Aus dem Berufsalltag eines Detektivs - ein Gießener erzählt
"Man lebt das Leben der Anderen mit", sagt Christian Thome über seinen Beruf. Und der ist alles andere als alltäglich: Der 33-Jährige ist Privat- und Wirtschaftsdetektiv. Der "Klassiker", bei dem er aktiv wird, ist ein vermeintlich untreuer Partner. Hinzu kommen die Observation von krankgemeldeten Angestellten, der Nachweis von Schwarzarbeit und die Überwachung von Kollegen im Außendienst.
Von Jasmin Mosel
Bei der Observation: Neben Foto- und Videokamera gehört auch Wechselkleidung zum Equipment von Detektiv Christian Thome. Einiges, was er erlebt hat, klingt durchaus fernsehreif. Foto: Mosel
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GIESSEN - "Man lebt das Leben der Anderen mit", sagt Christian Thome über seinen Beruf. Und der ist alles andere als alltäglich: Der 33-Jährige ist Privat- und Wirtschaftsdetektiv. Den Hauptsitz seiner Detektei hat er nun in Gießen eröffnet, in Frankfurt betreibt er außerdem eine unselbständige Niederlassung. "Das ist schon ein Job mit Nachwuchsproblemen", erzählt Thome im Gespräch mit dem Anzeiger. Dabei kann theoretisch jeder Detektiv werden, denn die Bezeichnung ist nicht geschützt. Seit 2002 im Geschäft, qualifizierte sich Thome dennoch weiter und ist inzwischen von der Zentralstelle für Ausbildung im Detektivgewerbe (ZAD) und der IHK zertifiziert - und international tätig.
"Mit uns zum Beweis" verspricht seine Detektei auf der Webseite, doch wie läuft die Arbeit eigentlich ab? Manchmal sei es schwierig, den Auftraggebern zu vermitteln, dass er keine Wunschergebnisse, sondern Fakten liefere. Darüber hinaus müsse ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden. "Ich kann nicht einfach jeden Auftrag annehmen", betont der Fachmann. Oftmals wollten Leute einfach nur mehr über eine Internetbekanntschaft herausfinden, das lasse sich natürlich nicht mit dem Datenschutz vereinbaren. Ein vermeintlich untreuer Partner sei hingegen ein "Klassiker", bei dem er häufig aktiv werde.
Hauptsächlich beauftragten allerdings Firmen seine Detektei, die auch mit Rechtsanwälten kooperiert. Die "Topthemen": Observation von krankgemeldeten Angestellten, Nachweis von Schwarzarbeit und Überwachung von Kollegen im Außendienst. Was Thome in seinem Berufsalltag aufdeckt, klingt abenteuerlich. Da war etwa der krankgeschriebene Mann, der aber gesund genug war, um einen Hausumbau zu stemmen. Oder ein laut Spesenabrechnung fleißiger Außendienstler, der sich allerdings lieber im Rotlichtmilieu vergnügte. Gut erinnert sich der Detektiv auch noch an einen Auftrag, bei dem er eine Frau observieren sollte, deren Ehemann ihr die vielen Arztbesuche nicht mehr abnahm. Die Frau suchte zwar sehr wohl einen Mediziner auf, es handelte sich jedoch um "eine Untersuchung der anderen Art." Die "Glasfront des Hauses" habe da "einiges ans Licht gebracht". Angesichts solcher "krassen Fälle" fällt es Thome manchmal schwer, seine Klienten über das Ergebnis der Recherchen zu informieren. "Eine Kundin hat ihrem untreuen Mann sofort die Koffer gepackt und vor die Tür gestellt - zusammen mit den von mir geschossenen Beweisfotos."
Fast schon fernsehreif klingen die Geschichten, von denen der 33-Jährige Dutzende zu erzählen hat. Von den bekannten TV-Detektiven aus dem Nachmittagsprogramm hält er aber nichts. "Das ist alles absolut an der Realität vorbei", ärgert sich der Gießener. Ständig würde dort suggeriert, dass Detektive etwa als getarnte Heizungsableser Kameras installieren. "Da werden Straftaten gezeigt", verdeutlicht Thome, der wegen solcher Szenen tatsächlich auch entsprechende Anfragen bekomme. "Im Fernsehen geht das doch auch", werde dann argumentiert. Doch das heimliche Filmen und Fotografieren in geschlossenen Räumen sei genauso unzulässig wie die von den TV-Detektiven verwendeten "Abhöreinrichtungen", um im Vertrauen geführte Gespräche aufzuzeichnen. Observationen würden obendrein "völlig falsch" dargestellt. So sei niemals nur ein einzelner Detektiv der Zielperson auf den Fersen, sondern mehrere, um nicht mit immer demselben Fahrzeug aufzufallen. "Man weiß nie, was kommt." Deshalb gehöre neben Foto- und Videokamera auch Wechselkleidung zum Equipment - vom Anzug bis zur Badehose.
Keinesfalls eingreifen dürfe man in das natürliche Bewegungsbild der Zielperson, in den TV-Fällen geschehe das aber oftmals durch einen "Lockvogel". Denn: "Alles was passiert, muss ich auch wirklich gesehen haben, falls es zu einem Gerichtsverfahren kommt." In seinen Berichten werden alle Abläufe aus diesem Grund auch minutiös dokumentiert.
Auch Thome hat übrigens schon Fernsehanfragen erhalten - und immer abgelehnt. Solche Auftritte passten nämlich einfach nicht zu seinem Beruf, unterstreicht der Detektiv, der zukünftige Observationen nicht dadurch gefährden will, dass sein Gesicht in den Medien zu sehen war. Lediglich bei einer Aufklärungsdokumentation würde er mitwirken, denn sein Beruf sei "lange nicht so spannend, wie jeder denkt". Aber abwechslungsreich ist er auf jeden Fall.