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Ursulum-Unterkunft gekündigt

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Die Sammelunterkunft im PVG-Gebäude, Anfang April vorgestellt, wurde schon wieder gekündigt. Hier sollten eigentlich bis zu 1000 Geflüchtete unterkommen, doch letztlich wurden die Räume nicht benötigt. Archivfoto: Weißenborn © Red

Die große Flüchtlingsnterkung für bis zu 1000 Flüchtlinge im Ursulum ist schon wieder gekündigt. Wie sieht es im Kreis aus? Der Anzeiger fragte in der Kreisverwaltung.

Kreis Gießen (ww). Der Krieg in der Ukraine dauert an. Aus Konflikten andernorts gibt es weitere Geflüchtete, die ihren Weg nach Mittelhessen finden. Zur aktuellen Situation in den Unterkünften und der Betreuung stellte der Anzeiger dem Kreis Fragen, die Pressesprecher Dirk Wingender beantwortete.

Wie viele Flüchtlinge sind derzeit im Kreis untergebracht?

4389 Personen im Landkreis Gießen (Stand Ende Mai) beziehen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Davon sind 2791 ukrainische Staatsangehörige. Diese Gruppe wechselte ab 1. Juni in den Leistungsbezug nach SGB II und SGB XII. Dazu sind durch den Bundesgesetzgeber Übergangsfristen vorgesehen.

Ist der Flüchtlingsstrom abgerissen? Wenn ja, was bedeutet das für die Anschaffung von weiteren zehn Containerunterkünften?

Seit mehreren Wochen ist die Zahl der Menschen, die über Zuweisungen aus der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen in den Landkreis kommen, auf sehr niedrigem Niveau, einer niedrigen zweistellige Personenzahl pro Woche. Wenn über die bundesweite Verteilung wieder mehr Geflüchtete nach Hessen kommen, kann sich dies allerdings wieder ändern.

Die Anschaffung von Wohnmodulen war bereits im vergangenen Jahr geplant - unabhängig vom Fluchtgeschehen aus der Ukraine. Bereits im Herbst verzeichnete der Landkreis Gießen deutlich gestiegene Zuweisungszahlen von etwa 30 Personen pro Woche - unter anderem durch die Aufnahme von Ortskräften aus Afghanistan, aber auch anderer Gruppen, nachdem während die Pandemie nur wenige Menschen zugewiesen worden waren. Die Anschaffung der Wohnmodule wird aus diesem Grund bedarfsgerecht erfolgen.

Was kostet ein Container? Oder mit welchen Summen wird gerechnet?

Die genauen Kosten hängen von Ausschreibungsergebnissen ab und stehen nach Abschluss des Vergabeverfahrens sowie den örtlichen Gegebenheiten am Standort fest.

Wo sollen diese im Kreis aufgestellt werden?

Geeignete Standorte werden mit den Kommunen abgestimmt.

Wie kommt die Zahl von 15 Millionen Euro an Kosten zustande, die vom Kreistag vorsorglich bereitgestellt wurde?

Der Betrag von 15 Millionen Euro bezieht sich auf reine Investitionskosten sowie die Summe aller Standorte und entspricht dem Ergebnis einer Marktabfrage bei möglichen Anbietern.

Wurde die Erstaufnahmeeinrichtung im Ursulum bisher genutzt? Wie viele Flüchtlinge sind dort aktuell untergebracht?

Die Unterkunft im Ursulum musste bisher nicht genutzt werden. Sie wurde für eine kurzzeitige Unterbringung von neu in den Landkreis zugewiesenen Personen vorbereitet und entstand in der Zeit, als wöchentlich zwischen 100 und 200 Menschen dem Landkreis zugewiesen wurden.

Wegen der in Folge jedoch sinkenden Zahlen und der Möglichkeit, ankommende Menschen direkt in anderweitige Wohnangebote zu vermitteln, war eine Unterbringung im Ursulum nicht erforderlich.

