Rehkitze vor dem Mähtod schützen

Zwölf Mitglieder des Jagdvereins Hubertus engagieren sich mit Wärmebildkamera-Drohnen für die Rettung von Rehkitzen vor dem Mähtod.
Kreis Gießen (red). Zwölf Frauen und Männer, eine Mission: Rehkitze mittels Drohne vor dem Mähtod retten. Aber warum kommt eine Drohne mit Wärmebildkamera zum Einsatz? Alles Warme, wie ein Rehkitz, erscheint auf dem Bildschirm weiß, alles Kalte schwarz-grau. Der Wärmeunterschied zwischen Tier und Umgebungstemperatur ist am frühen Morgen am größten und zeitig vor Mahdbeginn.
Rehkitzsuche beginnt um 5.30 Uhr
Deshalb beginnt der Tag für die Rehkitzretter sehr früh: Es ist 5.30 Uhr und leicht bewölkt. Landwirt Jörg Mandler aus Kinzenbach sowie Mitglieder der Rehkitzrettung besprechen den Drohneneinsatz über Wiesen rund um Kinzenbach. Als sich die Autos der Rehkitzrettung nähern, folgt die Ricke, das Reh-Muttertier, ihrem Fluchtinstinkt und versteckt sich in sicherer Ferne. Sobald sie sich entfernt, wird das Rehkitz sich ducken und sich so leise wie möglich verhalten, um nicht von Fressfeinden entdeckt zu werden.
Um 5.48 Uhr dann der erste Fund: Auf dem Monitor der in 50 Meter Höhe surrenden Drohne ist das Rehkitz zu sehen. »Wenn man den weißen Punkt auf dem Wärmebild sieht, schnellt allen Mitgliedern des Teams das Adrenalin hoch«, sagt Hubertus Gießen- Vorsitzender Dieter Mackenrodt. Dieter Jüttemeier streift sich die Einmalhandschuhe über, und Helfer Klaus Tegtmeyer nimmt einen Wäschekorb. Sie stiefeln durch die hohen Gräser, rupfen Grasbüschel ab und werden immer langsamer. »Noch zwei Meter«, lotst der Drohnenpilot der beiden, »jetzt nach links. Halber Meter vor Dir. Stopp. Du bist direkt davor.« Das Gras vor Ihnen bewegt sich. Jetzt wissen sie genau, wo das Rehkitz liegt. Es ist schon ungefähr zwei Wochen alt und hat im Vergleich zu einem gerade geborenen Tier einen leichten Fluchtreflex. Allein deshalb heißt es jetzt: Vorsicht.
Schritt für Schritt nähert sich der Landwirt dem Kitz und packt schnell, aber behutsam zu. Ein lautes Fiepen unterbricht die Stille. Das Tier hat Angst und enormen Stress. »Man spürt das kleine Herz durch die Handschuhe klopfen«, ergänzt Jörg Mandler. Helfer Hans Kleindienst trägt das kleine Rehkitz an ein neues Versteck unweit der Fundstelle, stülpt den Korb über das Kitz und beschwert ihn mit einem Stein. Unter dem Korb ist es geschützt und wird sich wieder beruhigen. Der Landwirt kann jetzt guten Gewissens seine Wiese mähen. Holger Claus entfernt am Nachmittag den Korb. Abends findet die Ricke ihr fiependes Kitz und führt es zu einem neuen Versteck. Die Mission Rehkitzrettung ist geglückt. Mit so einem Erfolgserlebnis lässt es sich in den Tag starten.
Enge Absprache notwendig
Während der Jagdverein Hubertus Gießen im vergangenen Jahr 19 Rehkitze rettete, sind es diese Saison schon 10 Bambis. »Der Juni wird nochmal sportlich«, so Landwirt Jörg Mandler. Das Wichtigste beim Drohneneinsatz ist die enge Absprache zwischen Landwirten, Jägern und Rehkitzrettern.
Alle wollen den Mähtod der Kitze verhindern. Mackenrodt betont: »Ein Jäger ist nicht nur am Schießen, er setzt sich auch für Arterhaltung ein.« Beispielsweise in diesen Tagen für die Kitzrettung.
Fördermittel für die Anschaffung der Drohnen stellte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zur Verfügung. Neben Fördergeldern wird die Rehkitzrettung durch Spenden sowohl von Landwirten als auch Revierpächtern, für die die Kitzrettung komplett kostenfrei ist, sowie auch von Bürgerinnen und Bürgern unterstützt.
