Starke Klimaerwärmung so nicht erwartet

Linden (twi). Eine gelungene Premiere feierte die neue Veranstaltungsreihe »Grüner Tisch«, zu dem der Ortsverband in den »Lindener Hof« nach Großen-Linden eingeladen hatte. Agrarwissenschaftler Dr. Michael Gaudchau erläuterte in seinem Vortrag »Wetter - Witterung - Klima« die Veränderungen und Hintergründe.
»Wir verlieren Boden, haben den Boden unter unseren Füßen verloren. Unseren Planeten haben wir benannt nach dem fruchtbaren Boden unter unseren Füßen ›Mutter Erde‹. Heute wollen wir mehr über den Klimawandel und den Boden erfahren«, dankte Stadtverordnete Karla Sell auch dem Ortsverband von Bündnis90/Die Grünen Linden, der den Kontakt zu dem in Linden lebenden Referenten hergestellt hatte.
Dieser machte zunächst deutlich, dass die Wetterfaktoren entscheidend sind, wobei es sich beim Wetter um einen Zustand der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort handelt. Unter Witterung versteht man Wetter während eines bestimmten Zeitraumes, auch einer Wochenfrist, wenn man von warm, kühl, nasskalt, oder wechselnd spricht. Klima wird definiert als typischer jährlicher Ablauf der Witterung für ein bestimmtes, größeres, geografisch mehr oder weniger abgegrenztes Gebiet. In seinem informativen Vortrag präsentierte Gaudchau viele Daten und unter Wissenschaftler unbestrittene Fakten. Mit vielen Tabellen, Diagrammen und Zitaten renommierter Forschungseinrichtungen illustrierte Gaudchau die fortschreitende Klimaveränderung durch den Einfluss der Menschen, den sogenannten »Anthropogenen Klimawandel«. Die zahlreichen Besucher erfuhren zu ihrem Erstaunen, dass der Einfluss von Verbrennungsprozessen durch CO2- und Partikelemissionen wie Ruß und Staub bereits 1850 von einem Wissenschaftler thematisiert wurde.
Diese Erkenntnis wurde von anderen Wissenschaftlern ebenfalls artikuliert, unter anderem bereits 1941. Allerdings war man damals noch der Auffassung, dass dieser Einfluss eher positiv für unsere Breitengrade sein würde. Gaudchau wies darauf hin, dass Ende des 19. Jahrhunderts und im Zweiten Weltkrieg in Mitteleuropa eine mehrjährige Kältewelle herrschte, die den Wunsch nach Erwärmung verständlich macht. Aus den Ausführungen wurde deutlich, dass die starke Klimaerwärmung trotz aller Vorwarnungen auch von führenden Wissenschaftlern nicht erwartet wurde. Der exponentiell steigende Verbrauch fossiler Stoffe im letzten und diesem Jahrhundert vor allem zur Energiegewinnung hat die Zusammensetzung der Atmosphäre so stark verändert, dass die vorhergesagten Effekte deutlich früher eingetreten sind. Die Veränderung des Jet-Stream, einer Luftströmung über der nördlichen Erdhalbkugel, hat dafür gesorgt, dass Wetterlagen hier wesentlich stabiler und länger anhaltend geworden sind. Das begünstigt heiße Dürrephasen, wie wir sie in den Jahren 2018 bis 2020 und in diesem Jahr erlebt haben. Dies hat massive Auswirkungen auf die Böden, die einer starken Verdunstung unterliegen, worunter besonders die Landwirtschaft, Wälder und Gärten zu leiden haben.
Im Anschluss an den Vortrag entstand im deutlich überbelegten Vortragsraum eine rege Diskussion. Hierbei standen die Fragen im Vordergrund, was der oder die Einzelne konkret tun kann, um die weitere Erwärmung zu bremsen. Der Einbau fotovoltaischer Anlagen, Wärmepumpen als Heizung, Dämmung von Häusern und allgemein sparsamer Umgang mit Dingen, die fossile Brennstoffe benötigen, wurden genannt. Um den häufigeren Perioden mit Wasserknappheit zu begegnen, ist der Einbau von Nutzwasserspeichern wie Zisternen sinnvoll, was bei Starkregen gleichzeitig für Kläranlagen hilfreich ist.
Foto: Wißner