Kreistag: Planung für Horloff- und Lumdatalbahn vorantreiben
Der Kreistag hat jeweils einstimmig beschlossen, die Planungen zur Reaktivierung von Horloff- und Lumdatalbahn fortzuführen. Zur Lumdatalbahn wurde eine intensive Debatte geführt.
Von vb
Im September 2004 fuhr letztmals ein Zug auf der Strecke zwischen Hungen und Wölfersheim-Södel. Nach dem einstimmigen Beschluss des Kreistages sollen nun die Planungen weitergeführt und konkretisiert werden.
(Archivfoto: Horlofftalbahn AG)
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KREIS GIESSEN - Am Ende waren beide Beschlüsse einstimmig, doch dass die mögliche Reaktivierung der Horlofftalbahn zwischen Hungen und Wölfersheim politisch anders bewertet wird als die Zukunft der Lumdatalbahn, das zeigte allein die Dauer der Debatte. 16 Minuten benötigte der Kreistag am Montagabend in der Grünberger Gallushalle für die Horlofftalbahn, eine Stunde inklusive Sitzungsunterbrechung für die Lumdatalbahn. Allerdings sprach sich niemand konkret gegen deren Reaktivierung aus. Beschlossen wurde, dass die Planungen für beide Projekte weitergehen sollen.
Gutachten hatten bekanntlich eine positive Prognose ergeben. Das Land empfahl, die Planungen zur Reaktivierung fortzusetzen und stellte Fördergelder in Aussicht. Mit dem Beschluss verpflichtet sich der Kreis, den Teil der Investitionen zu übernehmen, der nicht durch die Förderung abgedeckt ist. Für beide Bahnen werden Gespräche mit den Anliegerkommunen über eine Mitfinanzierung geführt. Über die Ergebnisse der Planungen wird der Kreistag informiert, der dann entscheidet, ob die Projekte tatsächlich umgesetzt werden.
"Zukunftsweisend"
Zur Horlofftalbahn gab es nur positive Stimmen. Anette Henkel (SPD) nannte eine mögliche Reaktivierung "zukunftsweisend". Ein besserer Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) stärke den ländlichen Raum. Eventuell könne es Fördergelder vom Bund geben. Christian Zuckermann, Fraktionsvorsitzender der Grünen, würdigte die Ehrenamtler, die das Projekt am Leben erhalten hätten. Der Lückenschluss bedeute einen Gewinn für den Landkreis und einen Mehrwert für die Pendler.
"Sehr positiv" fand es Christopher Lipp (CDU), dass die Zahlen bereits überprüft worden seien und somit eine gesichertere Grundlage für eine Entscheidung existiere. Man erwarte wie bei der Lumdatalbahn auch hier nach den ersten zwei Planungsphasen einen umfangreichen Zustandsbericht. Kurt Hillgärtner (FW) äußerte die Hoffnung auf einen attraktiveren ländlichen Raum und auf Unternehmensansiedlungen wegen des besseren ÖPNV. Die Bahn bedeute "ganz entscheidende Vorteile" für Pendler Richtung Rhein-Main-Gebiet, meinte FDP-Fraktionsvorsitzender Harald Scherer. Dann wurde abgestimmt.
Landrätin Anita Schneider eröffnete die Debatte zur Lumdatalbahn und wiederholte die Info, dass zunächst nur zwei anstelle von vier Planungsphasen angegangen werden sollen. Dies werde den Landkreis 100 000 Euro kosten. Danach könne der Prozess abgebrochen werden, dies gelte für beide Bahnprojekte, so die Landrätin.
Lipp stellte für die CDU einen Änderungsantrag und wollte die Aussagen Schneiders in der Beschlussvorlage konkreter verankert wissen. Daraufhin beantragte Anette Henkel eine Sitzungsunterbrechung, um anschließend dem Wunsch der CDU eine Absage zu erteilen. Es müsse nichts geändert werden, weil klar sei, dass der Kreistag erneut entscheiden müsse. Sie zeigte sich optimistisch, dass die Lumdatalbahn "Auftrieb für die Region" bedeuten werde. "Begeben Sie sich auf den Weg der Taten, stehen Sie zu den Menschen in der Region", rief sie der CDU zu.
FW-Fraktionsvorsitzender Günther Semmler meinte, dass der Fragenkatalog der CDU nur dazu gedient habe, "Argumente zu sammeln, warum es nicht geht". Das empfand die CDU als Unterstellung. Nach einem kleinen Hin und Her zwischen Lipp und Semmler, ob die Vorlage in dieser Frage eindeutig sei oder nicht, wurde die Landrätin plastischer: "Wenn die Vorplanung zeigt, dass das viel zu teuer wird und der Nutzen-Kosten-Quotient nicht erreicht wird, dann ist das Projekt tot. Wir können nicht 85 Prozent Landesanteil übernehmen."
"Grob fahrlässig"
Nachdem Lipp den Änderungsantrag zurückgezogen hatte, wunderte sich Schneider über die Diskussion, schließlich seien die Vorlagen beider Bahnprojekte kaum unterschiedlich. Semmler meinte, dass es der Solidargemeinschaft Landkreis die 100 000 Euro wert sein sollten. "Es wäre grob fahrlässig, die ausgetreckte Hand des Landes auszuschlagen."
Tobias Breidenbach (CDU) bekräftigte, dass die Informationsgrundlage beider Projekte "grundsätzlich anders" sei. "Wir erleben eine CDU außer Rand und Band, die die Sache infrage stellt", kritisierte Zuckermann. "Die CDU hat das Anrecht, Fragen ohne Häme beantwortet zu bekommen", gab Martin Hanika (CDU) zurück.
Bei den identischen Formulierungen in der Vorlage zur Horlofftalbahn habe die CDU nicht diesen "Kleinkrieg" geführt, so die Landrätin. Dr. Melanie Haubrich, die Fraktionsvorsitzende der SPD, sprach von einer "Scheindebatte". "Wichtig ist jetzt, den Arsch in der Hose zu haben und den Weg weiterzugehen", meinte sie. Abschließend äußerte Kurt Hillgärtner die Hoffnung, dass die Lumdatalbahn 2023 wieder fährt. Eine Stunde Debatte war vergangen.