Highlandgames als Höhepunkt

»Blue Knights Mittelhessen« treffen sich zum rocken und rollen.
Reiskirchen (zye). Nach zweijähriger Corona-Zwangspause fand in Ettingshausen, vor dem Clubhaus der »Blue Knights Mittelhessen« wieder der traditionelle Oktober-Rock statt. Das dreitägige Festival bot alles, was das Bikerherz begehrt und räumte mit Vorurteilen auf.
Wenn sich eine Bikergang an einem ganzen Wochenende auf einem Waldsportplatz versammelt, dann würden vermutlich die meisten Anwohner beunruhigt einen Bogen um das Geschehen machen. Dunkle Sonnenbrillen, lange Bärte, röhrende Motorräder, Benzingeruch, Ledermonturen und mit Aufnähern bestickte Westen - all das gab es auch in Ettingshausen zu sehen. Der »ACAB«-Aufnäher, der behauptet, alle Cops seien »Bastarde«, ist nicht nur bei zwielichtigen Bikerclubs hoch im Kurs. Speziell diesen Aufnähern gab es aber auf den dunklen Westen der Biker in Ettingshausen nicht zu sehen.
90 Prozent der harten Jungs und Mädels der Blue Knights Mittelhessen sind nämlich Cops. Diese blauen Ritter besitzen sogar »erweitertes Festnahmerecht«. Polizisten sind die Meisten hier. Zehn Prozent können aber auch eine Ehrenmitgliedschaft erlangen, sofern sie sich für den »Chapter«, also die Ortsgruppe, verdient gemacht haben. Ob also Polizist oder geehrter Auserwählter, die Freizeit wird diesem Hobby gewidmet, das für sie aber mehr als das zu sein scheint. Es ist für sie ein Lebensgefühl.
Ein Bikerclub aus Gesetzeshütern? Passt das überhaupt zusammen? Das Motto »Ride with Pride« kennt da eben keine beruflichen Grenzen. Auch diejenigen, die keine Vollzeit-Biker sind, fahren unter dem Banner der stolzen Motorradfahrenden. Bikerclubs sollen sich untereinander, mit gegenseitigem Respekt begegnen. Egal auf welcher Seite des Gesetzes sie stehen. Danach sollen die Blue Knights leben, die ihre Wurzeln übrigens in den USA haben. Die Blue Knights in Mittelhessen bekamen nun Besuch von ihren Kameraden aus der ganzen Bundesrepublik sowie etwa aus Finnland, Österreich, England, der Schweiz, Belgien und Kroatien. 44 Chapter der Blue Knights gibt es in Deutschland, in Europa 170 und weltweit sogar 22 000. Auch Landrätin Anita Schneider gab sich ein Stelldichein.
In Ettingshausen ging es darum, beim Duft von Barbecue und Benzin, Freunde endlich wieder zu treffen. Das war ja nun die vergangenen Jahre eher schwierig. Besonders am Samstag war das Wetter auf der Seite der Knights und ihrer Familien. Die Menschen hier, vor ihrem Clubhaus mit Blue Knights Logo und langen Reihen von geparkten Motorrädern, sahen zufrieden aus. Der Erlös aus dem Verkauf von Speis und Trank soll an den Kinderhospizverein in Gießen gespendet werden. Grund genug also zu feiern und nicht alle Bikerclubs über einen Kamm zu scheren.
Doch auch Blue Knights Biker feiern wilde Partys im Zeichen ihrer metallischen Rösser: Freitagabend bis in die Nacht hinein wurde mit DJ gefeiert. Keine Drogen, keine Schlägereien, keine Exzesse. Dass es hier aber trotzdem um harte Kerle und Ladies ging, zeigten sie dann spätestens am Samstag. Vor einer weiteren Partynacht wurde live mit Rock-Classics von »Opa Kommt« beschallt. Die wurden immerhin als die »wohl härteste Rentnerband Deutschlands« angekündigt.
Doch zuvor flogen bei den Highlandgames unter anderem Baumstämme und Stiefel durch die Gegend. Manns- und frauhohe Reifen wurden dort mit Muskelpower geschubst. Da blickten die Teilnehmer nicht selten angestrengt bis schmerzverzerrt drein. Um Schweiß und Ehre ging es hier aber irgendwie auch. Wer war schneller? Wer warf die schweren Gegenstände weiter? Es musste aber mit rechten Dingen zugehen: Schiedsrichter halfen dabei, die Gewinner zu finden. Doch bei allem Wettkampf schien das gemeinsame Lachen und Feiern dann doch wichtiger zu sein. Wobei der Preis, ein schottischer Malt-Whiskey, sicherlich heiß begehrt war unter den Teilnehmenden. Als Hintergrundsound waren hier auf unter anderem Songs wie »Amazing Grace« zu hören. Live und stilecht vom Dudelsackkünstler performt. Er sei aber kein Schotte, sondern Sachse, musste er klarstellen.

