Das Projekt "Ich.Morgen" wurde in der Stadtbibliothek vorgestellt: Gießener sind aufgerufen, ihre Gedanken, Wünsche und Bedürfnisse miteinander zu teilen. Los geht es am 3. April.
Von Björn Gauges
Eine Animation des Satelliten, der ab dem 3. April seine Bahnen durch Gießens Stadtraum ziehen soll. Skizze "Satellit": Morgenstern & Wildegans
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GIESSEN - Wie wollen wir als Menschen sein? Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Wie wird unsere Umwelt künftig aussehen? Diese drei Fragen werden bald an die Gießener gerichtet - und können dann überall im Stadtraum beantwortet werden. Dafür sorgt das zentral in der Stadtbibliothek angesiedelte Projekt "Ich.Morgen", das vom 3. April bis zum 23. Oktober inklusive eines Begleitprogramms läuft und gestern bei einem Pressetermin vorgestellt wurde.
Angelehnt ist das Projekt an die Idee eines Raumschiffs, das seinen Satelliten losschickt, um den Planeten zu erkunden und dazu Informationen von den Bewohnern zu sammeln, wie Kulturamtsleiter Dr. Stefan Neubacher berichtet. Dieser Satellit kommt von dem für das Raumdesign verantwortliche Team Morgenstern und Wildegans. Die beiden Ausstellungsarchitekten haben einen fahrbaren Container entwickelt, der ab dem 3. April von der Stadtbibliothek aus in die vier Himmelsrichtungen unterwegs ist und dabei wöchentlich seinen Standort wechselt. An Bord hat er Bücher und Informationsmaterial zu den Themen Mensch, Arbeit und Umwelt sowie einen Bildschirm, der über eine eigens für das Projekt entwickelte App eine digitale Verbindung zur Stadtbibliothek hält. Je nach Thema können die Menschen dort ihre Ideen und Assoziationen, Wünsche und Ängste, Kommentare und Zeichnungen hinterlassen, die dann an den Berliner Platz übermittelt werden und in Echtzeit an einer eigens dafür designten Station digital einlaufen. Eine Sozialpädagogin sowie Praktikanten sollen dem Publikum dabei für Fragen zur Verfügung stehen.
Dieser Container, der laut Marcus Morgenstern eine offene, umklappbare Bühne besitzt und damit auch in Corona-Zeiten gut nutzbar sei, wird in den Stadtteilen in Kooperation mit vier Institutionen betrieben: mit der Werkstattkirche in der Nordstadt, mit der Diakonie in der Weststadt, mit dem Zentrum für interkulturelle Bildung und Begegnung (ZiBB) in der Oststadt sowie mit dem Christlichen Verein junger Menschen Gießen (CVJM) in der Südstadt. Zu Beginn jeder Themenrunde soll es ein kleines Eröffnungsfest geben. Außerdem geplant sind ein vom Literarischen Zentrum Gießen (LZG) organisiertes Begleitprogramm, drei Abschlussveranstaltungen der Themenrunden in der Stadtbibliothek sowie ein großes Abschlussevent im Oktober. Die genauen Termine und Örtlichkeiten werden zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.
Aber auch in der Stadtbibliothek selbst können sich die Besucher zu den drei Fragen äußern. Morgenstern und Wildegans haben dazu neben der Empfängerstation auch eine Art Cockpit errichtet, auf der ebenfalls ein Tablet installiert ist. Und auch dort gibt es ein eigenes Regal, in dem sich die Themen mit einer Bücherauswahl vertiefen lassen. Am Ende sollen die Beiträge der Gießener in einem Buch gesammelt werden, dass zwar nicht in den freien Verkauf gehen wird, aber natürlich in der Stadtbibliothek zu bekommen sein wird.
Marco Rasch vom für das inhaltliche Programm verantwortlichen Gießener Team Zellkultur - Büro für angewandte Kultur und Bildung - hat keine inhaltlichen Erwartungen an die Ergebnisse. Er hofft aber auf eine möglichst große Beteiligung an diesem Projekt. "Wünsche, Träume, Ängste - und alles dazwischen" könnten die Menschen auf diesem Weg formulieren, wenn sie sich ihre Zukunft vorstellen. Und "in der Zukunft leben wir ja schließlich alle für den Rest unseres Lebens".
"Ich.Morgen" ist eins von insgesamt 28 Projekten, die von der Bundeskulturstiftung für ein Förderprogramm unter dem Titel "hochdrei - Stadtbibliotheken verändern" ausgewählt wurden. Vom 5,6 Millionen Euro großen Gesamtbudget fließen 180 000 Euro nach Gießen, wie deren aus Halle (Sachsen) zugeschalteter Programmverantwortlicher Hassan Soilihi Mzé berichtete. Das Gießener Projekt habe die Jury vor allem deshalb überzeugt, weil es mit seiner unkonventionellen Form die Chance eröffne, "in den Stadtraum hineinzuwirken", lobte Mzé. Er zeigt sich nun ebenso wie Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz gespannt, welche Zukunftsideen die Gießener in den kommenden Monaten zusammentragen.
Das Projekt ist über eine Webseite sowie Facebook (@ich.morgen), Instagram (@ich.morgen) und per E-Mail (mail@ich.morgen.de) zu erreichen.