Unzuverlässige Kanalreiniger
Nur in Kaufbeuren gab es bisher eine Verurteilung. Der Prozess um die Kanalreiniger aus Heuchelheim muss bekanntlich neu aufgerollt werden. Ein Gericht stellte jetzt ihre Unzuverlässigkeit fest.
Kreis Gießen (red/ww). Verurteilt ist die Geschäftsführung eines Heuchelheimer Rohrreinigungsunternehmens noch nicht im Kreis Gießen, aber eine interessante Entscheidung seitens eines anderen Gerichts wurde im Zusammenhang gefällt. Die Staatsanwaltschaft wirft der Geschäftsleitung gewerbsmässigen Betrug vorgeworfen. Vor allen Dingen älteren Menschen sollen überteuerte Dienstleistungen abgerechnete worden sein.
Der Prozess im vergangenen Jahr musste neu aufgerollt werden, weil gesetzliche Höchstfristen für Unterbrechungen zwischen den Terminen nicht eingehalten werden konnten. Ein neuer Termin steht noch nicht fest. Das Verwaltungsgericht Gießen hat jetzt eine Entscheidung gegen die geschäftsführenden Personen gefällt. Ihnen war vom Regierungspräsidium die Ausübung im gleichen Gewerbe im März dieses Jahres versagt worden.
Dagegen gingen sie mit einer einstweiligen Verfügung vor, da sie sich in ihrem Berufsausübungsrecht verletzt fühlten. Mit Beschluss vom 16. Mai lehnte die achte Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen den Eilantrag »einer im Landkreis Gießen ansässigen Kanal- und Rohrreinigungsfirma« auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine vom Regierungspräsidium Gießen ausgesprochene Gewerbeuntersagung ab, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Die Kammer sei der Überzeugung, dass besagte Firma nicht die Gewähr bieten, das Gewerbe zukünftig ordnungsgemäß zu betreiben.
Das Regierungspräsidium Gießen hatte der Firma, wie auch deren Geschäftsführer, mit Bescheiden vom 30. März die weitere Ausübung des Gewerbes Kanal- und Rohrreinigung ab sofort untersagt.
51 Strafanzeigen eingegangen
Hintergrund hierfür waren unter anderem zahlreiche strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Firma im Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit und der Rechnungsstellung hierfür gegenüber Privatkunden. So lagen allein 51 Strafanzeigen zwischen April 2019 bis zuletzt Februar 2022 vor. Vom Amtsgericht Kaufbeuren war der Geschäftsführer mittlerweile bereits zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 60 Euro wegen Wuchers in einem besonders schweren Fall verurteilt worden.
Die Antragstellerin vertrat im gerichtlichen Verfahren die Auffassung, die Straftatbestände des Betruges oder des Wuchers seien nicht erfüllt und ein etwaiges Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter und Monteure sei ihr nicht zuzurechnen. Diese Auffassung habe das Gericht nicht vertreten.
Rücksichtloses Handeln festgestellt
Selbst wenn Straftatbestände nicht erfüllt seien und es nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung kommen sollte, würden sich aus den Verwaltungsakten ersichtlichen Verhaltensweisen der Monteure der Antragstellerin ergeben, um »ein rücksichtsloses und schädliches Handeln der Firma gegenüber Dritten zu belegen«, indem sie eine Notfallsituation der Kunden ausnutze und überzogene Preise erhebe. Zudem träten Mitarbeiter gegenüber den Kunden mitunter auch bedrohend auf. Trotz der zahlreichen polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hätten sich die beanstandeten Verhaltensweisen bis zuletzt fortgesetzt.
Der Beschluss (Az.: 8 L 845/22) ist nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können binnen zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde zum Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.