Gemeinde Wettenberg stellt 100 000 Euro für Blaualgen-Bekämpfung bereit
Die Blaualgen führten im Sommer 2018 dazu, dass das Gesundheitsamt vor dem Schwimmen im Wißmarer See abriet. Damit das nicht mehr passiert, berät die Gemeinde, welche Maßnahmen zu treffen sind.
Von Jennifer Meina
Im Sommer versuchte die Wettenberger Feuerwehr noch, das Wachstum der Blaualgen durch Wasserzufuhr zu verringern - jedoch ohne Erfolg. Archivfoto: Freiwillige Feuerwehr Wettenberg
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WISSMAR - 100 000 Euro - eine ganze Menge Geld für den "Kampf" gegen Algen im Wißmarer See. Dass die hohe bereitgestellte Summe im Wettenberger Haushalt durchaus gerechtfertigt ist, davon ist Michael Krick, Umweltbeauftragter der Gemeinde, überzeugt. Zudem stehe noch gar nicht fest, ob das Geld überhaupt gänzlich benötigt wird. "Wir wollen alle Maßnahmen prüfen und haben erst einmal über den ganz dicken Daumen gepeilt", schilderte der Experte im Gespräch mit dem Gießener Anzeiger.
Damit wolle man verhindern, dass der See erneut mit einem so starken Blaualgenbefall zu kämpfen hat, wie im Sommer 2018. Damals riet das Gesundheitsamt des Kreises Besuchern davon ab, im See zu schwimmen.
Konkrete Maßnahmen sind laut Krick jedoch noch nicht durchgeführt worden. Allerdings arbeitet die Gemeinde seit vergangenem Herbst mit dem Institut Dr. Nowak aus dem niedersächsischen Ottersberg zusammen, welches sich auf das Ökosystem in Binnengewässern spezialisiert hat. Man habe dort bereits gute Erfahrungen beim Waidsee im Rhein-Neckar-Kreis oder den Kinzigsee in der Nähe von Hanau machen können, wie Krick erklärte.
Die Mitarbeiter des Instituts haben bereits eine erste gewässerökologische Bestandsaufnahme durchgeführt. Dabei wurden die Nährstoffe im Wasser und im Sediment, also in der obersten Bodenschicht im See, untersucht. Das Ergebnis: Der Nährstoffgehalt im Gewässer befindet sich auf einem sehr hohen Niveau - die Ursache für die Algenmassenentwicklung im Sommer 2018, wie Tim Epe, Gewässerökologe am Institut, erklärte. Dabei sind die Blaualgen keine Algen, sondern Cyanobakterien - mikroskopisch kleine Organismen, die in normaler Konzentration überall im Wasser zu finden und völlig ungefährlich sind.
Wenn sich die Bakterien allerdings stark vermehren, geht damit nicht nur eine starke Trübungen des Wassers einher, sondern es mindert auch dessen Qualität. Dann kann nicht nur die Geruchsentwicklung für die Badegäste unangenehm werden, es besteht auch die Gefahr von allergischen Reaktionen und Vergiftungserscheinung beim Kontakt mit dem Wasser oder Schlucken.
Deswegen muss die Gemeinde "unbedingt die Nährstoffsituation im See in den Griff bekommen", wie Krick betonte. Denn je mehr davon im Wasser vorhanden ist, umso schneller wachsen die Algen. Der Grund dafür, dass es im vergangenen Sommer den Wißmarer See, dem vom Hessichen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (Hlnug) regelmäßig eine sehr gute Wasserqualität bescheinigt wird, so stark traf, sei mit den besonderen Gegebenheiten des Jahres zu erklären. "Zum einen wurde der See im Frühjahr überflutet, wodurch Nährstoffe von Außen in den Wißmarer See gelangten", so Epe. Zudem sei der Sommer extrem lang und heiß gewesen. Dies förderte das Wachstum der Cyanobakterien weiter. Außerdem verlor der See durch die Hitze einiges an Wasser, wodurch sich die Konzentration der Nährstoffe nochmals erhöhte. Nach dieser ersten Erkenntnis sollen, bevor konkrete Maßnahmen getroffen werden, weitere Untersuchungen folgen - vermutlich alleine drei in der Badesaison. "Wir können erst zielgerichtet etwas unternehmen, wenn wir dafür eine seriöse Datengrundlage haben. Dies erfordert etwas Geduld.", verdeutlicht Epe weiter. Die Wasserqualität wird während der Badesaison zudem vom Hlnug regelmäßig kontrolliert.
Diese Untersuchungen umfassen unter anderem die Auswertung, wann der Nährstoffgehalt im See ansteigt, wie er sich über das Jahr entwickelt und bei welchen Temperaturen das stattfindet. Auch um welche Algenart es sich handelt, wird dann untersucht, wie Krick ausführte. Außerdem wird auch das Umfeld in den Fokus gerückt: Was bringt der Zulauf, der Wißmarer Bach, in den See? Welchen Einfluss hat das Lahnhochwasser?
Die Gemeinde wolle zudem im Frühjahr mit einer ersten kleinen Maßnahmen beginnen: Karpfen, von denen viele im See zu finden sind, wühlen den Boden auf und lassen so das Phosphat in das Wasser gelangen. Um das zu verhindern, will man einen Berufsangler engagieren, der den Bestand der Fischart deutlich reduziert. Eine andere Möglichkeit wäre ein bestimmtes Tonmineral in den See zu geben, der den Boden sozusagen "versiegelt" und damit den Nährstoffaustritt verhindert. "Wir wollen alle einen schönen Sommer. Damit das gelingt, soll auch der See vorbereitet werden", so Krick abschließend.
Zwar war der Wißmarer See nicht der einzige See, der von den Blaualgen befallen war, dass es in ganz Hessen dazu kam und nur das schöne Wetter daran schuld sei, das bestreitet Michael Häckl vom zuständigen Landesamt (Hlnug) "Man müsse immer im Einzelfall schauen, woran es liegt. In Wißmar ist es so, dass der See vergleichsweise klein und flach ist. Das begünstigt das Wachstum der Bakterien." So müsse man bei einem natürlichen Gewässer immer damit rechnen, dass ein paar Wochen im Jahr die Blaualgen wachsen. Grundsätzlich sei die Badegewässerqualität aber gut. "Der See ist weit davon entfernt, umzukippen", so der Experte.