Glückshormone gegen Vorurteile

Die Wanderausstellung »Zusammenwachsen in Mittelhessen«, ist im Restaurant »Savanne« zu sehen.Christian Griese hat Menschen unterschiedlichster Kultur und ihre Gemeinsamkeiten fotografiert.
Lich (rrs). Im Rahmen der Licher Kulturtage legte die Wanderausstellung »Zusammenwachsen in Mittelhessen«, gemeinsam gestaltet vom Antidiskriminierungsnetzwerk AdiNet Mittelhessen, dem Landkreis Gießen, dem Verein Antidiskriminierung Mittelhessen und dem Ausländerbeirat der Stadt Lich, im afrikanischen Kultur Restaurant »Savanne« einen Stopp ein.
18 Plakate zeigen kleine Fotogeschichten mit einem beschreibenden Text über zusammen ausgeübte alltägliche Tätigkeiten von in Deutschland sesshaften Menschen aus vielen verschiedenen Kulturen.
»Vielfalt schützen statt Hass stützen«
Eine Afrikanerin und ein Deutscher kochen miteinander, lieben die Vielfalt auf dem Teller genauso wie im Freundeskreis. Eine Familie treibt gerne Sport, denn gemeinsame Glückshormone bauen Muskeln auf und Vorurteile ab, während andere Menschen der Kunst zugetan sind nach dem Motto »Besser Schönheit schenken und Vielfalt schützen als Hass und Einfalt stützen«. In der Ausstellung geht es weniger darum, Diskriminierungen aufzuzeigen oder die oft vermuteten Unterschiede zu betonen, die unsere Gesellschaft spalten und die Menschen trennen. Vielmehr wurde das Augenmerk auf die verbindenden Elemente von zwischenmenschlichen Beziehungen gelegt, gemeinsame Aktivitäten in den Vordergrund gerückt. Gerade dies zeigt, dass Vielfalt ein Gewinn für alle ist, dass miteinander reden, arbeiten, tanzen. sporteln oder spielen die Grenzen überwindet, uns dem Anderen, Fremden näher bringt, Toleranz schafft und so hilft, Diskriminierungen zu reduzieren.
Zur gut besuchten Vernissage am Sonntagmittag war auch Landrätin Anita Schneider angereist und stellte klar: »Diskriminierung findet bewusst und unbewusst in allen Lebensbereichen statt, egal ob im Alltag, bei der Arbeit, in der Bildung oder selbst durch staatliches Handeln.« Dabei schreibt schon das Grundgesetz die persönliche Freiheit fest. Aber das Recht wird das Problem nicht aus der Welt schaffen, wenn nicht jeder einzelne aktiv gegen Diskriminierungen eintritt. Miteinander zu leben beinhalte eine Chance für uns alle. Deutsch sein bedeute im 21. Jahrhundert, dass man zwei Identitäten haben darf wie deutsch-türkisch, deutsch-italienisch oder deutsch-griechisch. Wichtig sei nur, dass alle Menschen nach den Prinzipien und Gesetzen unseres demokratischen Rechtsstaates handeln.
»Lich ist bunt«
Yahya Akhgar, aus Afghanistan stammender Vorsitzender des Licher Ausländerbeirats, freute sich, dass zehn von den auf den Plakaten zu sehenden Menschen vor Ort waren und betonte: »Seit zwei Jahren hat Lich wieder einen Ausländerbeirat. Lich ist bunt und das soll auch so bleiben«. Dann schlug die Stunde für einen afghanischen Jungen, der auf einer Rubab, eine gezupfte Schalenhalslaute, die hauptsächlich von Paschtunen gespielt wird und als Nationalinstrument von Afghanistan gilt, mit heimatlichen Klängen alle Besucher in seinen Bann zog.
Der 42-jährige in Marburg lebende Fotograf Christian Griese hat die Menschen unterschiedlichster Kultur und ihre Gemeinsamkeiten für die Ausstellung in Fotos festgehalten. Ausgewählt wurden die Personen nach ihren gemeinsamen Interessen, Einstellungen und Hobbys. Griese hat ursprünglich Digital Arts mit Schwerpunkt Zeichentrickfilme studiert, ist nun aber freier Fotograf, fasziniert von Menschen, ihren Geschichten und was sie im tiefsten Wesen ausmacht. Er leistet viel Kampagnenarbeit, hat schon Fotoserien gegen häusliche Gewalt in Marburg betreut und engagiert sich aktiv bei der Diskriminierungsstelle. »Während der Arbeit mit den Modellen für diese Ausstellung habe ich viel für mich selber mitgenommen. Ich habe Angst vor Kriegen, vor dem ins Flugzeug steigen, aber auch vor Situationen mit unbekannten Menschen. Trotz allem bereichern uns fremde, andersartige Kulturen und Menschen. Jeder Fremde nimmt nicht nur, sondern hat uns auch etwas zu geben«, blickte Griese sichtlich emotional auf die Shootings zurück.
Nach einer weiteren afghanischen Weise klang die Vernissage mit Gesellschaftsspielen für alle aus.