Viel Unmut und wenig Antworten

Kipplaster rollen Tag für Tag von der A 49-Baustelle durch Freienseen zum ehemaligen Steinbruch. Schon jetzt sind 550000 Tonnen Erdaushub angeliefert worden. Anwohner sind verärgert.
Kreis Gießen. Das Treffen war als Informationsveranstaltung angekündigt worden. Doch die rund 50 Bürger, die am Montag ins Freienseener Bürgerhaus kamen, waren am Ende eines fast dreistündigen und oft hitzigen Disputs nicht viel schlauer. Wie lange die Anwohner, die seit einem Jahr unter dem Lärm und den Abgasen der im Minutentakt durch das Fachwerkdorf donnernden Kipplaster von der A 49-Baustelle leiden, das noch aushalten müssen, blieb ebenso unklar, wie die Regulierung der Schäden an den Häusern entlang der Lkw-Route.
Das lag freilich weniger an den drei Männern, die sich unter der Moderation von Ortsvorsteher Hans Hermann Hermannski dem Unmut und auch Zorn der Bürger stellten, sondern der Partei, die durch Abwesenheit glänzte.
Die Arbeitsgemeinschaft Bau (Arge), die bis zu 230 Lkw-Fuhren pro Tag durch die engen Gassen des Dorfs schickt, hatte keinen Vertreter entsandt. Somit blieb es dem Vorstandssprecher der Mitteldeutschen Hartstein-Industrie AG (MHI), Christoph Hagemeier, vorbehalten, ein paar Fakten beizusteuern, die man kaum glauben wollte. Die MHI ist Pächter des ehemaligen Steinbruchs Gonterskirchen, die Stadt Laubach Verpächter.
»Die wissen nicht, was sie machen ...
Noch 2018 hatte es geheißen, dass die ganze Erde vom Aushub der Autobahn zwischen Stadtallendorf und Maulbach auf der Baustelle verbleibe. Dann sollte maximal zwölf Wochen lang Erde von der A 49 in den alten Steinbruch verbracht werden. Mit einer Salami-Taktik sei die Menge und die Dauer der Erdtransporte, dann immer weiter ausgeweitet worden. Allein im vergangenen Jahr wurden 450 000 Tonnen Erde zu den bislang in 20 Jahren im alten Steinbruch eingelagerten 30 000 Tonnen verbracht.
Und in den ersten beiden Monaten des neuen Jahres sind bereits weitere 60 000 Tonnen dazu gekommen, obwohl es extrem teuer und unökologisch sei, dieses Material über lange Strecken zu fahren, meinte Hagemeier, jeder Kilometer koste schließlich zusätzliches Geld. Im Fall der A 49 sind das mehr als 30 Kilometer.
Erst auf Nachfragen teilte Hagemeier als Betreiber der Erddeponie im alten Steinbruch doch noch eine neue Zahl mit, die Anwohner schocken dürfte. Noch bis zu 400 000 Tonnen Erde könnte die Arge in Gonterskirchen deponieren. Das dürfte im schlimmsten Fall noch weitere sechs Monate Dauerverkehr bedeuten. »Entweder wissen die nicht, was die machen oder sie lügen«, fasste ein Bürger diese Intransparenz zusammen.
Noch weniger Konkretes erfuhren die Freienseener vom Laubacher Bürgermeister. Matthias Meyer pries »das kleine Wunder« der binnen Monaten eingerichteten Tempo-30-Zone im Ort. Dumm nur, so die Anwohner, dass sich keiner der Lkw-Fahrer an dieses Tempolimit halte, sondern meist mit Tempo 60 und in manchen Fällen sogar über den Bürgersteig durchs Dorf donnere.. Durch Seenbrücke würde sogar mit 90 km/h geheizt.
Warum werde nicht mehr oder gar ständig geblitzt? Schwierig, meinte Meyer, da Laubach nur ein Gerät habe und sich das mit Lich teilen müsse.
Und was sei mit der elektronischen Geschwindigkeitsanzeige? Könne man die nicht im Ort platzieren?
Schwierig, sagte Meyer wiederum. Das Gerät sei auf Tempo 50 ausgelegt und lasse sich nur schwer umprogrammieren. Anwohner berichteten von Rissen im Bad und gelockerten Gefächern in Fachwerkhäusern. »Wir kehren hier nicht den Dreck von der Straße, sondern fegen die Straße selbst zusammen, weil die sich langsam auflöst«, rief einer in den Saal. Immer wieder wurde gefragt, wer denn letztlich für all diese Schäden aufkomme. Schwierig, sagte Meyer erneut, da man erst einmal nachweisen müsse, dass die Schäden an den Häusern von den A 49-Lkw verursacht worden seien. Darum empfahl er, alle Schäden möglichst gut zu dokumentieren.
Hagemeier versprach, die Arge um eine andere Routenwahl zu bitten, allerdings könne man das Bauunternehmen nicht dazu zwingen, weil das dem »Freiheitsgedanken« unserer Gesellschaft widerspreche.
... oder sie belügen uns«
Ein Anwohner bezweifelte, dass die Lkw tatsächlich nur »völlig unbelastete Erde« (Hagemeier) transportieren würden. Er selbst habe gesehen, dass auch Betonteile in der Erde auf den Kipplastern gelegen hätten. Dirk Bauer, Leiter der Abteilung Rohstoffsicherung und Genehmigungen der MHI, versicherte daraufhin, dass man im Steinbruch eine »sehr gute und engmaschige Überwachung« habe. »Wir achten darauf, dass uns nichts untergejubelt wird, weil wir dafür am Ende haftbar wären«, ergänzte Hagemeier. Jede Fuhre werde fotografiert, und es werde eine Bodenprobe genommen und auf Schadstoffe untersucht.«
Dirk-Michael Hofmann von der Freien Bürgerliste Laubach regte an, die Fahrtenschreiber der Lkw kontrollieren zu lassen, damit zumindest die Geschwindigkeitsübertretungen geahndet würden. Bürgermeister Meyer versprach, sich darum zu kümmern.