Experten der Uni Gießen bilanzieren "100 Tage Donald Trump"
Von msh
Zwischen Anspruch und Realität: Was hat Donald Trump in den ersten 100 Tagen im Amt erreicht? Foto: dpa
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GIESSEN - Für US-Präsident Donald Trump endeten am Samstag die ersten 100 Tage seiner Regierungszeit - Zeit für eine Zwischenbilanz. Das Zentrum für Medien und Interaktivität (ZMI) und die Kontroversen-Debatten des Instituts für Politikwissenschaft der Justus-Liebig-Universität (JLU) luden dafür in die Uniaula ein, um sich über die innen- und außenpolitischen Weichenstellungen der neuen US-Administration auseinanderzusetzen.
Moderatorin Prof. Simone Abendschön richtete den Fokus dabei auf die Entwicklungen der US-amerikanischen Innenpolitik sowie die Beziehungen zu wichtigen internationalen Partnern wie Deutschland, der Europäischen Union und Japan. An der Podiumsdiskussion beteiligten sich Prof. Verena Blechinger-Talcott (Japanologie, Freie Universität Berlin), Prof. Helmut Breitmeier (Politikwissenschaft, JLU), Prof. Claus Leggewie (ZMI/JLU), Prof. Dorothée de Nève (Politikwissenschaft, JLU), Prof. Greta Olson (Anglistik, JLU) und Andreas Schwarzkopf (Frankfurter Rundschau).
Schwarzkopf sprach das schwierige Verhältnis Trumps und seiner Regierung zu den Medien an. "Meine Kollegen in den USA sollen allesamt von der Lügenpresse sein und werden deshalb ausgegrenzt", sagte der Journalist über die aktuelle Situation. Doch gerade dieser Umgang habe für die US-Presse einen positiven Effekt mit sich gebracht, da wieder steigende Auflagenzahlen festzustellen seien. "Von daher sind wir die Kriegsgewinner." Schwarzkopf betonte aber auch, dass Trump ein "regelrechter Mitteilungsweltmeister" sei, der allerdings fast ausschließlich Schreckensmeldungen verbreite. Er bezog sich dabei auf das neue Steuerpaket, die versuchte Abkehr von Barack Obamas Gesundheitsreform, die Kehrtwende im Nahostkonflikt und auf das versuchte Einreiseverbot für Muslime. "Besonders für ein klassisches Einwanderungsland ist das eine Katastrophe". Verena Blechinger-Talcott erklärte, weshalb bereits vor Trumps Vereidigung ein informelles Treffen mit dem japanischen Premierminister Shinzo Abe stattgefunden habe. "In Japan herrschte nach der Wahl eine große Unsicherheit." Denn dort tobe nach wie vor der Kalte Krieg. Neben einem aufstrebenden China sorge auch das Atomprogramm von Nordkorea in der Region für Unruhe. "Daran sieht man, dass Asien wirtschaftlich und sicherheitspolitisch sehr wichtig ist", so Blechinger-Talcott. Und Trump versuche dort nun den amerikanischen Einfluss zu stärken. "Das Problem ist aber, dass in der neuen US-Regierung niemand etwas über Asien weiß, da die bisherigen Berater wegen kritischen Äußerungen gegenüber Trump entfernt wurden." Die Amerikanerin Greta Olson sagte, dass sie Trumps Wahlsieg mit "Ekel und Abneigung" erlebt habe. "Er ist nicht mein Präsident." Erschreckend seien vor allem seine Hasstiraden gegenüber Minderheiten. "Er bekämpft Insignien, die zur DNA der USA gehören." Aber es gebe eben auch eine große Gegenbewegung, die alles tue, um Trumps Dekrete wie etwa das Einreiseverbot abzuwenden. Auch Dorothée de Nève spürt in den USA "bemerkenswerte Formen der Wehrhaftigkeit". Das sei auch hierzulande wichtig, damit es zu keiner Spaltung in der Gesellschaft komme. "Wir brauchen Bürger, die eine demokratische Grundhaltung haben, denn schließlich geht es hier um Anstand." Zumal auch in Europa viele Menschen leben, die Trumps Äußerungen unterstützen, wie Claus Leggewie betonte. Und er fügte hinzu: "Nicht alle waren nach der Wahl schockiert." Gerade deshalb müsse man sich umso mehr für die Demokratie einsetzen.
Zur neuen außenpolitischen Ausrichtung der USA meinte Helmut Breitmeier, dass alle Probleme geblieben seien und nach wie vor keine Konzepte zu deren Lösung vorlägen. Nach Überzeugung des Politikwissenschaftlers fehle es Donald Trump schlicht an einer Strategie für die außenpolitischen Herausforderungen. "Und deshalb sind die USA eine Weltmacht im Abstieg."