GIESSEN - Das Aktionsbündnis Sozialproteste (ABSP) hat im Dezember des vergangenen Jahres zahlreiche Organisationen für eine Kampagne gegen Leiharbeit gewinnen können. Die Initiative hatte daraufhin den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) dazu aufgefordert, alle bestehenden Tarifverträge zwischen den DGB-Gewerkschaften und den Leiharbeitsverbänden zu kündigen (der Anzeiger berichtete). Ulf Immelt, Gewerkschaftssekretär der DGB-Region Mittelhessen, hat nun in einer Pressemitteilung auf die Forderung reagiert.
Immelt bestreitet nicht, dass Leiharbeit ein äußerst wirksames Instrument sei, Niedriglöhne zu etablieren und Belegschaften zu spalten. In der Frage, wie wirksame Gegenstrategien aussehen können, gebe es jedoch sehr unterschiedliche Positionen. "Während die DGB-Gewerkschaften versuchen, durch den Abschluss von Tarifverträgen die Arbeitsbedingungen und Einkommenssituation in der Leiharbeit zu verbessern, stößt diese Strategie bei Teilen der politischen Linken auf Unverständnis. Das zentrale Argument der Kritiker ist, dass durch das Festhalten an dem geschlossenen Tarifvertrag zur Leiharbeit der bereits im Gesetz verankerte Grundsatz ,Gleicher Lohn für gleiche Arbeit' unterlaufen wird", schreibt der Gewerkschaftssekretär.
Nachwirkung umstritten
Die Hoffnung der politischen Linken sei jedoch trügerisch, wenn sie annehme, dass bei der Aufkündigung der DGB-Tarifverträge in der Leiharbeit automatisch der "equal pay"-Grundsatz greife, so Immelt. Denn diese würden auch nach Ende der Laufzeit noch nachwirken. "Im speziellen Fall Tarifvertrag Leiharbeit ist die Nachwirkung zugegeben juristisch umstritten", gibt Immelt zu. Dies müssten Betroffene jedoch individuell in einem langen Rechtsstreit vor den Arbeitsgerichten klären lassen. Die DGB-Tarifverträge Leiharbeit hätten zumindest einen Vorteil: Ohne den darin vereinbarten Mindestlohn in der Leiharbeit gäbe es für die Betroffenen in der verleihfreien Zeit nur den deutlich niedrigeren gesetzlichen Mindestlohn. Ein weiteres Argument für die DGB-Strategie sei, dass die Entgelttarifverträge der DGB-Tarifgemeinschaft die Grundlage für die Branchenzuschläge in der Leiharbeit bilden.
Trotz dieser Verbesserungen gehöre Leiharbeit auf den Müllhaufen der Geschichte, betont der DGB-Gewerkschaftssekretär. Dies geschehe aber nicht durch die Aufkündigung des DGB-Tarifvertrages, sondern müsse durch kampfstarke Belegschaften und deren Gewerkschaft erkämpft werden.