Die Unterkunft dort war zudem als Möglichkeit zur Unterbringung von geflüchteten Menschen auf einen möglichen Einsatzbefehl des Landes vorgesehen, den verschiedene andere Landkreise erhalten haben. Der Mietvertrag wurde zwischenzeitlich gekündigt.

Wie viele Laumann-Container hat der Kreis noch im Eigentum? Sind welche an die Kommunen vermietet? Wie viele und wo? In welchem Zustand sind die Container?

Im Herbst 2015 hatte der Landkreis Gießen den Bau von 30 Holz-Modulen als Flüchtlingsunterkünfte beauftragt. Sie befinden sich alle noch im Eigentum des Landkreises. Aufgrund rückläufiger Flüchtlingszahlen wurden nur 27 für die Unterbringung von Geflüchteten benötigt.

Drei Holz-Module wurden für andere Zwecke bereitgestellt. Eines davon wurde von der Stadt Lich angemietet, zwei weitere wurden sofort als Mensagebäude an der Limesschule in Pohlheim und der Grundschule Langgöns errichtet.

Von den 27 Holz-Modulen befinden sich aktuell 17 am alten Standort.

Zehn Module wurden zwischenzeitlich einer anderen Nutzung zugeführt. Ein Modul wurde in Laubach zu Räumlichkeiten für die Produktionsschule umgebaut. Vier Module sind zu flexiblen Klassenräumen umgebaut worden.

Fünf weitere Module wurden abgebaut und an folgenden Grundschulen zur Deckung des Raumbedarfes wiedererrichtet: Hungen, Pohlheim-Garbenteich, Lich-Langsdorf, Grünberg-Stangenrod (noch im Bau) und Wettenberg-Launsbach.

Wie viele Häuser und Wohnungen hat der Kreis für Schutzsuchende angemietet?

16 Holz-Module werden als Gemeinschaftsunterkünfte genutzt. Hinzu kommen zwölf angemietete Wohnhäuser. Einzelne Wohnungen werden nicht genutzt.

Insgesamt verfügt der Landkreis damit über 28 Gemeinschaftsunterkünfte.

Wurden in diesem Jahr zusätzlich ab Februar neue Häuser oder Wohnungen angemietet? Wenn ja wie viel?

Seit Februar wurden vier neue Gemeinschaftsunterkünfte angemietet, im Juni kam eine weitere hinzu. Zusätzlich und temporär gibt es Übergangseinrichtungen zur Unterbringung ukrainischer Geflüchtete in Laubach und Langgöns.

Gemeinschaftsunterkünfte befinden sich in Allendorf/Lda, Biebertal, Buseck, Fernwald, Grünberg (drei Einrichtungen), Heuchelheim, Langgöns, Laubach, Lich, Linden, Lollar, Pohlheim, Rabenau, Reiskirchen (2), Staufenberg (2) und Wettenberg (2).

Welche Nationen von Schutzsuchenden sind dort untergebracht?

Zwei Gemeinschaftsunterkünfte sind derzeit ausschließlich von ukrainischen Staatsangehörigen belegt. Die Haupt-Herkunftsländer der Personen in den anderen Gemeinschaftsunterkünften sind Afghanistan, Syrien und die Türkei.

Wie läuft die Verteilung der Ukrainer in normale Mietwohnungen? Welche Schwierigkeiten treten bei der Überführung auf?

Der Landkreis Gießen sammelt Wohnraumangebote und gibt diese zur Prüfung und Abstimmung von Angebot und Bedarf an die jeweiligen Kommunen weiter. Werden Mietverträge geschlossen, so sind Vertragspartner in der Regel direkt Vermieter und Mieter. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung übernimmt jetzt das Jobcenter Kosten der Unterkunft.

