Die Schönheit ist Programm: 25 Jahre Edition Noir in Lich
Von großen Namen und hoffnungsvollen Talenten: Die Edition Noir versteht sich auf schöne Bücher. Jetzt feiert die Licher Galerie und Werkstatt für künstlerische Pressedrucke Geburtstag.
Von Björn Gauges
Birgit und Bodo W. Klös zeigen in der kommenden Ausstellung der Edition Noir vielfältige Kunst zum Thema Musik.
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LICH - Für den Nachmittag am Strand sind die Bücher der Edition Noir nicht unbedingt geeignet. Auch als schnelle Reiselektüre in der Bahn oder dem Flugzeug sind sie nicht das Richtige. Denn in der Werkstatt von Birgit Klös geht es nicht um den flüchtigen Gebrauch, sondern um edles Papier, um elegante Typografien, um prächtig gestaltete Buchdeckel - um wahre Schönheit eben. Jetzt feiert der im Licher Ortsteil Nieder-Bessingen beheimatete Verlag für Kunstbücher und Druckgrafiken seinen 25. Geburtstag. Das Jubiläum wird an diesem Wochenende standesgemäß gefeiert - mit einer Ausstellung.
Diese lange Erfolgsgeschichte war für Birgit Klös "nicht abzusehen", als sich die gelernte Krankenschwester dazu entschied, im November 1994 eine Galerie in der Licher Innenstadt zu eröffnen, die sich speziell mit Grafiken, Kunst- und Künstlerbüchern beschäftigt. "Ich war berufsfremd", erzählte sie, "aber ich kannte durch meine Arbeit viele Leute". Zumal ihr Ehemann Bodo W. Klös als erfolgreicher Künstler ebenfalls gut vernetzt war. Und so war die Neugier des Publikums gleich geweckt, als Birgit Klös begann, die Galerie zu etablieren. Von Beginn an war sie auf den großen Messen in Frankfurt, Leipzig und auch im europäischen Ausland präsent, wo stetig weitere Kontakte geknüpft wurden - zu Kunden, Kollegen, Künstlern. Irgendwann wurde der Raum in Lich zu eng und das Ehepaar verlegte die Edition 2004 in das Atelier und die Druckwerkstatt von Bodo W. Klös in Nieder-Bessingen, wo sie bis heute untergebracht ist. Und etwas später hatte die Edition Noir sogar einen Auftrag von Tomi Ungerer in der Tasche.
Der ergab sich über das Gespräch mit einem bekannten Museumsleiter, der mit dem im Februar 2019 gestorbenen Ungerer befreundet war und Klös eines Abends bei einem Glas Rotwein in einem Hamburger Restaurant fragte, was sich denn mit 100 bislang unveröffentlichten Zeichnungen des berühmten Schriftstellers anstellen ließe. Die Antwort: Ein Buch natürlich! So kam es tatsächlich. Ungerer, der berühmte Freigeist aus dem Elsass, versah die Werkstatt mit dem Auftrag, ein Künstlerbuch aus den lange in einer Schublade schlummernden Zeichnungen zu machen. So entstand "Künstler, Tod und Königsklopfen - 33 Aphorismen zu 33 Autoportraits". Es ist großformatiger und handsignierter Band, dem jeweils eine Radierung des Künstlers beigelegt ist. Gehüllt in eine schwarze Kassette, besitzt er die Anmutung eines edlen Gemäldes, ist in einer Auflage von 100 Stück erschienen und 1200 Euro teuer. Vorgestellt wurde das Werk im September 2009 in Paris, in Anwesenheit Ungerers sowie zahlreicher weiterer Künstler, Politiker, Journalisten - ein wunderbarer Abend, schwärmt Birgit Klös noch zehn Jahre danach.
AUSSTELLUNG
Das Jubiläum der Edition Noir wird mit einer Ausstellung am Sonntag, 13. Oktober, von 15 bis 18 Uhr gefeiert. Unter dem Motto "Kunst, Musik und kleine Brötchen" wurden mehrere Künstler eingeladen, Bilder beizusteuern, die sich im weitesten Sinne mit Musik beschäftigen. Zu sehen sind Zeichnungen, Skulpturen, Linol- und Holzschnitte, Litografien, Radierungen sowie einiges mehr. Es spricht der Kunsthistoriker Dr. Friedhelm Häring. Musik kommt von Tess Wiley. Die Ausstellung ist bis zum 21. Dezember in der Edition Noir (Ettingshäuser Straße 8) zu sehen. (bj)
Dennoch war es auch ein wirtschaftliches Risiko für die Edition Noir, solch eine Investition zu stemmen, ohne die Erfolgsaussichten des mit vielen Schwierigkeiten und Nervenproben verbundenen Projekts abschätzen zu können, erzählt die Verlegerin. Doch die Arbeit fand ihre Käufer, zumal ein Jahr nach Veröffentlichung eine Einzelschau Ungerers in der renommierten Kunsthalle Würth gezeigt wurde, das zu diesem Anlass gleich mehrere der Bände erwarb.
Bei Birgit Klös müssen es aber nicht immer nur hochpreisige Bücher sein - im Gegenteil. Im Atelier Noir geht es seit je her auch um Grafiken, und die sind "für den schmalen Geldbeutel" gedacht, sagt die Licherin. Schon Goya oder Rembrandt hätten mit Grafiken eine breite Kundschaft angesprochen - und so halte es auch die Edition Noir. In den 25 Jahren des Bestehens gab es zahlreiche Ausstellungen, bei denen spannende Arbeiten in der Galerie vorgestellt wurden. Viele namhafte Künstler waren darunter: Grafiken von Max Liebermann oder Lovis Corinth wurden ebenso präsentiert wie Radierungen von Horst Jannssen, Lithografien von Bele Bachem oder "Janosch für Erwachsene". Aber auch zahlreiche weiter weniger prominente Künstler, die sich in Nieder-Bessingen entdecken lassen.
Bleibt der Blick in die Zukunft und die Frage, ob das Interesse der Kundschaft weiter anhält. Wie steht es also in Zeiten, in denen das Digitale der gesamten Buchbranche stark zu schaffen macht, um die Edition Noir? Birgit und Bodo W. Klös sehen keinen Grund zur Klage. Das Interesse an den haltbaren, den beständigen, den schönen Dingen empfinden sie als ungebrochen. Das zeige sich bei den Ausstellungen etwa daran, dass neben einem treuen Publikum immer auch neue Besucher den Weg in die Galerie finden. Die nächste Gelegenheit für Kunst- und Bücherfreunde gibt es schon an diesem Sonntag.