Die CDU im Kreistag wünscht sich mehr Vernetzung und ein Suchsystem, sodass Schwangere eine Hebamme finden können. Auch die SPD will die Hebammen unterstützen.
Von vb
Mit zwei Anträgen wollen die Fraktionen im Kreistag dafür sorgen, die Situation der Hebammen zu verbessern. Symbolfoto: dpa
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KREIS GIESSEN - Der Kreistag hat sich vorgenommen, die Situation der Hebammen im Landkreis Gießen zu verbessern. Der Ausschuss für Soziales und Integration beschloss am Mittwoch jeweils einstimmig Anträge der CDU sowie der Koalition aus SPD, Grünen und Freien Wählern. Die Zustimmung des Kreistages am Montag dürfte demnach nur eine Formalie sein. Einblicke in die Situation boten Martina Klenk aus Linden, die Vorsitzende des Landesverbandes der Hebammen, und zwei ihrer Kolleginnen, die in der Ausschusssitzung berichteten.
Der CDU-Antrag fordert vom Kreisausschuss ein Konzept, wie die Hebammenversorgung vor, während und nach der Geburt verbessert werden kann. Die Hebammen sollen unterstützt und die Niederlassung neuer Kolleginnen gefördert werden. Das Verzeichnis der Hebammen auf der Internetseite des Landkreises soll mindestens halbjährlich aktualisiert werden. Es soll geprüft werden, ob eine Vernetzungsstelle aller im Landkreis niedergelassenen Hebammen eingerichtet werden kann. Diese Stelle ermöglicht einen Erfahrungsaustausch zwischen erfahrenen Geburtshelferinnen und Berufseinsteigerinnen und erleichtert die Vertretungsregelung bei Krankheit oder Urlaub. Die Koordinierungsstelle soll außerdem ein elektronisches Suchverzeichnis aufbauen, das freie Kapazitäten erfasst, sodass Eltern leichter eine passende Hebamme finden.
Der Kreisausschuss wird außerdem beauftragt, zu prüfen, ob eine Niederlassung von Hebammen finanziell oder ideell gefördert werden kann, zum Beispiel durch Unterstützung bei der Suche nach Praxisräumen oder die Bereitstellung medizinischer Schutzausrüstung. Schließlich sollen innovative Versorgungskonzepte geprüft werden, zum Beispiel die Entwicklung digitaler Geburtsvorbereitungskurse.
In der Begründung verweist die CDU-Fraktion darauf, dass es für Schwangere zunehmend schwierig werde, eine Hebamme für Schwangerschaft und Wochenbett zu finden. Durch die Corona-Pandemie habe sich die Situation verschärft. Aufgrund hoher Kosten der Haftpflichtversicherung, bürokratischer Hürden und schlechterer Arbeitsbedingungen werde besonders die freiberufliche Geburtshilfe unattraktiver.
Der Koalitionsantrag gibt dem Kreisausschuss zusätzlich als Aufgabe, ein Gutachten des Sozialministeriums auf mögliche örtliche Verbesserungsmaßnahmen zu prüfen und ebenfalls zu klären, ob Hebammen in Sozialstationen oder Familienzentren integriert werden könnten.
Teure Berufshaftpflicht
Martina Klenk berichtete zunächst von zwei Problemen, die auf lokaler Ebene nicht zu lösen seien: die Vergütung und die hohen Beiträge für die Berufshaftpflicht von über 10 000 Euro jährlich. Dafür müsse es eine grundsätzliche politische Lösung geben. Auf kommunaler Ebene seien es eher kleine Dinge. Klenk nannte eine Art "Freiparkschein", sodass die Hebammen bei der aufsuchenden Wochenbettbegleitung keine Probleme mit Knöllchen bekämen. Die Landesvorsitzende sprach sich auch dafür aus, die Angebote von Hebammen mit Hausarztpraxen, Tagespflege oder Familienzentren zu verbinden. In einem Fall habe eine Kollegin den Beruf aufgegeben, nachdem der neue Eigentümer die Miete für die Praxis erhöht habe. Eine Idee wäre, wenn kommunale Räume zur Verfügung gestellt werden könnten.
Der Landkreis Fulda beispielsweise zahle 2000 Euro für die verpflichtende Fortbildung einer Hebamme. Erforderlich seien auch regionale Studienstandorte, um die Ausbildung und damit den beruflichen Nachwuchs sicherzustellen. Klenk bezeichnete die Situation an den Kliniken als "katastrophal". In Gießen gelinge es nicht, die Stellen zu besetzen.
Und auch bei der Ausstattung mit Schutzausrüstung klemme es. Am Mittwoch seien für die Hebammen im Landkreis Gießen erstmals FFP2-Masken zur Verfügung gestellt worden, Schutzkittel fehlten hingegen immer noch. "Kolleginnen fahren in den Baumarkt und kaufen sich Malerkittel", berichtete Klenk.