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Kompostieren dauert zu lange

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Von: Petra A. Zielinski

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Evi Bogner hat ihren Biomüll immer in diesen Tüten entsorgt. Jetzt weiß sie, dass diese wegen der kurzen Verweildauer in der Kompostierungsanlage nicht abgebaut werden. Foto: privat © privat

Der Landkreis Gießen rät dazu, keine Folienbeutel für Biomüll zu verwenden.

Kreis Gießen. Im festen Glauben, etwas Gutes für die Umwelt zu tun, hat Evi Bogner seit vielen Jahren ihre Bioabfälle in »Biotüten« getan, bevor sie diese in der grünen Tonne entsorgte. Diese als kompostierbar deklarierten Folienbeutel hat sie im Supermarkt gekauft. Umso größer war die Überraschung, als sie nun erfuhr, dass diese Tüten viel zu lange zum kompostieren brauchen und deshalb aussortiert werden.

Kürzlich hatte die Wißmarerin vergessen, eine volle grüne Tüte in die Tonne zu werfen, bevor diese von der Müllabfuhr abgeholt wurde. Sie erreichte gerade noch den Müllwagen, um ihre Tüte zu entsorgen, nur um vom Müllmann zu erfahren, dass diese Tüten im Landkreis Gießen nicht mitgenommen würden. »Auf meinen Hinweis, dass dann wohl viele Tüten nicht ordnungsgemäß in der grünen Tonne landen und dass die Tüten kompostierbar seien, zuckte der freundliche Müllmann nur die Schultern. Er wiederholte lediglich, dass der Landkreis diese ›Biotüten‹ nicht mehr akzeptiere«, erzählt Evi Bogner im Gespräch mit den Gießener Anzeiger. Außerdem berichtete sie dem Mitarbeiter, dass auch in ihrer Nachbarschaft viele Menschen genau diese Tüten benutzen würden.

»Recht und auch nicht Recht«

Hatte der nette Müllmann Recht? Evi Bogner wollte es nun genauer wissen und schrieb die Gemeinde Wettenberg an, die sie an die Abfallwirtschaft des Landkreises Gießen verwies. Dort erhielt sie die Antwort, dass der Müllmann »Recht und auch nicht Recht« hatte.

»Richtig ist, dass Stadt und Landkreis Gießen die Folientüten nicht in der Biotonne akzeptieren. Leider werden diese im Handel angeboten und als kompostierbar deklariert. Sie sind zwar wirklich kompostierbar, jedoch braucht es dafür viele Wochen. Viel länger, als die Verweilzeit des Materials in der Kompostierungsanlage in Geilshausen ist«, heißt es in dem Schreiben einer Mitarbeiterin des Fachdienstes Abfallwirtschaft.

Wer bisher wie Evi Bogner gewissenhaft seinen Müll getrennt und dabei die Biotüten verwendet hat, mag sich über die nächsten Sätze aus dem Schreiben wundern: »Die Kompostanlage muss die Tüten wie jeden anderen Kunststoff aus dem Kompost anschließend aussieben und als Müll entsorgen.« Dies sei aufwendig und es bestehe immer die Gefahr, dass »kleine Fitzelchen« im Kompost zurückblieben.

»Wozu also dann die Biotüten?« fragt man sich als Verbraucher. Denn wer diese kauft, glaubt schließlich, dass sie entsprechend entsorgt werden. Auch hier hat die Abfallwirtschaft eine Antwort: »Leider kann man den Herstellern nicht verbieten, solche Produkte auf den Markt zu bringen und dem Handel nicht, sie zu verkaufen.« Auch die Nachbarlandkreise hätten das gleiche Problem.

Der Ratschlag der Abfallwirtschaft lautet, entweder auf Papiertüten umzusteigen oder - falls die ›Biotüten‹ dennoch weiter verwendet werden sollten - deren Inhalt in die Biotonne auszuleeren und die Tüte selbst in der Restmülltonne zu entsorgen.

Wird dies ausreichend kommuniziert? »Die Verbraucher werden über den Abfuhrkalender, der jährlich in Papierform an jeden Haushalt verteilt wird, darüber informiert«, lautet die Antwort der zuständigen Stelle. Darüber hinaus werde diese Problematik in der telefonischen Abfallberatung, auf der Homepage des Landkreises sowie in Zeitungsartikeln und Pressemitteilungen kommuniziert.

In der näheren Umgebung hingegen gäbe es keine Anlage, die diese »Biotüten« verwerten könne. Eine Ausnahme bilde der Landkreis Kassel. Dort verweile der Bioabfall wesentlich länger in der Anlage, so dass ausreichend Zeit zum Abbau bleibe. Hierbei handele es sich um eine Biogas-Vergärungsanlage mit anschließender Nachrotte, um die Hygienisierung zu gewährleisten. Eine solche Nachrotte erfordere einen entsprechend großen Raum. Allerdings bliebe auch dort die Frage bestehen, ob es sinnvoll sei, extra Rohstoffe (Bioplastik) zu ver(sch)wenden, um Bioabfälle zu sammeln.

Für Mehrbedarf gibt es Papiersäcke

Für einmalig oder gelegentlich anfallende größere Mengen an Biomüll könnten bei der Stadt- oder Gemeindeverwaltung für 3,50 Euro pro Stück 120-Liter-Bioabfall-Zusatzsäcke erworben werden, die dann bei der regulären Bioabfall-Leerung neben die Tonne gestellt werden sollten. Da diese Säcke aus festem Papier seien, könnten sie samt Inhalt kompostiert werden.

»Im Landkreis Gießen gibt es nur eine Kompostierungsanlage. Dort findet eine Verrottung innerhalb von 14 Tagen statt«, heißt es weiter. Die in den Supermärkten verkauften »kompostierbaren« Plastiktüten würden hingegen erst nach 90 Tagen abgebaut. Ein Aussortieren der »Fremdstoffe« verursache zusätzliche, vermeidbare Kosten.

Beschwerden habe es immer wieder gegeben. Im Besonderen sei der Anlagenbetreiber darüber verärgert, dass dadurch die Zertifizierung des Gießener Kompostes gefährdet sei.

Das gehört in die Biotonne: Obst- und Gemüseabfälle, Lebensmittelreste (auch verdorben und verschimmelt, in haushaltsüblichen Mengen), Kaffeefilter, Teebeutel, Eierschalen, Blumen, Grabschnitt (wenn möglich getrocknet), Gartenabfälle (Reisig, Grünschnitt, Laub). (paz)

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Regelmäßig werben die Supermärkte in ihren Prospekten für die Bio-Müll-Folienbeutel. Doch diese Ausgabe kann man sich sparen. Foto: Hundertmark © Hundertmark

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