Neue Verhandlungen von Betriebsrat und Geschäftsführung des Mainzlarer Standorts von RHI Magnesita enden mit einem offenen Ergebnis. Auf seiner Facebook-Seite hat der DGB unterdessen zu einer Online-Demo aufgerufen.
Von Debra Wisker
Die Belegschaft des Mainzlarer Standorts wehrt sich gegen eine mögliche Schließung ihres Werks. Foto: Screenshot Facebook
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
MAINZLAR - Solidarität - das war das am häufigsten gebrauchte Wort einer Online-Demo, zu der der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) aufgerufen hatte. Auf der Facebook-Seite des DGB Mittelhessen wurde um den Erhalt des Mainzlarer Standorts der RHI Magnesita, vormals Didier-Werke, gekämpft. Im Werksgebäude selbst verhandelte zur gleichen Zeit der Betriebsrat um seinen Vorsitzenden Michael Schwarz mit der Unternehmensführung mit dem Ziel, das Fortführungskonzept des Betriebsrats vorzustellen (diese Zeitung berichtete). Seit bekannt wurde, dass die Unternehmensführung mit Sitz in Wien die Schließung des Werks ins Auge gefasst hat, herrschen Sorge und Unsicherheit bei der Belegschaft.
Nun stand die dritte Gesprächsrunde zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung an. Betriebsratsvorsitzender Schwarz teilte hierzu mit, dass die Unternehmensleitung keinen konkreten Schließungstermin genannt habe. "Der Kampf geht weiter", erklärte er. Tim Steenvorden als Vertreter von RHI habe klar gesagt, "dass aufgrund der Auftragslage mit zwei Tunnelöfen bis mindestens Ende Juni 2021, eventuell auch bis zum Jahresende 2021 weiter produziert wird". Vor diesem Hintergrund habe der Betriebsrat keinen Anlass gesehen, ein eigenes Ein-Ofen-Konzept vorzustellen. "Dieses wäre in jedem Fall mit einem Personalabbau verbunden. Bevor wir ein solches Konzept vorstellen, wollen wir abwarten, wie die Beschäftigungsplanung für den Betrieb in Mainzlar seitens des Konzerns ist. Von unserer Seite wurden die Verhandlungen daher heute ruhend gestellt. Sobald uns die Konzernleitung ein konkretes Schließungsdatum nennen kann, würden wir die Verhandlungen gegebenenfalls fortsetzen und das von uns vorbereitete Ein-Ofen-Konzept vorstellen", so Schwarz abschließend.
Gesicht zeigen
"Gefällt mir" drücken oder teilen - wer wollte, konnte sich an der Online-Demo des DGB beteiligen. In einem Video sind Szenen der Kundgebung, die Anfang Dezember stattfand, zu sehen. Auch einzelne Mitarbeiter wurden mit der Kamera eingefangen. Sie fürchten um ihren Arbeitsplatz, um ihr täglich Brot. Die rund 130 Arbeitnehmer sind nicht nur auf diese Zahl reduziert, sie zeigen Gesicht, zeigen, dass es hier um Menschen geht.
Die Belegschaft des Mainzlarer Standorts wehrt sich gegen eine mögliche Schließung ihres Werks. Foto: Screenshot Facebook
Auch die Kommunalpolitik zeigt in dem Video Flagge. Foto: Screenshot Facebook
2
"Ob Wirtschaftskrise, Pandemie, doch so gefährlich war's noch nie. Was ist das für ein böses Spiel, wo bitte ist euer Ziel?" - die Mitarbeiter halten Schilder hoch, sie fordern Antworten. Dem Reigen der Bilder schließen sich auch die Staufenberger Kommunalpolitiker, Bürgermeister Peter Gefeller, Pfarrer Traugott Stein, Gewerkschafter und Bürger, die sich dem Werk verbunden fühlen, an. Immerhin werden hier seit über 100 Jahren feuerfeste Produkte hergestellt, teilweise waren oder sind hier mehrere Generationen von Familien beschäftigt. Darauf nehmen Plakate Bezug: "Schon Opas und Uropas arbeiteten dort, auch Väter und Söhne gehen hier nicht fort!". Fotos des Werks aus den Anfangszeiten weisen auf eine jahrzehntelange Unternehmensgeschichte hin. "Die RHI Magnesita ist wie ein Haus. Die Belegschaft ist das Fundament und der Vorstand das Dach. Ein Dach kann man austauschen. Das Fundament nicht!", konstatiert die Gewerkschaft.
Das Video zeigt außerdem Solidaritätsbekundungen aus benachbarten Betrieben der Region. "Solidarisch ist man nicht allein" lautet der Slogan, der sich durch den gesamten Film zieht. "Ich hoffe, dass die Aktion erfolgreich sein wird" oder "Wir brauchen Arbeitsplätze in unserer Region" schreiben die Facebook-Nutzer unter anderem. Viele "liken" den Beitrag, viele teilen ihn.
Ebenfalls im Internet, auf der Homepage von RHI Magnesita, findet sich bei der Vorstellung der Halbjahresergebnisse 2020 dieses Zitat des Vorstandsvorsitzenden Stefan Borgas: "Unsere Kollegen im gesamten Unternehmen haben ausgezeichnet auf die Covid 19-Krise reagiert. Aufgrund der gemeinsamen Anstrengungen aller ist es RHI Magnesita gelungen, für sichere Arbeitsbedingungen zu sorgen, die Produktion und Lieferketten aufrechtzuerhalten und unsere Kunden in dieser herausfordernden Zeit zu beliefern." Die Reaktion aus Mainzlar: "Und jetzt dürfen wir gehen?".
Immerhin hatte die Geschäftsführung auch die Auswirkungen der Pandemie als einen Grund für eine mögliche Schließung herangezogen. Eine Anfrage dieser Zeitung war noch im Dezember wie folgt beantwortet worden: "Die momentane Situation, ausgelöst durch den Ausbruch der Covid-19-Pandemie, hat schwere Auswirkungen nicht nur auf unsere Branche, sondern auf die gesamte Industrie. Unsere oberste Priorität ist es, trotz der massiven Rückgänge im Auftragsvolumen und allgemein schwierigen Weltwirtschaft ein stabiles Unternehmen zu bleiben. Zur Bewältigung der Krise und zur Milderung künftiger schwerwiegender Auswirkungen müssen auch in unserem Werk in Mainzlar Maßnahmen ergriffen werden." Eine Stellungnahme von RHI Magnesita zum Gespräch vom Montag lag bis Redaktionsschluss zwar noch nicht vor, wurde aber angekündigt.