Demo in Gießen: Abtreibungsgegner treffen auf "Omas gegen Rechts"
"Vater unser im Himmel" beteten die Einen. "Abtreibung ist Frauensache", intonierten die Anderen. Am Mittwoch trafen in Gießen "Lebensschützer" auf die "Omas gegen Rechts".
Von Petra Zielinski
"Abtreibung ist Frauensache": Diese Position vertreten die "Omas gegen Rechts". Foto: Zielinski
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GIESSEN - "Vater unser im Himmel", beteten die einen. "Ob Kinder oder keine entscheiden wir alleine", intonierten die anderen. Am Mittwoch trafen die "Lebensschützer" auf ihrem Weg von der Bonifatius-Kirche zur Bahnhofstraße vor der Praxis der Ärztin Kristina Hänel auf die "Omas gegen Rechts".
Bei den "Lebensschützern" handelt es sich um eine Gruppierung, die auf verschiedene Art und Weise versucht, Abtreibungen zu verhindern. Gefordert wird, diese in Deutschland komplett zu verbieten. Kristina Hänel wurde nach einer Anzeige des "Lebensschützers" Klaus Günther Annen zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt, weil sie auf ihrer Internetseite Informationen zum Schwangerschaftsabbruch veröffentlicht. Ein Verstoß gegen den umstrittenen Paragraf 219a des Strafgesetzbuches.
Als die im vergangenen Oktober von Dr. Dorothea von Ritter-Röhr und Angelika Körner gegründeten Gießener "Omas gegen Rechts" von der Mahnwache der "Lebensschützer" erfuhren, reagierten sie prompt mit einer friedlichen Gegendemonstration. Sechs "Lebensschützern", die Babybilder und ein Kreuz gen Himmel hielten, standen rund 50 Omas sowie einige Medizinstudentinnen gegenüber.
Die "Lebensschützer" sangen christliche Lieder, die "Omas gegen Rechts" stimmten unter anderem "Die Gedanken sind frei" oder das Partisanenlied "Bella Ciao" an - eine der Hymnen der antifaschistischen, anarchistischen, kommunistischen und sozialdemokratischen Bewegungen Italiens im Zweiten Weltkrieg. Während die "Omas" ihre Meinung offen äußerten, schwiegen die "Lebensschützer" gegenüber der Presse. Keiner von ihnen erklärte sich bereit, über den Sinn ihrer Kundgebung zu informieren. "Es ist traurig, dass wir heute hier sein müssen", erklärte hingegen Dorothea von Ritter-Röhr. "Vor 40 Jahren waren wir schon weiter als heute." Die "Omas gegen Rechts" möchten sich nicht dem Vorwurf ihrer Enkel aussetzen, sie hätten zu "politischen Fehlentwicklungen in Deutschland" geschwiegen. "Wir sind gegen Rassismus und Frauenfeindlichkeit." Und: "Wir sind entschlossen, auf Missstände öffentlich hinzuweisen. Eigenverantwortung und Selbstorganisation statt Fremdsteuerung und Unmündigkeit." So war auch auf einem ihrer Plakate klar und deutlich zu lesen: "Abtreibung ist Frauensache".
"Wir bleiben so lange, bis die anderen weg sind", versprachen die "Omas". Und erst, als die "Lebensschützer" weiter ihrer Wege zogen, löste sich die Frauengruppe, zu der sich auch einige Männer gesellt hatten, langsam auf.
Die Bewegung "Omas gegen Rechts" ist in Österreich entstanden, als sich dort eine Regierung unter Beteiligung der Rechtspopulisten aus der FPÖ abzeichnete. Mittlerweile sind sie nicht nur in Österreich etabliert, sondern auch in vielen größeren deutschen Städten. "Wir haben uns in Windeseile verbreitet", freute sich Dorothea von Ritter-Röhr.