»Ich möchte jeden erreichen«

Der Anzeiger begleitete den Lindener Bürgermeister-Kandidaten Fabian Wedemann (unabhängig) beim Haustürwahlkampf. Am 2. April kommt es zur Stichwahl zwischen ihm und Dennis Dern (Grüne).
Linden . »Ich hatte bisher Glück mit dem Wetter«, meint Fabian Wedemann, als es plötzlich heftiger zu regnen anfängt. Doch deswegen beim Haustürwahlkampf eine Pause einzulegen und auf besseres Wetter zu warten, kommt für den Lindener Bürgermeister-Kandidaten, der als Unabhängiger ins Rennen geht, nicht infrage. Stattdessen spannen er und sein Begleiter, der CDU-Stadtverordnete Christian Schmidt, die Schirme auf. Mit dem Anzeiger-Reporter im Schlepptau geht es sogleich weiter zu den nächsten Häusern in Großen-Linden, um an der Tür oder dem Hoftor zu klingeln. Denn der Termin der Stichwahl am kommenden Sonntag, 2. April, rückt immer näher.
Viermal pro Woche
Trotz des relativ deutlichen Vorsprungs, den er beim ersten Wahltermin am 12. März verbuchte, ist der 33-Jährige weiterhin »durchschnittlich viermal pro Woche« in den Ortsteilen unterwegs, um für sich zu werben, seine Broschüre zu verteilen und auf die bevorstehende Stichwahl hinzuweisen. Denn dass noch eine solche ansteht und dann mit dem Zählen der Stimmen wieder bei null begonnen wird, scheint nicht unbedingt jedem bekannt zu sein. »«Ich habe doch schon gewählt«, meint etwa ein Bürger nach dem Öffnen seiner Haustür. Um sich sofort eines Besseren belehren zu lassen.
Angesprochen auf das für ihn gute Wahlergebnis vor zwei Wochen, zeigt sich Wedemann an einem anderen Haus in der Ludwigstraße »guter Dinge. Es müsste schon einiges schieflaufen«. Zumal ihm am 12. März »nur 148 Stimmen« gefehlt hätten, um die Wahl schon im ersten Durchgang für sich zu entscheiden. Andererseits ist dem Stadtverordnetenvorsteher bewusst, dass damals die Wahlbeteiligung mit knapp 48,7 Prozent nicht gerade hoch war. Darauf weist er auch bei seinem Rundgang immer wieder mal hin. Außerdem wolle sich der 33-Jährige auf seinem Vorsprung »nicht ausruhen. Ich möchte jeden erreichen«, hat er sich für den Haustürwahlkampf vorgenommen.
»Sie kenne ich. Ich habe Sie erst gestern auf einem Plakat gesehen«, sagt eine Frau lachend, als sie nach dem Öffnen der Haustür Wedemann erblickt. Während sie sich als eine seiner Wählerinnen outet, erzählt eine ältere Dame in der Obergasse, schon seit Jahren nicht mehr wählen zu gehen. »Ich bin jetzt 90«, nennt sie als Grund und weist auf ihre beeinträchtigte Gesundheit hin. Wedemann findet es »schade«, dass sie sich so entschieden hat. Aber auch seine wiederholten Überzeugungsversuche scheinen an ihrer Haltung nichts zu ändern.
Manchen Bürgern reicht die Kommunikation mit dem Bürgermeisterkandidaten über die Sprechanlage aus. Sein Angebot, seine Broschüre in den Briefkasten zu werfen, wird zumeist gerne angenommen. Andere haben diese schon längst. Häufig trifft er Freunde und Bekannte, sodass sich die Gespräche auch mal um andere Dinge als die baldige Stichwahl drehen.
Aber nur wenige Bürger nutzen beim Besuch Wedemanns die Gelegenheit, ihn auch zu Lindener Sachthemen zu befragen. Oder seine Unterstützung zu suchen, wie das ein Mann tut, der ihn seine Unzufriedenheit mit der städtischen Markierung der Standplätze für den »Marienmarkt« wissen lässt. Dass einer davon direkt vor seinem Hoftor vorgesehen ist - wie es die Kreide-Striche auf dem Asphalt zeigen -, gefällt dem Mann ganz und gar nicht. Schließlich müsse er ja rein und raus kommen. Wedemann und sein Begleiter hören geduldig zu.
Schließlich führt der Weg des 33-Jährigen noch hinunter in die Junkergasse. Als ihn dort ein Junge auf der Straße entgegenkommen sieht, ruft er seinem offenbar noch im Haus weilenden Vater zu: »Da ist der Bürgermeister.« Ob der Vater seinen Sohn daraufhin korrigiert, ist zumindest nicht zu hören. Ein paar Häuser weiter treffen die beiden Besucher auf einen alten Bekannten. Dieser erzählt ihnen, nach elf Jahren nun endlich die behördliche Erlaubnis bekommen zu haben, auf dem Dach seines denkmalgeschützten Hauses eine Fotovoltaikanlage zu installieren. Dann lädt er die beiden zu einer kurzen Besichtigung ein, um ihnen im Hinterhof auch noch den Energiespeicher zu zeigen.
Nach etwas mehr als zwei Stunden beendet Fabian Wedemann für diesen Tag den Haustürwahlkampf. Sein Fazit fällt positiv aus, wie auch für die Wochen zuvor: »Ich habe bisher noch keine schlechten Erfahrungen gemacht.« Zudem findet er es höchst interessant, auch einmal einen Blick hinter die sonst verschlossenen Türen und Hoftore werfen zu können. Selbst im Regen.
Bevor am Sonntag, 2. April, die Stichwahl für das Lindener Bürgermeisteramt ansteht, hat der Anzeiger beide Kandidaten beim Haustürwahlkampf begleitet. Was sie hierbei jeweils erlebten, wird in separaten Artikeln geschildert. Im zweiten Teil folgt dann in der Mittwochsausgabe Dennis Dern (Grüne). (fod)