"Gefangenes Wort" in Gießen beschäftigt sich mit US-Journalist Mumia Abu-Jamal
Seit 37 Jahren versucht der US-Journalist und Bürgerrechtler Mumia Abu-Jamal vergeblich, dass sein Fall neu aufgerollt. Im Jahr 1982 soll er einen Polizisten ermordet haben. Seinem Schicksal widmet sich die aktuelle Kolumne von "Gefangenes Wort".
Von red
Der US-Journalist und Bürgerrechtler Mumia Abu-Jamal bestreitet den Mord an einem Polizisten. Foto: dpa
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GIESSEN - Über "Online Journalismus" im "Spannungsfeld von Pressefreiheit und Zensur" diskutierten Studierende der "Fachjournalistik Geschichte" der Justus-Liebig-Universität (JLU) in einem Blockseminar unter der Leitung von Michael Weise, Mitbegründer des Vereins "Gefangenes Wort", und Christoph Asche, stellvertretender Chefredakteur von "Business Insider Deutschland". Das Erlernte konnten die 18 Bachelor- und Masterstudierenden auch in Schreibübungen umsetzen. Drei der so entstandenen Arbeiten werden im Rahmen der monatlichen Kolumne von "Gefangenes Wort" im Gießener Anzeiger veröffentlicht. Im abschließenden Beitrag berichtet Simon Mones über Mumia Abu-Jamal.
Weltweit geraten Journalisten immer wieder in Haft. Zumeist passiert dies in Ländern, in denen Diktatoren an der Macht sind und kritische Journalisten verfolgt werden. Es gibt jedoch auch andere Fälle, wie den des US-Journalisten und Bürgerrechtlers Mumia Abu-Jamal. Der 64-Jährige wurde 1982 in einem aufsehenerregenden Prozess wegen des Mordes an dem Polizisten Daniel Faulkner zum Tode verurteilt. Doch bis heute bestreitet Abu-Jamal den Mord, obwohl seine Waffe am Tatort gefunden wurde. In den vergangenen 37 Jahren hat der Journalist mit immer neuen Beweisen versucht, seinen Fall neu aufzurollen - vergeblich.
Todesurteil aufgehoben
Einen Teilerfolg erreichten Abu-Jamal und seine Unterstützer dennoch. Am 7. Dezember 2011 wurde sein Todesurteil aufgehoben und in lebenslange Haft ohne Bewährung abgemildert, nachdem mehrere Berufungsgerichte zu dem Schluss gekommen waren, dass sein erstes Verfahren fehlerhaft gewesen sei und nicht den von der Verfassung der Vereinigten Staaten garantierten Rechtsstandards entsprochen habe. Doch schon vorher tauchten erste Zweifel an den Aussagen der Hauptbelastungszeugen der Staatsanwaltschaft auf. So berichtet eine spätere Zellengenossin von Cynthia White, dass diese ihre Aussage nur aus Angst vor der Polizei erfunden habe. Auch der zweite Hauptzeuge, Robert Chobert, relativierte seine Aussage zu einem späteren Zeitpunkt gegenüber einem Privatdetektiv. Die Anwälte von Abu-Jamal haben es jedoch nie geschafft, ein neues und faires Verfahren für ihn zu erreichen. Auch die Schriftstellerorganisation "PEN International" engagierte sich im Fall Abu-Jamals und veröffentlichte am 29. September 2014 eine Resolution. Zu diesem Zeitpunkt waren seine Aussichten auf einen neuen Prozess sehr gering, da alle Chancen auf Revision ausgereizt warenKurz vor dem Jahreswechsel 2018/19 kam dann die überraschende Nachricht aus Philadelphia. Ende 2017 hatte Abu-Jamal erneut einen Berufungsantrag gestellt, zu dem es im Januar und März jeweils Anhörungstermine gab, um dem neuen Bezirksstaatsanwalt Larry Krasner die Chance zu geben, alle Akten offenzulegen. Am 27. Dezember 2018 sprach Revisionsrichter Leon Tucker Abu-Jamal das Recht zu, sein Revisionsrecht zu wiederholen. Jedoch räumte Tucker der Staatsanwaltschaft eine 30-tägige Revision ein. Dies sollte nicht die einzige positive Nachricht für den inhaftierten Autor bleiben. Nur wenige Tage später fanden Krasner und seine Mitarbeiter in einem abgelegenen Lagerraum, in dem sie nach Möbelstücken suchten, sechs Kisten mit Akten, die mit dem Fall des Aktivisten Mumia Abu-Jamal zu tun hatten. Als Folge dieses Fundes nutzte die Staatsanwaltschaft die von Tucker gewährte Frist aus und beschloss letztlich, die Entscheidung Tuckers anzufechten. In einer Mitteilung hieß es, man respektiere "das Gericht und seine Unabhängigkeit als eigenständiges staatliches Organ" und stimme der Entscheidung Tuckers in einigen Punkten zu, in anderen jedoch nicht. So habe Tuckers Entscheidung "über den Fall von Mumia Abu-Jamal hinaus weitreichende und aus unserer Sicht problematische Folgen für eine große Anzahl von Fällen", wie die Zeitung "Junge Welt" die Staatsanwaltschaft zitiert.
Während die Entscheidung beim rechten Polizeiberufsverband "Fratneral Order of Police" gut ankam, wurde Krasner von einer Veranstaltung der "Yale Law School", bei der er reden sollte, wieder ausgeladen. Mitte April gab Krasner überraschend seine ablehnende Haltung auf und blockierte das Berufungsbegehren Abu-Jamals nicht weiter. Dessen Prozessanwältin Judith Ritter ist nun hoffnungsvoll, "dass unsere Beanstandungen des unfairen Verfahrens nun von einem fairen Gericht gehört werden." Foto: dpa