Initiative "Seebrücke" veranstaltet Mahnwache in Gießen
Sie wollen auf die katastrophale Situation von Flüchtlingen aufmerksam machen: Die "Seebrücke" hat unter dem Motto "Lichter der Hoffnung für Geflüchtete" eine Mahnwache organisiert.
Von Felix Pflüger
Die Initiative "Seebrücke" lud unter dem Titel "Lichter der Hoffnung für Geflüchtete" zu einer Mahnwache am Gießener Kugelbrunnen. Foto: Felix Pflüger
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GIESSEN - Wo am Kugelbrunnen in der Vorweihnachtszeit normalerweise hell erleuchtete Buden und Verkaufsstände zum Verweilen einladen, leuchteten am Samstagnachmittag zahlreiche Kerzen und mitgebrachte Lichter. Der Grund dafür war allerdings weniger erfreulich: Die Initiative "Seebrücke" lud unter dem Titel "Lichter der Hoffnung für Geflüchtete" zu einer Mahnwache, um auf die katastrophale humanitäre Situation von Flüchtlingen aufmerksam zu machen, die sich auf dem Weg nach Europa befinden.
"Im vergangenen Jahr sind bei der Überquerung des Atlantiks und des Mittelmeers offiziell 1290 Menschen ums Leben gekommen - die Dunkelziffer wird aber um ein vielfaches höher sein", erklärte Anja Holler. Die Menschen, die die Überfahrt überlebten, würden oft menschenunwürdig behandelt und ihrer grundlegenden Rechte beraubt. "Deshalb gehen wir jeden Samstag immer weiter auf die Straße, um zu zeigen: Abschottung ist keine Lösung", so die 59-Jährige aus Großen-Linden. "Hier und heute hoffnungsvoll zu sein ist in Anbetracht der aktuellen Lage für mich sehr schwierig", stellte Renate Weber klar. Die 73-jährige Aktivistin der "Omas gegen Rechts" erläuterte die komplizierte rechtliche Lage der Geflüchteten, die ihr Land verlassen: "Sie kommen raus, aber nirgends rein. Und wer nicht in die Grenzen der EU rein kommt, kann auch kein Asyl beantragen". Zynisch merkte sie an, dass sie bei der europäischen Flüchtlingspolitik immer mehr den Eindruck bekomme, das Motto laute: "Nur ein Flüchtling, der nicht ankommt, oder aber ein toter Flüchtling, ist ein guter Flüchtling".
Livebericht einer Seenotrettung
Einen Livebericht einer Rettung von solch über das Meer ankommenden Menschen schilderte Vera Bonica, die im Sommer einige Tage auf dem Rettungsschiff "Alan Kurdi" verbrachte. "Alle 40 Menschen die wir von einem Schlauchboot gerettet haben, trugen vernarbte oder offene Schussverletzungen, selbst die Kinder. Ohne Benzin, Kompass und Lebensmittel an Bord wären diese Menschen, hauptsächlich Kinder und Frauen, gestorben - wenn wir sie nicht gerettet hätten!", so die 69-jährige Gießenerin. Dabei seien die einzigen Retter in den libyschen Gewässern freiwillige Hilfsorganisationen. "Europa kümmert sich nicht mehr um Ertrinkende vor seinen Grenzen", so Bonicas Fazit.
Wie wenig dies der Fall sei, berichtete auch Norbert Sutor, der die Zusammenarbeit der Gießener Gruppe mit den anderen Seebrücke-Städten des Landes koordiniert. "Die europäische Grenzschutzagentur Frontex hat nachweislich sogenannte 'Pushbacks' vollzogen - also die Rücksendung von Geflüchteten in ihr unsicheres Herkunftsland", so der Gießener. Deshalb müsse der Chef der Agentur, Fabrice Leggeri, zurücktreten. "Dafür und für einige andere Aktionen und Petitionen haben wir gerade Links auf unserer Facebook-Seite - schauen Sie mal vorbei", schloss der 49-jährige Aktivist.