Nach Fehlgeburt zu 30 Jahren Haft verurteilt

Teodora del Carmen Vásquez aus El Salvador erzählt ihre Geschichte Lollarer Schülern. Sie verbrachte zehn Jahre im Gefängnis wegen einer Fehlgeburt.
Lollar (sle). Die Clemens-Brentano-Europa-Schule (CBES) konnte einen besonderen Gast begrüßen: Teodora del Carmen Vásquez aus El Salvador war nach Lollar gekommen. Über ihren schockierenden Fall war eine Dokumentation gedreht worden, der in der Aula Schülern der 12. und 13. Klasse vorgeführt wurde.
Darin wurde gezeigt, dass Vásquez, nachdem sie im neunten Monat ihrer Schwangerschaft eine Fehlgeburt erlitten hatte, des Mordes beschuldigt und zu 30 Jahren Haft verurteilt wurde. Dazu muss man wissen, dass in dem mittelamerikanischen Land seit 1998 ein absolutes Abtreibungsverbot gilt, auch wenn das Leben oder die Gesundheit der schwangeren Person in Gefahr ist. Frühgeburten, Totgeburten oder Spontangeburten, bei denen das Kind Schaden erleidet, werden sogar teilweise als schwerer Mord eingeordnet, und mit 30 bis 50 Jahren Haft bestraft.
»Es war am 13. Juli 2007, als ich bei der Arbeit plötzlich starke Schmerzen verspürte«, erinnert sie sich. Da die Schmerzen immer stärker wurden, rief sie einen Notarzt. Sie verlor das Bewusstsein und erlitt eine Fehlgeburt. Statt des Notarztes kam aber die Polizei, die sie sofort unter Mordverdacht festnahm. Man legte ihr Handschellen an und brachte sie in ein Krankenhaus.
Vásquez kommt aus einem ländlichen Gebiet im mittelamerikanischen Staat. Sie hat bereits einen 13-jährigen Sohn, der bei seinen Großeltern lebt. Sie erinnert sich, dass 2022 mehr als zehn Frauen mit unverschuldeten gynäkologischen Notfällen im Gefängnis waren, als sie eingeliefert wurde. Viele von ihnen können sich aus finanziellen Gründen keinen Rechtsbeistand leisten, und müssen deshalb eine ungerechte Strafe absitzen. Dabei werden auch die behandelnden Ärzte unter Druck gesetzt, da sie verpflichtet sind, die Frauen bei Verdacht auf einen Schwangerschaftsabbruch der Polizei zu melden, wollen sie selbst keine Haftstrafen riskieren. Im Film wurde gezeigt, dass sich alle Frauen immer wieder für ihre Freilassung eingesetzt haben.
Aber erst, als sich die Gruppe um Amnesty International einschaltete, wurde sie nach zehn Jahren verbüßter Haft freigelassen. Sie nutzt nun ihre Freiheit, um für die Rechte der Frauen zu kämpfen. Dank sagte sie auch CBES-Schülern, die sich mit Briefen der schuleigenen Amnesty-Gruppe um Kirsten Quass für ihre Freilassung eingesetzt hatten.
Nach der Filmvorführung war Gelegenheit, Fragen der Schüler zu beantworten. So wollten einige wissen, ob sie wieder nach El Salvador zurückkehrt, da sie ja als vorbestraft gilt und jederzeit wieder verhaftet werden kann, wenn sie sich an Demonstrationen für ihre noch inhaftierten Leidensgenossinnen beteiligt. Ein klares »Ja« gab es dazu, weil noch ihre ganze Familie in El Salvador lebt.
Sie möchte etwas an die zurückgeben, die sich für ihre Freilassung einsetzten und denn weiterhin inhaftiert sind, da der Zusammenhalt der Frauen untereinander einfach großartig gewesen sei, betont sie immer wieder.
Übersetzt wurde von Heike Spohr, da Vasquez nur spanisch spricht.
Quass, die sich jedes Jahr mit Schülern an Aktionen von Amnesty International beteiligt, stellte zuletzt fest, dass der Einsatz für die Menschenrechte lohnend sein kann.