Der gemischte Chor lud zum zehnjährigen Bestehen das "Bach Collegium Wetzlar" und Solisten nach St. Bonifatius ein.
Von Heiner Schultz
Glänzte mit Bachs Weihnachtsoratorium: "Cantamus Gießen" unter Leitung von Axel Pfeiffer. Foto: Schultz
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GIESSEN - Attraktiv und würdevoll beging der gemischte Chor "Cantamus Gießen" nach einem ersten Konzert am Samstag im Wetzlarer Dom am Sonntag sein zehnjähriges Jubiläum in der voll besetzten Kirche St. Bonifatius mit dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Gemeinsam mit dem "Bach Collegium Wetzlar" und den Solisten Nicole Tamburro, Heike Keller, Thomas Jakobs und Johannes Schendel rundete sich das Programm unter der Leitung von Axel Pfeiffer zu einem glanzvollen Musikerlebnis.
Um es vorwegzunehmen: Die mitwirkenden Ensembles und die Solisten waren sehr gut aufgelegt und boten in der mit rund 800 Besuchern vollbesetzten Kirche eine lebendige, handwerklich hochwertige Vorstellung. Der Chor agierte strahlend klar, die Stärken von "Cantamus" waren deutlich zu erleben. Die perfekte Geschlossenheit bis ins Detail, die klangliche Ausgewogenheit und darstellerische Kraft vermittelte sich verlustfrei. Besonders angenehm waren die feinen Abschlüsse, die frei von Übertreibungen blieben.
Dazu passte die routinierte Kompetenz des Bach-Ensembles, das überwiegend aus Mitgliedern und Ehemaligen des Wetzlarer Jugendsinfonieorchesters besteht. Das Ensemble überzeugte durch Geschlossenheit und Klangbewusstsein. Zudem konnte sich das Publikum an überzeugenden solistischen Leistungen erfreuen, eingeschlossen eine gut aufgelegte Blechbläserabteilung. Der festliche Charakter dieser Partien kam tadellos rüber. Insbesondere die Holzbläser konnten mit Wärme und Ausdruckskraft für sich einnehmen.
Gewaltiger Hall
Axel Pfeiffer hielt die musikalischen Einzelteile mit der richtigen Mischung aus Deutlichkeit und Begeisterung in der Balance. Die nicht ganz einfache Akustik des gewaltigen Gotteshauses erwies sich als beherrschbar. Pfeiffer dirigierte die Ensembles hochsensibel angepasst an den gewaltigen Hall und erzielte so einerseits eine gute Sprachverständlichkeit und andererseits Transparenz der Instrumentalisten. Bestens in Stimmung wie sein Chor, verströmte er ein Engagement, das nicht zu übersehen war.
Rundum glücklich fiel die Wahl der Solisten aus. Tenor Thomas Jakobs überzeugte mit herausragender Klarheit der Artikulation, mit schönem, nie hartem Ton und natürlicher Wiedergabe; nicht einfach, wie auch den bei den anderen Rezitativen. Auch die erfahrene Sopranistin Nicole Tamburro passte exzellent ins Geschehen. Sie lieferte ihre Partien mit natürlicher Stimme und klarer Klanggestaltung. Dazu passte hervorragend Altistin Heike Keller. Saubere Intonation und gute Sprachverständlichkeit ergänzten ihren warmen Stimmklang. Nicht zuletzt trug Bassist Johannes Schendel zum Gelingen bei. Er fand einen warmen, narrativen Ton.
So konnte man die Vielfalt und den prachtvollen Reichtum an Feinheiten und Einfällen der Komposition ohne Einschränkungen genießen. Pfeiffer hatte das Werk klug auf etwa knapp zwei Stunden gekürzt, was der häufigen inhaltlichen Weitläufigkeit solcher Großwerke von vornherein einen Riegel vorschob. Das Ergebnis war eine angenehme Überschaubarkeit und daraus resultierende Einprägsamkeit. Obwohl der Chor mit ansteckender Begeisterung bei der Sache war, Teile der Sängerinnen und Sänger schwangen mit der Musik mit, trat er als Teil des Ganzen leicht in den Hintergrund. Was man durchaus mit Bedauern feststellen konnte. Das unmittelbare emotionale Ansprechen, ein Markenzeichen des Ensembles und Charakteristikum der Chormusik, war so kaum noch zu spüren.
Immer wieder schienen Glanzlichter auf: mal bezauberten die Holzbläser mit besonderer Wärme und Prägnanz, dann wieder schienen die Sänger vor Begeisterung förmlich vom Boden abzuheben. Insgesamt war in St. Bonifatius ein exzellentes Musikerlebnis zu genießen, in dem alle Mitwirkenden mit Gefühl und Engagement für eine einnehmende Realisation des Werks sorgten.
Als Zugabe erhielt das begeisterte, lange applaudierende Publikum eine Wiederholung des Schlusschors.