Kritik des Monats: Der Juli hat die Eitelkeit mit Löffeln gefressen
Der Juli ist der Zwillingsdings vom Juni und hat die Eitelkeit mit dem Löffel gefressen, könnte aber auch Heuert heißen - eine Kritik des Monats, natürlich wieder hemmungslos emotional und parteiisch.
Was haben der Wolf und die sieben Geißlein - hier zu sehen an einer alten Mauer in der Marburger Oberstadt - eigentlich mit dem Juli zu tun? Symbolfoto: dpa
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
Giessen. Es gibt unter den Monaten diese Brüderpaare oder Schwesternpaare oder Geschwister oder auf alle Fälle irgendwas, was da irgendwie zusammengehört. Januar/Februar, September/Oktober, November/Dezember. Und dann natürlich - als Knaller: Juni/Juli.
Die beiden sind so dicke miteinander. Wie Dick und Doof, wie Pat und Pattachon, wie Tim und Struppi. Juni und Juli kann man sich als Zwillingspärchen vorstellen, aber eher so selbstgewisse, selbstverliebte Dösbaddel, die sich immer gleich anziehen und dann gemeinsam vor dem großen Jahresspiegel drehen. Da fliegen die Röcke von Juni und Juli. Und sie klatschen sich die Juni-Juli-Hände ab. Wer soll gegen die beiden anstinken? Sie sind warm, manchmal heiß, sie sind nicht so verwöhnte Einzelkinder wie März, April, Mai und der dumme August. Aber sie haben viel eingängigere Namen als die anderen Monats-Pärchen. November/Dezember? Was soll das denn sein? Hallo Juli, sagt der Juni, wenn er langsam fertig ist: Da bist du ja schon wieder. Und hast nur einen Buchstaben anders als ich. Wie geil ist das denn?
Yes, was sind wir beide schön, sagt der Juli, wenn er am Ende vom Juni anfängt. Und dann lachen sie ganz irre. Alle Menschen werden Brüder und alle Monate wollen Juni und Juli sein. Und Juli ganz besonders, denn irgendwie hat er doch mit dem ganzen Kram immer zu tun. Denn der julianische Kalender war der Vorläufer des gregorianischen Kalenders, den wir heute noch haben - und Julius Cäsar hat ja damals gesagt: "Hey, Römer, wir machen alles anders mit dem ganzen Kalenderkram." Aber der Juli blieb übrig. Juli von Julius von julianisch. Der Juli ist doch der "Grandfather of the months", was schon wieder so viel "ths" hintereinander ergibt, dass man sich richtig voll- sabbert beim Sprechen.
Aber Juli, das klingt doch einfach fein. Man kann es hauchen und verzärteln, in die Länge ziehen und auf dem Ju betonen, bis das li ganz neidisch wird. Oder das li hervorheben, auf dass das ju die Krise kriegt. Schließlich ist der Juli auch noch der siebte Monat im Jahr, was naturgemäß schon wieder sämtliche Mystiker hinterm Monats-Ofen hervorlockt. Die Zahl sieben wird oft als Glückszahl angesehen, gut, außer in Asien, da ist es die Unglückszahl. Aber ansonsten finden die Sieben alle klasse: Die sieben Zwerge hinter den sieben Bergen, die sieben Weltwunder, die sieben Tage einer Woche und die Erschaffung der Welt in sieben Tagen. Immer ist die Sieben der Knaller. Der Wolf und die sieben Geißlein, Ali Baba und die sieben Räuber. Oder waren das acht? Auf alle Fälle zeigt auch das wieder, dass der Juli eine große Nummer ist. Und damit man ihn nicht mit dem Juni verwechselt, nennt man ihn auch manchmal Julei. Das hört sich zwar blöd an, aber nicht ganz so schlimm, wie der altdeutsch Juli-Name Heuet oder Heuert, das kommt vom Heumonat, weil im Juli halt auch ordentlich Gras angeheuert wird, um es zu trocknen. Und jetzt noch was für die Fachleute, direkt zitiert aus Wikipedia: "Im römischen Kalender, dessen Jahr mit dem März begann, war der Iulius ursprünglich der fünfte Monat und hatte vor seiner Umbenennung im Jahre 44 v. Chr. den Namen Quintilis - zu lat. quintus "der fünfte". Im Jahr 153 v. Chr. wurde der Jahresbeginn allerdings um zwei Monate vorverlegt, sodass die Beziehung zwischen Namen und Zählung entfiel. Bei der Übertragung früher verwendeter lateinischer Datumsangaben ("7ber") wird dies manchmal übersehen."
Und was sagt uns das? Dass alles nicht so heiß gegessen wie gekocht wird. Denn wenn der siebte Monat eigentlich der fünfte war und das Jahr ursprünglich im März begann, dann ist das alles hier doch sowieso reiner Zufall und im Grunde für die Füße. Also, lieber Juli, du bist schön und warm. Und dein Zwillingsdings Juni auch. Aber du könntest genauso gut Heuert heißen - von bescheuert. Und dann? Was wäre dann? Dann wärst du so klein mit Hut. Und dein Rock würde nicht fliegen, du Zwillingsdings, du.
*
An dieser Stelle unterzieht die Redaktion den jeweiligen Monat einer Kritik, natürlich hemmungslos emotional und parteiisch.