren«, sagte Kerkhoff. Gerade im Frühstadium sei die Vergiftung noch behandelbar. Die Ärzte versuchen etwa, die Körpertemperatur der Tiere zu erhöhen, legen Infusionen, um die Ausscheidung des Giftes zu beschleunigen und können krampflösende Medikamente geben. Die Ärztin hofft, dass Aufklärung dazu beiträgt, dass solche Fälle von vergifteten Haustieren nicht wieder vorkommen. »Es gibt andere, tierfreundlichere Möglichkeiten, Ratten oder Mäusen zu Leibe zu rücken«, sagte sie. Wer das Gift ausgelegt hat, ist bislang nicht bekannt. Aber vielleicht trage ja die Kenntnis über die Vergiftungen dazu bei, dass so etwas nicht wieder passiert, zumindest nicht aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit. »Wir hoffen sehr, dass kein böser Wille dahinter steckt.«