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Verhärtete Fronten im Impfstreit

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Kreis Gießen. Ohne Ergebnis vertagt wurde am Donnerstag vor dem Arbeitsgericht Gießen die Klage eines ungeimpften Altenpflegers, der aufgrund der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gemeinsam mit einem Kollegen pünktlich zu deren Einführung am 16. März von ihrem Arbeitgeber freigestellt worden war (der Anzeiger berichtete). Beim Gütetermin mit Richterin Susanne Blech war die Rechtsanwältin des beklagten Seniorenheims in Watzenborn-Steinberg nicht bereit, über den vom Kläger geforderten Vergütungsanspruch für die Zeit der Freistellung zu reden und bot ihrerseits nur eine Abfindung für den Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem seit fast fünf Monaten freigestellten Altenpfleger an.

Wie schon in der Verhandlung im April, versuchte der Anwalt des Klägers, Rechtsanwalt Emmanuel Kaufmann, mit langen Ausführungen Richterin Susanne Blech von der Sinnhaftigkeit oder aus seiner Sicht eher Sinnlosigkeit der obligatorischen Corona-Impfung für Pflegekräfte zu überzeugen. Spätestens mit der Ausbreitung der Omikron-Variante des SARS-CoV-2-Erregers sei klar, dass die Corona-Schutzimpfung weder einen Eigenschutz noch einen Fremdschutz garantiere. Mit denen sei aber die einrichtungsbezogene Impfpflicht begründet worden. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft habe sich gerade erst für die Aufhebung der Corona-Impfpflicht für Pflege- und Gesundheitspersonal ausgesprochen, da diese nach jetzigen Erkenntnissen weder sinnvoll noch vermittelbar sei.

Auch wenn Blech seine Argumentation durchaus nachvollziehen konnte - ein früherer Verhandlungstermin musste verschoben werden, weil sich die Richterin trotz dreifacher Impfung mit Covid 19 infiziert hatte - insistierte sie darauf, dass der Paragraf 20a des Infektionsschutzgesetzes keinen Spielraum bei der Frage der Freistellung ungeimpfter Pflegekräfte lasse. Sie räumte aber auch ein, dass das Gesetz in der Frage einer Lohnfortzahlung im Falle einer Freistellung durchaus Spielräume ermögliche. Ob und wieweit sie und ihre ehrenamtlichen Beisitzer dann diese Spielräume nutzen werden, wird sich beim Kammertermin am 8. November zeigen.

Sollten sich der Kläger und sein Arbeitgeber bis dahin nicht doch noch geeinigt und der Bundestag kein neues Infektionsschutzgesetz verabschiedet haben, werden der ungeimpfte Altenpfleger und sein ebenfalls freigestellter Kollege dann zwei Monate später nolens volens an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Das Infektionsschutzgesetz und die einrichtungsbezogene Impfpflicht laufen nämlich automatisch zum 31. Dezember 2022 aus.

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