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Partyausflug wird zum Horror-Trip

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Zwei Butzbacher müssen sich vor dem Landgericht wegen gemeinschaftlicher Vergewaltigung verantworten. Tatort soll Lich sein. Foto: Kächler © Kächler

Ein Partyausflug wird zum Horror-Trip. Jetzt stehen zwei Butzbacher vor Gericht, weil sie eine junge Frau gemeinschaftlich vergewaltigt haben sollen.

Kreis Gießen . »Das Schlimmste war, als ich merkte, dass ich mich körperlich nicht dagegen wehren konnte, und es einfach über mich ergehen ließ«, schildert das mutmaßliche Opfer einer Vergewaltigung, die im Oktober 2020 in einem Waldstück bei Lich stattgefunden haben soll. Immer wieder gerät dabei ihre Stimme vor der 9. großen Strafkammer des Gießener Landgerichts ins Stocken. Die Staatsanwaltschaft Gießen wirft den beiden in Kasachstan geborenen deutschen Staatsangehörigen, einem 31-Jährigen und 23-Jährigen aus Butzbach vor, die damals 20-Jährige »gemeinschaftlich« auf der Rückbank eines 5er BMW zum Sex gezwungen zu haben. So sei ein harmloser Party- schließlich zum Horror-Trip geraten,

Zum Prozessauftakt am Montag vor dem Vorsitzenden Richter Dr. Klaus Bergmann und den beiden beisitzenden Richtern Dr. Alexander Schmitt-Kästner und Robert Metz sowie zwei Schöffen trug Oberstaatsanwältin Yvonne Vockert die Anklageschrift vor. Demnach sollen die beiden Butzbacher Freunde die junge Frau in den frühen Morgenstunden im Herbst 2020 auf der Rückbank in die Mitte zwischen sich genommen haben. Während einer sie am Nacken gepackt und sie mit Gewalt zum abwechselnden Oralsex gezwungen habe, habe der jeweils andere den Geschlechtsverkehr vollzogen.

Zuvor waren die beiden zusammen mit einem weiteren Bekannten und der heute 22-jährigen BWL-Studentin von Butzbach nach Lich gefahren, wo sie während der Corona-Pandemie in der Wohnung eines Kollegen des 31-Jährigen eine private Party besuchten. Dort soll der 23 Jahre alte Angeklagte mehrere Snapchat-Nachrichten geschickt haben, in der er zum Ausdruck bringt, dass er mit ihr Sex haben wolle.

»Dreier« vorgeschlagen

Als die junge Frau ablehnt, schlägt er ihr einen »Dreier« mit seinem älteren Kumpel vor. Obwohl sie nach eigenen Angaben die erneute Offerte ablehnt, steigt sie dennoch zu den beiden ins Auto, die vorgeben, an der Tankstelle alkoholischen Nachschub für die Party holen zu wollen. »Ich wollte nicht allein in der Wohnung mit lauter fremden Männern bleiben«, begründet sie ihre Entscheidung.

Doch der Wagen steuert zunächst ein Waldstück zwischen Lich und Eberstadt an. Schon auf der Fahrt, bei der der Jüngere mit dem vermeintlichen Vergewaltigungsopfer auf der Rückbank saß, soll es zu übergriffen gekommen sein. »Er fasste mir in die Hose und ich habe mich mit Tränen in den Augen gewehrt«, erinnert sich die Zeugin.

Doch es habe nichts geholfen. Als das Auto zum Stehen kam sei der ältere Fahrer zu den beiden auf die Rückbank gerutscht und habe mitgemacht.

Dort soll laut Anklage auch die Aufforderung seines Freundes mitzumachen gefallen sein. Da es aussichtslos schien, sich befreien zu können, habe sie sich irgendwann in ihr Schicksal ergeben und sich nur noch auf die Gerüche im dunklen Auto konzentriert, um sich abzulenken.

Geruch von Kleidung und Haut

Noch Wochen danach sei sie aus dem Schlaf aufgeschreckt und habe den Geruch der Kleidung, des Parfums und der Haut der beiden Männer in der Nase gehabt, so die Studentin.

Die beiden Angeklagten bestreiten die Vorwürfe und sprechen von einvernehmlichem Sex. »Ich habe nie ein Nein gehört«, beteuerte der 31-Jährige, der während seiner Aussage stark schwitzte. Sein jüngerer Kumpel berichtete, dass er schon im Vorfeld »seit mehreren Monaten« immer wieder einmal mit der jungen Frau intim gewesen sei. »Wir haben uns über Snapchat etwa zehnmal zum Sex verabredet«, so der junge Mann, der sein Verhältnis zum mutmaßlichen Opfer als »Freundschaft plus (Sex)« charakterisierte.

Schon damals habe er es stets akzeptiert, wenn sie einmal auf seine Sexanfrage mit Nein geantwortet habe.

Als mögliches Motiv für den Vorwurf der Vergewaltigung brachte Verteidiger Frank Richtberg Rache ins Spiel.

Nach der vermeintlichen Vergewaltigung seien nämlich alle drei zurück zu der privaten Party in Lich zurückgefahren. Dort ließen sie die jungen Frau, die mit ihnen im Auto von Butzbach nach Lich gekommen war, einfach in der fremden Wohnung zurück, als diese kurz auf die Toilette ging. »Das war nicht gut«, gestand der ältere Angeklagte, rechtfertigte sich aber damit, dass er als Koch am nächsten Tag früh habe arbeiten müssen.

Zunächst habe sie nicht über das Geschehene sprechen können, machte das mutmaßliche Opfer auf Nachfrage deutlich. Als eine Freundin, der sie sich schließlich anvertraute, damit zur Polizei ging, habe sie sich zwar zuerst überrumpelt gefühlt, aber dann ausgesagt. Sie erklärte, dass sie sich geschämt habe, wofür Verteidiger Richtberg kein Verständnis aufbringen konnte.

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.

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