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Noch keine Abfahrt auf Gleis 1

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Die Befürworter wollen keinesfalls Gras über das Projekt Lumdatalbahn wachsen lassen. Archivfoto: Wisker © Debra Wisker

Lollar/Staufenberg/Allendorf/Rabenau (dge). Im November 2010 wurde der Verein Lumdatalbahn aus der Taufe gehoben. Schon im Vorfeld hatte sich die Lumdatalbahn AG, eine Aktiengesellschaft unter Federführung von Michael Laux (Lollar), um die Wiederinbetriebnahme der Strecke bemüht. Dieses Ziel setzt sich auch der vor zwölf Jahren gegründete Verein. Und die Aktiven brauchen nach wie vor einen langen Atem.

Zeit, mal ein wenig zurückzublicken: Es war kein Aprilscherz, als am 1. April 1991 die Stilllegung des gesamten Bahnverkehrs auf der Strecke Londorf-Mainzlar wirksam wurde. Seither fährt kein Zug mehr auf der anno 1902 in Betrieb genommenen Strecke. Bereits zehn Jahre zuvor, zum Stichtag 31. Mai 1981, war der Personennahverkehr zwischen Lollar und Londorf eingestellt worden. Dies unter großem Protest der Bevölkerung. In der Folgezeit verkehrten nur noch sporadisch Güterzüge bis Londorf, um an der Strecke liegende Geschäfte mit Waren zu beliefern. Zwischen Mainzlar und Lollar ging der Güterverkehr zu RHI Magnesita, den ehemaligen Didier-Werken, noch bis 2016 hin und her. Hier gibt es zur Zeit Bestrebungen seitens der Unternehmensführung von RHI Magnesita, den Güterverkehr bis zum Werk möglicherweise wieder aufzunehmen. Die Lumdatalbahn AG (LB AG) wurde 1995 von engagierten Bürgern gegründet, die sich seither um den Erhalt der Strecke kümmerten und ihre Reaktivierung verfolgten. Seit 2010 verfolgt, wie eingangs erwähnt, der Verein Lumdatalbahn um seinen heutigen Vorsitzenden Manfred Lotz das Ziel der Wiederinbetriebnahme.

Schon 1999 gab es eine Vorstufenprüfung zur Lumdatalbahn. Diese Kosten-Nutzen-Untersuchung sei allerdings »eindeutig nicht ergebnisoffen, sondern zielgerichtet negativ« ausgegangen, hatte Volker Thomas, Vorstandsvorsitzender der Lumdatalbahn AG, 2010 bei einer Veranstaltung des Vereins festgestellt. Das wollte man so nicht hinnehmen, die Aktivitäten, die Strecke Lollar-Londorf zu reaktivieren, wurden - und werden - seither kontinuierlich fortgesetzt. 2012 sollte eine unabhängige Vorstufen-Untersuchung prüfen, ob und unter welchen Bedingungen die Reaktivierung der Lumdatalbahn sinnvoll ist. Die 2013 durchgeführte Vorstufenuntersuchung nach dem vereinfachten Projektdossierverfahren kam zu einem positiven Ergebnis und bescheinigt der Bahnstrecke Lollar-Londorf gute Chancen im Personenverkehr. Das Ergebnis lag 2014 vor. Indes: Für Freudensprünge war es bei Weitem zu früh. Doch immerhin bestätigte vier Jahre später, also 2018, eine Machbarkeitsstudie dem Projekt ebenfalls gute Aussichten. Seither wurden Argumente berücksichtigt, die sich mit der Zukunft des ländlichen Raums auseinandersetzten. Eine gute Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zählte man dazu. Wirke sich das doch auch auf die Attraktivität der Kommunen als Wohnort und auch als Wirtschaftsstandort aus - so eines der Argumente. Von elf Millionen Euro Kosten ging man damals noch aus. In dieser Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung vom 9. Januar 2018 waren die Kosten mit rund 10,7 Millionen Euro beziffert worden. Dabei ging man jedoch nicht von einer grundhaften Erneuerung, sondern lediglich von der Befahrbarmachung der Gleisanlage aus.

Und wieder hieß es warten auf den Zug. Doch es ist nicht nur der Zug, der fahren soll. Eine gute Taktung von Bus und Bahn im Lumdatal ist es, die die Menschen weg vom Individualverkehr und hin zum ÖPNV bringen soll. Die Mitglieder des Vereins Lumdatalbahn rühren weiterhin die Werbetrommel, veranstalten Sonderfahrten, informieren über ihr Vorhaben.

2020 scheint wieder Bewegung in die Sache zu kommen. Die Bundesregierung will die Richtlinien zur Bewertung auch von Reaktiverungsvorhaben neu definieren. Aspekte wie Daseinsvorsorge und Klimaschutz spielen nun auch eine Rolle. Die Lumdatalbahn steht unter anderem hier Modell (der Anzeiger berichtete). Im Sommer dieses Jahres lagen die Richtlinien vor. Die Kosten von rund elf Millionen Euro sind allerdings so nicht mehr kalkuliert. Nachdem der Abschlussbericht des vom Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) in Auftrag gegebenen Gutachtens für die Leistungsphasen I und II 2020 vorlag, wies die Kostenschätzung rund 36,6 Millionen Euro aus. Darin enthalten ist ein Zuschlagsfaktor von 25 Prozent für Risiken, wie etwa Preissteigerungen im Baugewerbe. Jedoch kam das Land Hessen zu dem Schluss, dass die Kosten für die Eisenbahnkreuzungsmaßnahmen nur zu einem Drittel anzusetzen seien, so dass bei diesem Planungsstand die Kosten rund 26 Millionen betragen. Nimmt man den bereits erwähnten Zuschlagsfaktor von 25 Prozent hinzu, ergeben sich nach Berechnung des Landes Kosten von 32,5 Millionen Euro. Außerdem basiert diese Kostenschätzung auch darauf, dass die Bahnanlage grundhaft erneuert und ausgebaut wird. Beim Land Hessen hat man schon mal vorgebaut und das Vorhaben Reaktivierung der Lumdatalbahn in Berlin zur anteiligen Förderung mit Gesamtkosten in Höhe von rund 26 Millionen Euro, zuwendungsfähigen Kosten in Höhe von rund 26 Millionen Euro und einem geplanten Beginn im Jahr 2025 angemeldet.

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