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»Wir haben nichts verbrochen«

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Von: Volker Böhm

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Eva Saarbourg (l.) und ihre Tochter Marie sind stolz auf die Designs für die Stadt Pohlheim und enttäuscht darüber, dass in der politischen Diskussion unterstellt wurde, dass dadurch ein Schaden entstanden sei. Foto: Böhm © Böhm

Eva und Marie Saarbourg, die das PohlheimerLogo entworfen haben, wehren sich gegen den Vorwürf der Klüngelei.

Pohlheim. Ein Logo, das die naturnahe Lage, die Wertigkeit nach außen hervorheben und die eigene Identität nach innen betonen soll. Viel Zeit und Herzblut sei in die Entwicklung gesteckt worden, betonen Eva und Marie Saarbourg. Doch schnell finden sich die beiden Grafikdesignerinnen in einer politischen Auseinandersetzung wieder. Von der »Logo-Affäre« ist die Rede. CDU und Freie Wähler üben scharfe Kritik an Bürgermeister Andreas Ruck (parteilos), der den Auftrag zum Entwickeln des Logos und der Silhouette mit Wahrzeichen der Stadt ohne Magistratsbeschluss erteilt. Ein Akteneinsichtsausschuss wird eingesetzt, um zu untersuchen, ob es ein »Gefälligkeitsauftrag zulasten der Stadt Pohlheim« war. Dies wird verneint, doch der Schaden ist da. Deshalb wollen Mutter und Tochter ihre Sicht der Dinge darstellen.

Erstes Logo 1997 entwickelt

Eva Saarbourg hat die Firma 1990 gegründet. Tochter Marie ist seit fünf Jahren ihre Geschäftspartnerin. Mit einem Logo für die Stadt Pohlheim hat Eva Saarbourg nicht das erste Mal zu tun. 1997 habe sie der damalige Bürgermeister Karl-Heinz Schäfer (SPD) beauftragt, das erste Logo zu entwickeln. 2017 oder 2018 sei dann zur Amtszeit von Bürgermeister Udo Schöffmann (CDU) ein Angebot für ein Re-Design angefragt, doch der Auftrag sei an eine Gießener Agentur vergeben worden.

Andreas Ruck kannten die Frauen aus dem Wahlkampf. Im Auftrag der Pohlheimer SPD seien Plakate, Flyer und Social media-Posts entwickelt worden. »Die Kommunikationswege waren kurz und unkompliziert«, erinnert sich Eva Saarbourg.

Ruck sei im Februar 2021 mit vielen Ideen ins Amt gekommen, unter anderem für die optische Präsentation der Stadt. Das Logo und die Silhouette seien zunächst für ein Notizbuch vorgesehen gewesen, das der Bürgermeister auf eigene Kosten drucken ließ. Ihre Tochter habe gefragt, ob es für den Entwurfsauftrag keinen Beschluss des Magistrats geben müsse. Der Bürgermeister habe geantwortet, dass dies erst nach der Kommunalwahl und der Konstituierung der Gremien möglich sei. Die Designerinnen gaben sich mit der Aussage zufrieden. »Wir hatten Lust auf das Projekt«, schildert Eva Saarbourg. Erst im Juni habe Ruck dann gebeten, das ihm vorgelegte grobe Kostenangebot zu überarbeiten und zu schicken, um es dem Magistrat vorzulegen.

Tochter Marie betont, dass »Corporate design« nicht nur für Firmen wichtig sei. Bei einer Stadt gehe es um die Identifikation der Bürger. »Pohlheim ist eine Stadt mit Vielfalt und Potenzial und ist es wert, so eine Außendarstellung zu bekommen.« Sie habe viel Freude an dem Auftrag gehabt und viel Zeit und Herzblut hineingesteckt. »Wir haben uns gefreut, als Pohlheimerinnen für die Stadt ein schlüssiges visuelles Erscheinungsbild schaffen zu können. Deshalb hat es umso mehr getroffen, dass das Logo nur im negativen Kontext genannt wurde.« »Oder dass sogar die Frage im Raum steht, ob es der Stadt schadet. Das war sehr erschütternd«, ergänzt Mutter Eva.

Auf die Frage nach anderen Kunden berichten die beiden Frauen unter anderem vom evangelischen Dekanat Gießen und verschiedenen Einzelunternehmern. Weiterer kommunaler Kunde neben Pohlheim ist die Gemeinde Mücke im Vogelsbergkreis. Dort wurde mit dem Slogan »Hessens grüne Mitte« ebenfalls ein Logo entworfen. Wie lief der Prozess ab? Der dortige Bürgermeister Andreas Sommer - ein Pohlheimer - war durch einen Flyer auf Saarbourg Design aufmerksam geworden. Es folgte ein Gespräch. Die Designerinnen reichten ein Angebot ein und der Gemeindevorstand beschloss den Auftrag, bevor etwas entwickelt wurde. In Pohlheim wurde der Auftrag erst im Juni 2021 vom Magistrat erteilt, nachdem das Logo bereits einige Zeit verwendet worden war.

»Das haben wir nicht nötig«

»Was uns sehr trifft, ist der Vorwurf der Klüngelei. Das lässt viele Vermutungen zu unlauterem Geschäftsgebaren zu. Und das stimmt nicht und das haben wir nicht nötig. Wenn von ›Gefälligkeitsauftrag‹ die Rede ist, dann in dem Sinne, dass unsere Arbeit gefallen hat«, erklärt Eva Saarbourg.

Hätten sie den Auftrag mit dem heutigen Wissen angenommen? »Wir hätten darauf bestanden, es anders anzugehen, als es jetzt gelaufen ist. Da waren wir ein bisschen naiv«, räumt sie ein. Ziel sei aber immer gewesen, sich für die Stadt zu engagieren, ergänzt Marie Saarbourg. »Wir haben nichts verbrochen.« Schade sei auch, dass sie nicht vom Akteneinsichtsausschuss befragt wurden. Das ist nach Angaben des Vorsitzenden Lorenz Diehl (CDU) nicht möglich, da es kein Untersuchungsausschuss gewesen sei.

Das Designerinnen-Duo beklagt zudem, dass in der politischen Debatte mit falschen Zahlen operiert worden sei. So sei behauptet worden, dass der digitale Adventskalender 2021 die Stadt 9000 Euro gekostet habe. In Wirklichkeit seien es rund 4000 Euro inklusive Mehrwertsteuer gewesen. »Es wird nicht gesehen, wie viel Arbeit dahinter gesteckt hat«, betont Marie Saarbourg. »Und es war etwas Schönes in einem Jahr, in dem wegen Corona wieder kein Weihnachtsmarkt stattfinden konnte.«

Ihre Mutter ergänzt zu anderen Rechnungen, dass dort verschiedene Posten mit Kosten von unter 1000 Euro zu einer Gesamtrechnung zusammengefasst worden seien. Empfehlungen der Allianz deutscher Designer zur Berechnung der Kosten für das Logo und die Silhouette habe man weit unterschritten.

Die Frauen haben Reiner Leidich aus der CDU-Fraktion, einen der Hauptkritiker Rucks, eingeladen. »Wir glauben nicht, dass er uns schaden wollte. Wir wollen keine Entschuldigung, aber wir würden uns über ein offenes Gespräch freuen.«

Eva Saarbourg ist die Tochter des früheren Pohlheimer Bürgermeisters Hermann Georg (CDU) und die Enkelin von dessen Vorgänger Karl Brückel (SPD). Sie ist selbst SPD-Mitglied und engagiert sich seit der Kommunalwahl 2021 als Ortsvorsteherin in Watzenborn-Steinberg. (vb)

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