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Nur eine Flüchtlingsunterkunft in Pohlheim

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Von: Volker Böhm

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Auf dem Grundstück »Schönbornswiese« unterhalb der Sporthalle der Adolf-Reichwein-Schule wird die Flüchtlingsunterkunft. entstehen. Archivfoto: Schu © Red

Der Landkreis hat einen Vertrag für ein Grundstück unterhalb der Adolf-Reichwein-Schule vorgelegt. Dort soll eine Unterkunft für etwa 35 Personen errichtet werden.

Pohlheim. Bei dem Thema herrscht eigentlich Zeitdruck. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die hohen Flüchtlingszahlen plante der Landkreis Gießen, dass in vier Kommunen (Hungen, Allendorf/Lda, Lich und Pohlheim) feste Flüchtlingsunterkünfte in Holzbauweise für 13,5 Millionen Euro gebaut werden. Ursprünglicher Plan war, dass die Gebäude bereits im vergangenen Herbst bezogen werden sollten. Doch die Suche nach den passenden Standorten und die Vertragsverhandlungen mit den Kommunen erwiesen sich als zäh. Auch in Pohlheim. Nun liegt ein Vertrag vor, der eigentlich am Mittwoch im Haupt- und Finanzausschuss beschlossen werden sollte. Doch dazu kam es nicht.

Bekanntlich sollte die Unterkunft aus mehreren Gebäuden zunächst westlich des Hallenbades im Bereich der ehemaligen Minigolfanlage gebaut werden. Doch dieser Standort erwies sich als ungeeignet, da kurzfristig kein Baurecht zu bekommen war. Die Grünen hatten das Grundstück »Schönbornswiese« unterhalb der Sporthalle der Adolf-Reichwein-Schule vorgeschlagen. Das Parlament entschied sich im Oktober dafür, dass zwei kleinere Einheiten für maximal bis zu 35 Personen entstehen sollten - am Hallenbad und unterhalb der Schule. Doch im Vertrag, der dem Anzeiger vorliegt, ist nur von der »Schönbornswiese« die Rede.

Konkret geht es um eine Teilfläche von rund 2500 Quadratmetern. Dort sollen »mehrere Wohneinheiten für bis zu sechs Personen in verschiedenen Größen in zwei- oder dreigeschossiger Bauweise« errichtet werden. Hinzu kommt ein weiteres Gebäude mit Aufenthalts- und Gemeinschaftsflächen. Die Anlage soll etwa 35 Personen eine neue Heimat bieten. Selbstredend werden Parkplätze, Außenflächen, Spielgeräte und Abstellplätze für Fahrräder angelegt.

Die Gebäude sollen mindestens acht Jahre als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden. Anschließend ist vorgesehen, daraus einen Campus für Auszubildende zu machen.

Kosten von rund vier Millionen Euro

Die Kosten für die Errichtung der Häuser werden mit rund vier Millionen Euro angegeben. Der Landkreis trägt die laufenden Kosten wie Wasser, Abwasser, Müll, Heizung und Strom, während die Stadt zum Beispiel die Grundsteuer zu zahlen hat. Pohlheim übernimmt die Gebäude nach Vertragsende zum Restwert. Der Landkreis zieht davon ein Nutzungsentgelt ab, das sich am Bodenrichtwert des Grundstücks orientiert.

Ein eventueller Umbau für die Folgenutzung muss von der Stadt bezahlt werden. Auch an dieser Stelle im Vertrag wird auf den Azubi-Campus verwiesen.

Der Magistrat hatte den Vertrag zur Kenntnis genommen und beschlossen, dass der Haupt- und Finanzausschuss endgültig entscheiden solle. Doch Stadtverordnetenvorsteherin Hiltrud Hofmann (Grüne) wies darauf hin, dass dies nicht gehe. Entscheiden könne nur das Stadtparlament. Nur dieses, nicht aber der Magistrat könne einen Beschluss an einen Ausschuss delegieren. Ein eventueller Parlamentsbeschluss könne erst in der nächsten Sitzungsrunde stattfinden. Aber aus Hofmanns Sicht gibt es nichts mehr zu beschließen. Es sei nun Sache des Magistrats, die Sache umzusetzen.

»Es wäre ja denkbar, dass noch ein zweites Grundstück gefunden wird«, meinte Reiner Leidich (CDU) mit Blick auf den Beschluss vom Oktober. Die CDU würde unterhalb der Sporthalle lieber ein Einzelgebäude sehen »und jetzt kommt dort wohl doch der Campus. Da haben wir nicht aufgepasst«.

»Campus-Lösung schöner Weg«

Bürgermeister Andreas Ruck (parteilos) befand, dass mehrere Gebäude mit Blick auf die Nachnutzung besser seien. »Ein großer Block sieht da nicht so prickelnd aus. Die Campus-Lösung ist ein schöner Weg.«

FW-Fraktionsvorsitzender Andreas Schuch hätte sich in der Oktober-Sitzung konkrete Beschlüsse gewünscht. Er präferiere auch mehrere Gebäude am Hallenbad und ein Einzelgebäude unterhalb der Sporthalle. »Wir haben erheblichen Zeitdruck. Ich will die beste Lösung in der kürzesten Zeit.«

Erster Kreisbeigeordneter Christopher Lipp (CDU) berichtete auf Nachfrage des Anzeigers, dass der Kreis zunächst nur für den Standort unterhalb der Sporthalle plane. Sollte die Stadt an dem Schwimmbad-Standort weiter Interesse haben, müsse sie für das Baurecht sorgen und dabei auch umwelt- und naturschutzrechtliche Belange berücksichtigen. Das Gelände hat wegen des Gehölzbewuchses und zahlreicher großer, alter Einzelbäume einen Biotopcharakter - auch für Tiere. Dies hatte der Kreis an Anwohner geschrieben, die sich gegen den Standort gewehrt und Unterschriften gesammelt hatten.

Lipp wies darauf hin, dass der Kreistag über einen möglichen zweiten Standort in Pohlheim entscheiden müsse, da die Beschlusslage von einer Unterkunft in der Stadt ausgeht. Zudem sei man mit der aktuellen Kostenschätzung schon bei der Summe von 13,5 Millionen Euro angekommen. Konkreter werde es in Kürze mit den Ergebnissen der Ausschreibungen.

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