Das Prüfen und Ermitteln geeigneter Wohnraumangebote für dafür geeignete Personen ist komplex und benötigt Zeit. Bisher konnten etwa 200 Wohnraumangebote von insgesamt rund 800 in Anspruch genommen werden. In einigen Fällen stellten sich Angebote als nicht seriös heraus oder wurden zurückgezogen, weil etwa Eigenbedarf bestand oder Verständigungsprobleme zu groß waren.

Wie sieht die Hilfe von Ehrenamtlichen vor Ort aus?

Die WIR-Koordination des Landkreises ist eng vernetzt und im Austausch mit den Koordinationen für Gemeinwesenarbeit in den Kreiskommunen, die wiederum ehrenamtliche Unterstützungsangebote vor Ort zusammenführen.

Der Landkreis Gießen bietet zudem eine mehrsprachige Ukraine-Hotline als Beratungsangebot direkt für Geflüchtete.

Bei Vor-Ort-Terminen von Menschen aus der Ukraine in der Kreisverwaltung sind Dolmetschende eingebunden. Aßerdem gibt es die Integreat-App des Landkreises für Smartphones.

Wie viele Sprachkurse werden mittlerweile für Ukrainer im gesamten Kreis angeboten ? Wie hoch sind die Kapazitäten momentan? Sind sie ausgeschöpft?

Wir verfügen nicht über einen Überblick sämtlicher Sprachkursangebote. Kurse werden zum Teil auch niedrigschwellig über Vereine oder Initiativen angeboten. Von Kreisseite aus bietete die Kreisvolkshochschule Sprachtraining an.

Zudem gibt es Integrationskurse im Landkreis, die im Mai gestartet sind beziehungsweise im Juni/Juli beginnen. Kursteilnehmende sind vorwiegend Geflüchtete aus der Ukraine. Weitere sind in Planung. Die Kursteilnehmenden stammen meist aus der Ukraine.

Die Planung und administrative Begleitung der durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) finanzierten Integrationskurse ist aufgrund des hohen administrativen Aufwands mit ständig neuen Vorgaben mit hohem zeitlichen Aufwand und zeitaufwendigen Genehmigungsverfahren verbunden.

Zudem gibt es einen eklatanten Fachkräftemangel, da die Lehrkräfte, die im Integrationskursbereich tätig sein möchten, beim BAMF zugelassen werden müssen.

Eine schnelle Zulassung ohne Zusatzqualifizierung ist möglich, wenn ein abgeschlossenes Lehramtsstudium im Bereich Deutsch und /oder Fremdsprachen oder ein Studium im Fach Deutsch als Fremd-/Zweitsprache absolviert und eine entsprechende Lehrerfahrung nachgewiesen werden kann.

Die Kreisvolkshochschule freut sich über jede aussagekräftige Bewerbungen. Weitere Informationen gibt es unter 0641/ 9390-5713.

Wie stellt sich die Aufnahme von Kindern bis sechs Jahre in den Kitas im Kreis dar?

Nach Kenntnis der Fachaufsicht im Jugendamt des Landkreises Gießen gibt es derzeit keine erhöhte Nachfrage nach Plätzen durch ukrainische Kinder. Es gibt generell einen großen Bedarf an Betreuungsplätzen in vielen Kreiskommunen. Kinder aus ukrainischen Familien reihen sich in bestehende Wartelisten ein.

Es werden immer wieder Vergleiche zu 2015/2016 angestellt. Wie viele Syrer mussten damals kurzfristig untergebracht werden?

Im Jahr 2015 mussten durch den Landkreis zu Spitzenzeiten 1989 Personen untergebracht werden (allerdings nicht nur Geflüchtete aus Syrien, sondern auch aus anderen Ländern). Diese Zahl ist durch die Aufnahme von Menschen aus der Ukraine bereits übertroffen worden.

Archivfotos: LKGI/WNZ

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Kreistagsmitglieder besuchten kürzlich eine Flüchtlingsunterkunft in der Gemeinde Heuchelheim. Hier kommen bis zu 32 Personen unter. Archivfoto: Wißner © Red
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Dirk Wingender Pressesprecher © Red

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