Gießen: Bürgerinitiative "Pulse of Europe" setzt Zeichen für den EU-Gedanken und gegen Rechtspopulismus
"Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium" tönte es gestern aus fast 200 Kehlen auf dem Berliner Platz. Die Bürgerinitiative "Pulse of Europe" (Puls Europas) ist nun auch in Gießen angekommen und gab zum Abschluss der Kundgebung die Europahymne zum Besten
Von Eva Pfeiffer
Ausgerüstet mit EU-Flaggen bezogen die Teilnehmer der Kundgebung Stellung. Foto: Pfeiffer
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GIESSEN - "Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium" tönte es gestern aus fast 200 Kehlen auf dem Berliner Platz. Die Bürgerinitiative "Pulse of Europe" (Puls Europas) ist nun auch in Gießen angekommen und gab zum Abschluss der Kundgebung die Europahymne zum Besten. "Wir wollen heute ein Zeichen nach außen senden", rief Juso-Sprecher Florian Stenzel den Teilnehmern zu. Ein Zeichen gegen das Erstarken der Rechtspopulisten, gegen Geert Wilders, Marine Le Pen und Frauke Petry. "Wir wollen keine Spalter an der Regierung haben", so Stenzel.
Wöchentlich treffen sich immer mehr Menschen in verschiedenen deutschen Städten, um gemeinsam ihre Unterstützung für den europäischen Gedanken zu zeigen. Organisiert wurde der Gießener Ableger von "Pulse of Europe" durch die Jusos, den AstA der Justus-Liebig-Universität (JLU) und die PARTEI. Die Bürgerinitiative sei jedoch nicht an Parteien gebunden, betont Stenzel im Gespräch mit dem Anzeiger: "Wir wollen hier keinen Wahlkampf machen. Jeder der mitmachen möchte, ist herzlich willkommen."
Und so durfte im Anschluss auch jeder, der wollte, selbst das Wort ergreifen. "Wir müssen zeigen, dass wir keine Grenzen brauchen. Damit wir weiterhin reisen und unsere Kinder andere Länder kennenlernen können", sagte Silvia Rudnicki und erntete dafür viel Applaus. Eine andere Frau forderte "weniger Hass, sondern mehr Liebe" und äußerte ihre Befürchtungen, dass ihr multikultureller Freundeskreis auseinandergerissen werden könnte, wenn der Rechtspopulismus in Europa weiter erstarke. Und eine junge Schottin, die in Gießen wohnt und arbeitet, bekannte: "Ich fühle mich als Europäerin und ich möchte nicht, dass so etwas wie der Brexit auch in anderen Ländern passiert".
Timo Otten, der sich während der Veranstaltung in die Flagge der EU gehüllt hatte, lobte den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt, den die EU gebracht habe. Außerdem habe die Europäische Union es möglich gemacht, dass er auch in anderen Ländern studieren dürfe.
Stadtverordneter und JLU-Student Felix Döring beklagte den Hass, der sich in den Sozialen Netzwerken entlade. Trotz der Problematik rechter Hasskommentare sei die Mehrheit der Deutschen "ganz anders eingestellt" - das beweise auch der große Zuspruch für die Kundgebung. Doch wer von der EU profitiere, der schreibe keine Hasskommentare und sei meist weniger sichtbar, so Stenzel. "Die, die am lautesten schreien, kriegen die meiste Aufmerksamkeit", klagte er - und das seien nicht selten die Rechtspopulisten der AfD. Mit "Pulse of Europe" wolle man daher "alle Leute, die sich für Europa aussprechen, zusammenbringen und den Spaltern nicht das Spielfeld überlassen".
Die gestrige Kundgebung soll daher nicht die letzte gewesen sein. Mindestens bis zur Präsidentschaftswahl in Frankreich wollen sich die EU-Sympathisanten treffen. Doch dass auch in Gießen die Europaskeptiker um die AfD ihre Anhänger finden, bewies eine Episode am Rande der Veranstaltung, als eine ältere Dame fragte, "wofür oder wogegen denn hier demonstriert" werde. Der Hinweis, dass sich die Pro-EU-Veranstaltung auch gegen die AfD richte, stieß auf wenig Gegenliebe: Kopfschüttelnd zog die Seniorin weiter.